Hamburg. Führungsduo steht vor vielen Herausforderungen und setzt beim Personalmangel auf Prämien. Aktuelle Zahlen der Fährausfälle.

Vor gut einem Monat haben Tanja Cohrt und Martin Lobmeyer ihren neuen Posten übernommen. Die beiden leiten gemeinsam als Vorständin und Vorstand die Hadag, die acht Fährlinien im Hamburger Hafen bedient, und deren Tochter ATG (Alster-Touristik GmbH).

Ende Juli war der sofortige Rückzug von Tobias Haack bekannt gegeben worden, der die Geschicke der Tochter der Hamburger Hochbahn fünf Jahre lang verantwortet hatte. In dem ehemaligen Büro von Haack in der Firmenzentrale auf einem Ponton am St. Pauli Fischmarkt mit Elbblick empfängt das neue Führungsduo, das seit Jahren für das Unternehmen arbeitet und seine alten Büros behalten hat, das Abendblatt zu einem Gespräch.

Hafen Hamburg: Hadag stand wegen massiver Fährausfälle in der Kritik

Gleich zu Beginn geht es um das für die Fahrgäste wichtigste Thema: In den vergangenen Monaten stand das Verkehrsunternehmen in der Kritik, teilweise fielen mehr als 100 Fährfahrten am Tag aus. „Wir sind auf einem aufsteigenden Ast, können aber noch nicht zufrieden sein“, sagt Lobmeyer, der bislang Prokurist und Technischer Leiter bei der Hadag war und bereits im zehnten Jahr für das Unternehmen tätig ist.

Dem Abendblatt liegt exklusiv eine Auflistung der Ausfälle der vergangenen Wochen vor. So fielen in der Woche vom 21. bis zum 27. August 297 der insgesamt 3675 Fährfahrten aus. In der Woche vom 7. bis zum 13. August waren es 548 von insgesamt 3454 Fahrten, vom 17. bis 23. Juli waren es 117 von 3825 Fahrten.

Hadag: Verkehrsunternehmen sucht dringend Schiffsführer

„Es ist sehr unterschiedlich. Es gab auch Wochen, da sind so gut wie keine Fahrten ausgefallen. Das ist wirklich tagesformabhängig. Haben wir mehrere Krankheitsfälle bei den Schiffsführern, dann wirkt sich das sofort auf den Fahrplan aus“, sagt Cohrt, die im Hadag-Vorstand für die Bereiche Betrieb und Personal verantwortlich ist.

Der Grund für die Fährausfälle, zu denen auch die beliebte Linie 62 zwischen den Landungsbrücken und Finkenwerder zählt, sind die fehlenden Schiffsführer – aktuell hat die Hadag 72 davon.

„Die Lage hat sich ein wenig beruhigt. Wir haben einige Bewerbungen bekommen und konnten bereits zwei Stellen neu besetzen. Aber um den Fahrplan optimal bedienen zu können – und das hat natürlich ebenso wie das Wohl unserer Mitarbeiter höchste Priorität –, würden wir noch vier bis fünf weitere Schiffsführer benötigen“, so Cohrt.

Hafen Hamburg: Wer einen Schiffsführer wirbt, bekommt 2500 Euro

Derzeit werden bei der Hadag 16 junge Menschen ausgebildet, zwei treten in den kommenden Monaten ihren Fahrdienst an, weitere Bewerbungen seien willkommen. Schiffsführer sind rar im Hamburger Hafen, dementsprechend kämpfen die Unternehmen regelrecht um Mitarbeiter.

Die Hadag hat jetzt eine Prämie ausgelobt. Ein Mitarbeiter, der einen neuen Schiffsführer wirbt, erhält nach Abendblatt-Informationen 2500 Euro – und der, der den Job antritt, bekommt bei Vertragsunterzeichnung ebenfalls 2500 Euro.

