Hamburg. Kurator des Hamburger MK&G wurden Schätze für Millionen angeboten, die aus Raubgrabungen stammten. Bande nach zehn Jahren vor Gericht.
Manchmal mahlen die Mühlen der Hamburger Justiz langsam, wirklich sehr langsam. So ist es auch im Fall einer Bande von mutmaßlichen Kunsthehlern, deren Köpfe mittlerweile schon das reife Alter von 88 und 84 Jahren erreicht haben. Gemeinsam mit zwei Komplizen sollen die Senioren versucht haben, diverse antike Kunstschätze – darunter ein goldenes Trinkhorn – an Hamburger Museen zu verkaufen, die vermutlich aus Raubgrabungen stammten. Dafür muss sich die Truppe am kommenden Freitag nun vor dem Landgericht verantworten – fast zehn Jahre nach ihren mutmaßlichen Taten im Jahr 2014.
„Wir wollten diesen Fall schon 2017 zur Anklage bringen“, sagte Oberstaatsanwältin Liddy Oechtering dem Abendblatt auf Anfrage. „Doch seit dieser Zeit lag er unbearbeitet bei Gericht.“ Andere Fälle waren offenbar vorrangiger. Dabei hat die Räuberpistole um die betagten, mutmaßlichen Hehler durchaus einen Hauch von „Topkapi“ und „Ocean‘s Eleven“ zu bieten.
Polizei Hamburg: Rentnergang will goldenes Trinkhorn an Hamburger Museum verkaufen
Im Juni 2014 soll einer der vier Angeklagten laut Staatsanwaltschaft Kontakt zum damaligen Kurator des Museums für Kunst und Gewerbe (MK&G) in der Hamburger City aufgenommen haben. Im Angebot hatte er unter anderem ein goldenes Trinkhorn aus dem Kulturkreis der Thraker (3. bis 4. Jahrhundert vor Christus), einen thrakischen Becher sowie goldene Gürtelteile der Sassaniden. Die angeblich skythischen Kunstgegenstände, so behauptete der Mann, seien erst 2014 in einem Schwarzmeerstaat gefunden worden.
Für den goldenen Trinkbecher verlangten die Angeklagten eine Million Euro in bar, für das Trinkhorn gar 1,5 Millionen. Bei einem Treffen einige Wochen später soll dann auch noch eine 615 Kilogramm schwere, neuhethitische Stele im Wert von mindestens einer Million Schweizer Franken als mögliches Ausstellungsstück hinzugekommen sein.
Antiker Bronzetorso für 75.000 Euro
Doch spätestens hier wurde der Kurator des Museums hellhörig. Denn die Stele stammte laut Staatsanwaltschaft aus Raubgrabungen in Gaziantep (Türkei) und wurde von einem der Hauptangeklagten bereits seit 1997 in einem Zollfreilager in der Schweiz aufbewahrt. Das Kalkül der Angeklagten: Durch die Ausstellung in Museen sollte wohl ein späterer Verkauf über internationale Auktionshäuser ermöglicht werden.
Schließlich sollen die beiden Hauptangeklagten dem Kurator per E-Mail auch noch einen antiken Bronzetorso aus der Römerzeit zum Kauf angeboten haben – für vergleichsweise bescheidene 75.000 Euro. Dabei behaupteten sie, dieser stamme aus Ausgrabungen bei Xanten, obwohl er höchstwahrscheinlich aus Raubgrabungen in Burdur herrührte.
Polizei Hamburg: Kurator des MK&G schaltete Ermittler ein
Der Kurator des MK&G hatte aber längst genug, er ging zum Schein auf das Angebot ein und informierte die Polizei. Die Beamten durchsuchten mehrere Häuser und fanden das Trinkhorn, den Trinkbecher und die Gürtelteile.
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Vor Gericht müssen sich die vier Angeklagten nun wegen versuchter gewerbsmäßiger Bandenhehlerei und versuchten Betrugs beziehungsweise wegen Beihilfe dazu verantworten. Bandenhehlerei wird grundsätzlich mit einer Freiheitsstrafe zwischen einem und zehn Jahren geahndet, allerdings sind die Urteile beim Versuch deutlich milder.