Hamburg. Till Lagemann hat für zweites Rå-Bowls-Restaurant eine Fläche in der City angemietet. Hinter ihm liegt ein kurioser Karriereweg.

Till Lagemann lernt in diesen Tagen mal wieder die Tücken der Bürokratie kennen. Der Gründer von Rå Bowls hat in der Großen Johannisstraße die ehemalige Filiale der Deniz Bank angemietet. Arbeiten kann der 28 Jahre alte Junggastronom in dem Restaurant in der Hamburger City aber noch nicht.

„Es muss ein Nutzungsänderungsantrag bewilligt werden“, sagt Lagemann. „Und die Mühlen der Bürokratie mahlen eben langsam. Vorher dürfen wir dort nicht umbauen. Ich hoffe, dass wir aber im ersten Quartal 2024 eröffnen können.“

Restaurant Hamburg: Neuer Rå-Bowls-Laden in der City – Eröffnung Anfang 2024

Bereits bei der ersten Filiale in der ABC-Straße – einem ehemaligen Friseursalon – waren bei Lagemann starke Nerven, viel Geduld und Beharrlichkeit gefragt. „Ich habe Geduld gelernt. Damals habe ich gefühlt jeden Tag beim Amt angerufen, weil es mir einfach alles nicht schnell genug ging“, sagt er.

In Deutschland brauche man nun mal für alles eine Genehmigung, für alles gebe es ein Formular. „Am Ende dauerte es rund drei Monate, bis wir den Antrag bewilligt bekommen haben. Der Telefonterror hatte damals offenbar keine Wirkung. Aber man lernt ja dazu“, scherzt der Rå-Bowls-Macher.

Gelernt hat der gebürtige Hamburger in den vergangenen Jahren so einiges. 2018 ging Lagemann für sein BWL-Studium in die Niederlande. Als er und sein damaliger Geschäftspartner geerbt hatten, kam beim gemeinsamen Kochen die Idee auf, in Groningen ein kleines Bowl-Restaurant zu eröffnen.

Restaurant Hamburg – Rå-Bowls-Macher: „Wollte immer selbstständig sein“

„Gerade während unserer Klausurphasen haben wir uns gefragt, warum es kein gesundes Fast Food gibt“, sagt Lagemann. „Es gab immer nur Döner, Fertiggerichte aus dem Supermarkt oder Brötchen. Irgendwann ist die Idee entstanden, und wir haben losgelegt. Ich war damals 21 Jahre alt und wusste nichts über die Gastronomie. Aber ich wollte immer selbstständig sein. Daher das BWL-Studium.“

Eine bezahlbare Ladenfläche in der Innenstadt von Groningen wurde schnell gefunden, einen klassischen Businessplan hatten die Gastro-Neulinge zu Beginn nicht. Sie haben einfach angepackt. „Wir waren jung, unsere Bude hat 300 Euro pro Monat gekostet. Was hatten wir also zu verlieren? Aber es herrschte ein großes Chaos. Wir haben Tag und Nacht geschuftet, hatten wenig Cash und sind fast pleitegegangen. Wir waren unfassbar naiv“, so Lagemann heute.

Bei Rå Bowls setzen die Chefs auf 100 Prozent pflanzliche Produkte.
Bei Rå Bowls setzen die Chefs auf 100 Prozent pflanzliche Produkte. © Funke Foto Services | Thorsten Ahlf

Junggastronom bezahlte Gemüse anfangs mit Pfandbons

Doch Not macht ja bekanntlich erfinderisch. „Wir haben unser Gemüse mit Pfandbons bezahlt, um Ware für neue Gerichte zu bekommen und um so wieder Einnahmen zu generieren“, sagt der Hamburger und macht kein Geheimnis daraus, dass er es auch mal bereut hat, den Schritt ins Ungewisse gewagt zu haben.

„Wenn man schnell viel Geld verdienen will, sollte man kein Restaurant eröffnen“, sagt er. „Aber es ist meine Leidenschaft geworden. So denke ich heute noch. Mir ist es wichtiger, dass mein Herz drinsteckt, als ein paar Euro mehr schnell zu verdienen.“

Hamburg ist für Rå-Bowls-Chef die gesündeste Stadt Deutschlands

Mit Ende des Studiums war dann auch das Ende der Gastro-Erfahrung in den Niederlanden besiegelt. Der Laden wurde verkauft, das Duo kehrte nach Deutschland zurück. Nachdem die Haspa grünes Licht für einen Kredit gegeben hatte, entstand nach und nach die Filiale unweit des Gänsemarktes, die während der Corona-Pandemie im Mai 2021 eröffnet wurde.

„Die Innenstadt war wegen des Lockdowns wie ausgestorben – aber es war richtig, es durchzuziehen. Hamburg ist in Sachen gesunde Ernährung ein Vorreiter und in meinen Augen die gesündeste Stadt Deutschlands. Das Essensverhalten ist kein Vergleich zu dem in den Niederlanden“, so Lagemann.

Um noch sichtbarer zu werden, wurden die Bowls zwischenzeitlich auch im Edeka-Laden in der HafenCity verkauft. „Mein Geschäftspartner fand die Idee mit dem Supermarkt gut, ich hingegen so gar nicht. Die Gewinnmargen waren gering. Und mein Herz hing da überhaupt nicht dran.“

Restaurant Hamburg: Rå Bowls in der City setzt auf Qualität statt Quantität

Mit seinem Geschäftspartner kam es in der Folge immer mehr zu Streitigkeiten – und zur Trennung. Till Lagemann ist seit Juni 2022 alleiniger Chef von Rå Bowls. „Es läuft mega, die Entscheidungswege sind viel kürzer. Ich habe ein tolles Team, in dem Menschen sind, die sich vorstellen können, künftig weitere Filialen zu eröffnen und zu betreiben“, sagt der 28-Jährige. „Ich freue mich aber jetzt erst mal auf die neue Filiale am Rathaus. Sie ist nicht ganz billig, aber in einer absoluten Toplage.“

Eine Lage mit viel Konkurrenz. Wie hebt man sich bei all den gesunden Essensangeboten in der City ab? Die Karte ist überschaubar. Statt auf viele Gerichte spezialisiert sich Rå Bowls auf wenige und setzt auf Qualität statt auf Quantität.

„Unsere Gemüsehändler kommen aus Hamburg und dem Umland“, sagt Lagemann. „Wir haben die Eier gehabt, komplett auf pflanzliche Produkte zu setzen. Unsere Kunden merken manchmal gar nicht, dass es vegan ist, weil unser Fleischersatz so gut ist. In vielen Ketten wird man nicht mal gegrüßt – uns ist eine Bindung zum Kunden wichtig.“

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Zufriedene Kunden kämen schließlich wieder, so der Hamburger, der in der Anfangszeit in der ABC-Straße von Büro zu Büro, von Anwaltskanzlei zu Anwaltskanzlei getingelt ist, um Werbung zu machen. „Die Resonanz war super. Unsere Kunden sind Leute aus den Büros der Innenstadt mit guten Jobs. So entstanden sofort gute Verbindungen.“

Wenn der zweite Standort in der Hamburger Innenstadt gut läuft, hat Lagemann bereits die nächste Stadt im Visier, in der Rå Bowls erhältlich sein sollen. „Berlin ist auf jeden Fall ein Thema. Dort ist es vielfältiger und internationaler als in Hamburg“, sagt Lagemann. Wohl wissend, dass auch in der Hauptstadt die Bürokratie sicher keine Geschwindigkeitsrekorde aufstellen wird.