Im Abendblatt-Gespräch wird schnell deutlich, dass die beiden neuen Hadag-Chefs ein Herzensanliegen haben. „Wir wollen in diesem Unternehmen eine Atmosphäre schaffen, in der sich die Mitarbeiter wertgeschätzt fühlen“, betont Cohrt, die sich selbst als entscheidungsfreudig beschreibt und vor ihrer Zeit bei der Hadag bereits als Kapitänin zur See Containerschiffe bis in den Hamburger Hafen gesteuert hat. „Wir haben ein offenes Ohr für jeden Einzelnen – und natürlich gehören dazu eine sehr gute Bezahlung und andere Benefits.“

Die Hadag-Fähren fahren durch den Hamburger Hafen und sind auch bei Touristen ein beliebtes Fortbewegungsmittel.
Die Hadag-Fähren fahren durch den Hamburger Hafen und sind auch bei Touristen ein beliebtes Fortbewegungsmittel. © ALEXANDER BERTOLD

Hadag: Die neuen Chefs setzen auf Teamwork

Martin Lobmeyer, der seinen Bachelor in Wirtschaftsingenieurwesen an der Fachhochschule Nordakademie in Elmshorn absolviert hat, ergänzt: „Neu ist, dass unsere Mitarbeiter zum Beispiel Zuschüsse zum Deutschlandticket erhalten.“

Seinen Führungsstil beschreibt der 32-Jährige als emphatisch und zielorientiert. Wichtig ist dem gebürtigen Buchholzer, dass „wir ein Team sind. Denn nur miteinander können wir die Herausforderungen meistern“.

Der Personalmangel ist nur eine Herausforderung. Auch im Bereich der Digitalisierung ist die Hadag – bislang – nicht gerade ein Branchenprimus. Eine Verbesserung gab es schon. In der App des HVV sind Fahrtausfälle ab sofort durch ein Ausrufezeichen gekennzeichnet, auf das man dann klicken muss. Zuvor wurden Fährausfälle nur über Twitter kommuniziert.

Hafen Hamburg: 2024 wird bei der Hadag das Jahr der Digitalisierung

Für die Hadag soll 2024 das Jahr der Digitalisierung werden. Bereits ab Anfang kommenden Jahres sollen die Fahrgäste davon profitieren. „Es wird eine Software installiert, die dann die Echtzeitdaten der Fähren anzeigt. Das heißt, in der App kann der Fahrgast sehen, ob das Schiff Verspätung hat. Und Fähren, die ausfallen, werden gar nicht mehr angezeigt.“

Die Fähren werden mit neuen Monitoren ausgestattet, auf denen die Fahrgäste dann ebenfalls die Echtzeitdaten und weitere Informationen aufgespielt bekommen. Zudem werden elektronische Anzeigetafeln an den Haltestellen aufgestellt. Bis Ende 2024 sollen diese Maßnahmen abgeschlossen sein.

Die aktuelle Flotte mit 26 Schiffen der Hadag wird ausschließlich mit Dieselmotoren betrieben. Wie berichtet, werden im kommenden Jahr drei neue Hybrid-Fähren ausgeliefert. Diese Schiffe mit Platz für jeweils 250 Passagiere haben einen Batteriebetrieb, aber zusätzlich einen Dieselmotor, der auf längeren Strecken zugeschaltet werden kann.

Hadag: Künftig sollen nur noch emissionsfreie Fähren angeschafft werden

„Das ist bereits ein wichtiger Schritt, aber Ziel ist, dass die Flotte sukzessive ausgewechselt wird und wir nur noch Schiffe mit Batteriebetrieb anschaffen“, sagt Lobmeyer. Eine Umrüstung von Dieselmotor auf Batteriebetrieb sei nicht wirtschaftlich.

Die größte Herausforderung ist die Finanzierung der umweltfreundlichen Schiffe. Denn die Hadag ist ein städtisches Unternehmen, und damit muss die Stadt die Mittel zur Verfügung stellen.

Wenn es nach dem Willen des Senats geht, dann sollen ab 2030 nur noch emissionsfreie Busse im HVV fahren. Gilt dieser Zeitplan auch für die Hadag-Fähren? Martin Lobmeyer: „Auch wenn wir im Hafen mit unserer Antriebsstrategie mit Sicherheit zu den Vorreitern gehören, ist die Umstellung von Schiffen nicht mit der von Bussen zu vergleichen. Das wird mehr Zeit in Anspruch nehmen – aber der Kurs ist gesetzt.“