Hamburg. Sanierung des Weltkulturerbes wird drastisch teurer und verzögert sich. So will Hamburg die historischen Stätten schützen.
Die Kaimauern in der Speicherstadt schützen das Hamburger Weltkulturerbe und damit nicht weniger als eine der wichtigsten historischen Stätten der Stadt, einen international bekannten Touristenmagneten im Norden. Doch die Anlagen rund um die alten Speicher sind marode.
Eine Sanierung ist dringend nötig und wird bereits länger geplant. Schon vor zwei Jahren hatte sich angedeutet, dass die Erneuerung der Anlagen wesentlich teurer werden würde als ursprünglich angenommen.
Speicherstadt Hamburg: Neue Summe für Baumaßnahmen bekannt
Nun steht eine neue, konkrete Summe im Raum: Mit fast einer halben Milliarde Euro dürfte die Sanierung der denkmalgeschützten Kaimauern zu Buche schlagen. „Zum jetzigen Zeitpunkt gehen wir davon aus, dass die gesamte Maßnahme in der Speicherstadt 469 Millionen Euro kosten wird“, sagt Andreas Dressel auf Abendblatt-Anfrage. Der SPD-Politiker bestätigte damit einen Bericht des NDR, der zuvor den neu berechneten Aufwand gemeldet hatte.
Mit den neuen Zahlen deutet sich eine drastische Verteuerung an: Fast eine Verdoppelung der Summe, denn bei der Planung 2017 war die Stadt noch von 252 Millionen Euro ausgegangen.
Die Arbeiten haben schon vor einiger Zeit begonnen und sind bereits von höheren Materialkosten geprägt. So wurden am Zollkanal mittlerweile 400 Meter von insgesamt rund 1200 Meter der städtischen Kaimauern saniert. Am Kehrwiederplatz wurde wasserseitig eine neue Spundwand vorgesetzt.
Sanierung in der Speicherstadt: Für den Erhalt des Welterbes Speicherstadt „alternativlos“
Mit Beginn der Erneuerungen zeigt sich zudem ein höherer Aufwand als zuvor angenommen. „Die Sanierung der historischen Kaimauern stellt bautechnisch und wirtschaftlich eine große Herausforderung dar, welche für den Erhalt des Welterbes Speicherstadt aber alternativlos ist“, sagt Dressel.
Die ersten Meter seien geschafft, „zugleich haben wir daraus wertvolle Erkenntnisse gewinnen können“, ergänzt der Finanzsenator. „Jetzt können wir wesentlich genauer abschätzen, wie zeitlich aufwendig der Prozess insgesamt wird und was das für den Kostenrahmen heißt.“
Sanierung im Hamburger Weltkulturerbe durch Platzverhältnisse erschwert
Die Verdoppelung der Kosten hat weitere Gründe: So erschwerten die beengten Platzverhältnisse im Fleet den Einsatz großer Baugeräte, heißt es von der Finanzbehörde. Die historische Bausubstanz erforderte zudem ein noch behutsameres Vorgehen als erwartet. Darüber hinaus sei die Tragfähigkeit der alten Holzpfähle in den Anlagen teilweise so reduziert, dass kostenintensive zusätzliche Maßnahmen zum Einsatz kommen müssten.
Auch die geringe Durchfahrtshöhe unterhalb der Brücken sowie die schnelle Verschlickung der Fleete hätten Einfluss auf die Abläufe. „Hieraus resultierten erheblich längere Bauzeiten und damit auch deutlich höhere Kosten als zuvor angenommen“, fasst die Behörde ihre neuen Erkenntnisse zusammen.
Bei dem Projekt in der Speicherstadt, in der auch das Miniatur Wunderland jährlich Zehntausende Touristen anlockt, geht es um zwei Gebiete: zum einen um 2600 Meter Kaimauern in der „Inneren Speicherstadt“ rund um Wandrahms- und St.-Annenfleet. Außerdem um rund 1650 Meter Kaimauern am Südufer des Zollkanals, der das historische Gebiet Richtung City begrenzt.
Speicherstadt Hamburg: Kaimauern sind ab dem Jahr 1880 gebaut worden
Die Kaimauern an diesen Fleeten sind zwischen 1880 und 1920 entstanden. Die also durchweg älter als 100 Jahre alten Begrenzungen drohen, Richtung Wasser zu kippen. Ursache sind die bakterielle Zersetzung der Pfähle und eine frühere Vertiefung der Fleetsohle um einen Meter.
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Eine Rückverankerung der Kaimauern unterhalb der Speicher soll zudem für eine langfristige Standsicherheit, auch der Gebäude, für die nächsten 80 Jahre sorgen. Schließlich begrenzen die Kaimauern nicht nur die Fleete, sondern stellen auch die Verlängerung der Fassaden der Speichergebäude dar.
Speicherstadt Hamburg: Arbeiten verzögern sich um weitere Jahre
Zur Neu-Kalkulation der Kosten kommt eine starke Verzögerung der Arbeiten. War die Stadt ursprünglich davon ausgegangen, dass das Projekt bis 2027 beendet sein könnte, galt bereits 2022 ein neues Datum. „Vielleicht 2032 oder 2033“ werde man die Arbeiten abschließen, erklärte Ulrich Bormann vom Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) damals.
Zum neuesten, deutlich längeren Zeitplan heißt es nun, dass die gesamte Maßnahme in der Speicherstadt „Mitte der 2030er-Jahre abgeschlossen sein wird“, so Dressel.
Am Ende werden die Maßnahmen indes auch für die Passanten eine Neuerung in der Speicherstadt bringen: Neben den sanierten Kaimauern wird eine neue Promenade entlang des Zollkanals entstehen.