Hamburg. Die Gebühren der GEMA für Musik steigen drastisch. Worauf sich die Hamburger bei der Beschallung nun einstellen müssen.
Die Weihnachtsmärkte in Hamburg sind gestartet, einzelne weiße Flocken fallen vom Himmel und sorgen für Winterstimmung. Allerdings müssen sich die Hamburger darauf einstellen, dass sie ihren Glühwein möglicherweise bald ohne beliebte Musik-Klassiker trinken müssen. Songs wie „Last Christmas“ kosten GEMA-Gebühren. Und diese Lizenzkosten drohen in diesem Jahr um ein Vielfaches zu steigen.
Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) kommt immer dann ins Spiel, wenn Veranstalter Musik öffentlich aufführen, wiedergeben oder vervielfältigen – denn dafür ist ein bestimmter Betrag zu zahlen. Robert Kirchhecker, Präsident des Schaustellerverbandes Hamburg von 1884, rechnet vor: „Haben wir bisher 5500 Euro dafür bezahlt, dass unsere Gäste Musik hören können, drohen jetzt 27.000 Euro“.
Weihnachtsmarkt Hamburg: GEMA berechnet Gebühren neuerdings anders
Der 47-Jährige betreibt mehrere der Hamburger Weihnachtsmärkte: den Markt an der Spitalerstraße, den Markt auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz sowie den Michel-Stand am Jungfernstieg. Das Problem: Die GEMA berechnet die Gebühren seit einiger Zeit nicht mehr nur für die tatsächlich beschallte Fläche, sondern für das gesamte Areal, auf dem der Weihnachtsmarkt stattfindet.
In der Vergangenheit waren manche Quadratmeterangaben als Grundlage für die Gebühren dadurch aus heutiger Sicht falsch. Die bisher großzügige Auslegung hat laut GEMA neuerdings bundesweit ein Ende, obgleich das zugrunde liegende Urteil schon vor gut zehn Jahren gefallen ist. Das Urteil des Bundesgerichtshofs (I ZR 175/10), das die Berechnungsgrundlage für den Tarif definiert, sei erst nach der Corona-Pandemie umfassend angewandt worden.
Weihnachtsmarkt Hamburg: Musik an Ständen – Aus droht schon 2023
Für Kirchhecker bleibt, falls die GEMA ihre Forderungen nach den neuen Regeln auch in Hamburg durchsetzt, nur eine Option: „Uns droht das Ausweichen auf GEMA-freie Musik – oder wir bieten gar keine Beschallung.“
Wenn Kontrolleure der Gesellschaft in Hamburg auf dem diesjährigen Weihnachtsmarkt die Lizenzkosten nach den neuen Regeln berechneten, drohe das Aus für die bekannten Songs sogar schon während der aktuellen Adventszeit.
Weihnachtsmarkt in der Hamburger City: Auch Livemusik steht auf der Kippe
Bisher bot der Weihnachtsmarkt auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz an vielen Abenden Livemusik. Auch diese Auftritte von Sängerinnen und Sängern auf der Bühne vor Karstadt stehen mit den neuen Regelungen auf der Kippe, warnte Kirchhecker. Ohne Lizenzgebühren könnten nur Songs unbekannter Künstler gespielt werden.
„Die Mehrausgaben für die Musik können wir ja schlecht auf die Kunden umlegen“, sagt der Hamburger über die drohenden höheren Gebühren. Ohnehin seien viele Kosten bereits gestiegen, für Personal und Strom etwa – und mit der Musik seien schließlich keine Einnahmen zu generieren, argumentiert Kirchhecker.
Schausteller auf Weihnachtsmärkten: Es droht „Fahrstuhlgedudel“
Frank Hakelberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Schaustellerbundes in Berlin, fordert angesichts der neuerdings erheblichen Beträge, dass die Gebühren für die Weihnachtsmärkte verträglich sein müssen. Sonst drohe überall ein „Fahrstuhlgedudel“.
Die GEMA berichtet über die bereits im vergangenen Jahr veränderte Lage in Deutschland: Bisher seien von 3350 Rechnungen für Weihnachtsmärkte 135 wegen ganz erheblicher Preissteigerungen beanstandet worden. Mit diesen Kommunen und Städten sei man nun im konstruktiven Gespräch.
Musik auf dem Weihnachtsmarkt – Kosten von neuerdings 50.000 Euro
Beispiele sind etwa Bayreuth oder Dresden, wo Summen von 50.000 Euro für die Musik angefallen sind. Auch in Niedersachsen reagieren die Städte bereits. In Hannover, Braunschweig, Osnabrück und Oldenburg wird in diesem Jahr weniger Musik gespielt oder auf GEMA-freie Werke zurückgegriffen.
Für den 4. Dezember ist in zahlreichen Gemeinden auch ein „Tag der Stille“ auf dem Weihnachtsmarkt geplant. So wollen die Kommunen gegen die aus ihrer Sicht zu hohen GEMA-Gebühren für die Märkte protestieren.
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In vielen Gemeinden sind die Weihnachtsmärkte in Händen der Städte. In Hamburg dagegen treten private Betreiber als Veranstalter auf. Diese reagieren ganz unterschiedlich auf die verschärften Rahmenbedingungen.
Weihnachtsmärkte: So reagieren andere Hamburger Betreiber
Der bekannteste Hamburger Weihnachtsmarkt wird nicht von Änderungen betroffen sein: Auf dem Rathausmarkt wird das adventliche Treiben kaum beschallt. Und die wenige Musik, die genutzt wird, ist GEMA-frei, sagt eine Sprecherin.
Auch auf den kleineren Arealen gibt es bisher keine Änderungen angesichts der drohenden höheren Kosten. Etwa auf dem Jungfernstieg. „Die Verantwortlichen des Weihnachtsmarktes ‚Weißer Zauber‘ auf dem Jungfernstieg haben bei der Musikauswahl keine Beschränkungen vorgenommen“, sagt eine Sprecherin.
Und bei der Bergmann-Gruppe hieß es ebenfalls, dass an der musikalischen Untermalung nichts verändert wurde – dies gilt für die kleinen Weihnachtsmärkte in Rahlstedt, Eppendorf, Winterhude, Hoheluft und Ottensen.