Hamburg. Großangelegte Demo am Freitagabend vor der AfD-Zentrale in der Innenstadt. Unter den Protestierenden war auch bekanntes Gesicht.
Vor der AfD-Zentrale in der Hamburger Innenstadt haben am Donnerstagabend etwa 80 Teilnehmer einer Demonstration protestiert. Wie die Polizei Hamburg auf Anfrage mitteilte, hatten Jusos und Grüne die Demo angemeldet, die um etwa 19.30 Uhr begann. Auch an diesem Freitagabend war eine weitere Demonstration gegen die AfD in Hamburg vor der Zentrale geplant. Beginn war um 18.30 Uhr am Platz neben der St. Petri Kirche (Speersort/Bergstraße).
Nach Polizeiangaben sollen rund 2000 Menschen dem Aufruf gefolgt sein. Die Demonstration soll „sehr friedlich“ verlaufen sein, wie ein Polizeisprecher anschließend bekannt gab. Laut Abendblatt-Informationen war auch Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit vor Ort. Bei der Veranstaltung wurde angekündigt, dies sei erst der Anfang. Für die kommenden Wochen seien weitere Demonstrationen geplant.
Parallel wurde vor dem Hamburger Rathaus gegen die deutsche Asyl-Politik und den Besuch von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) protestiert. Hintergrund der aktuellen Proteste ist ein Bericht von correctiv. Die Journalisten hatten ein geheimes Treffen enthüllt, bei dem Neonazis, Unternehmer und hochrangige AfD-Politiker zusammen über einen Masterplan zur Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund gesprochen haben sollen.
Demo vor AfD Zentrale Hamburg: Protest nach Enthüllung um geheimes Nazi-Treffen
Am Mittwoch hatte das Recherchenetzwerk Correctiv den umfangreichen Bericht über das Treffen in einem Hotel in Potsdam im November veröffentlicht, der seither hohe Wellen schlägt. Zu den Teilnehmern zählten demnach mehrere hochrangige Politiker der AfD wie Roland Hartwig, Berater von Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel, sowie der Potsdamer AfD-Kreisvorsitzende Tim Krause sowie einzelne Mitglieder der CDU und der erzkonservativen Werteunion. Als Redner trat unter anderem Martin Sellner auf.
Er war lange Kopf der rechtsextremistischen Identitären Bewegung in Österreich und sprach nach eigenen Angaben darüber, wie erreicht werden könne, dass mehr Ausländer und sogar Menschen mit deutschem Pass Deutschland verlassen, und wie Menschen mit Einwanderungsgeschichte zur Assimilation gedrängt werden könnten.
AfD in Hamburg: „Teilnahme ohne Sinn und Verstand“
Während die CDU ein Ausschlussverfahren gegen das betroffene Mitglied eingeleitet hat, reagierte der AfD-Bundesverband bisher nicht auf den Vorfall. Die AfD in Hamburg dagegen distanziert sich. „An einer Veranstaltung teilzunehmen, an der ein Martin Sellner teilnimmt, das ist ohne Sinn und Verstand“, sagte der Hamburger AfD-Landeschef Dirk Nockemann am Freitag. „Seine Vorstellungen des ethnischen Volksbegriffs sind indiskutabel“, sagte Nockemann laut Medienberichten.
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Andere sehen das geheime Treffen und die nun enthüllten Inhalte wiederum als deutlichen Anlass, auf die Straße zu gehen. „Jetzt müssen die Alarmglocken läuten“, sagt beispielsweise der evangelische Theologe Wilfried Manneke, Vorsitzender der Initiative „Kirche für Demokratie - gegen Rechtsextremismus“ in Niedersachsen. „Alle, denen die Demokratie etwas wert ist, müssen das Wort ergreifen, unter Umständen sogar Demonstrationen organisieren und auf die Straße gehen“, forderte der Träger des Paul-Spiegel-Preises für Zivilcourage. Die AfD zeige zunehmend ihr wahres Gesicht und werde der rechtsextremen NPD immer ähnlicher.