Hamburg. Sport ist gesund, kann aber auch lebensgefährlich sein. Rechtsmediziner Püschel weiß, welche Faktoren beim Golf eine Rolle spielen.
Sport ist wichtig für die Gesundheit. Sport zu treiben ist gut für Körper und Geist. Aber es lohnt sich, genauer hinzuschauen. Denn auch beim Sport gibt es gefährliche Aspekte. „Und beim Sport und insbesondere beim Golf ist auch der Tod ein Phänomen, das gar nicht so ganz selten vorkommt“, sagt Abendblatt-Gerichtsreporterin Bettina Mittelacher im Crime-Podcast „Dem Tod auf der Spur“ mit Rechtsmediziner Klaus Püschel.
„Der plötzliche Tod auf dem Golfplatz. Soll das das Ende sein vom Leben?“, fragt Püschel. „Tatsächlich gibt es Sportler, die eine romantisierende Vorstellungen vom allerletzten Putt, ihrem allerletzten Golfschlag haben. Mitten aus dem Leben gerissen, während man das tut, was einem so viel Freude macht.
Am besten plötzlich, schmerzfrei – und mit einem Lächeln. Auf dem Grün, während der Ball ins Loch rollt. Oder nach einem Ass beim Tennis, dem entscheidenden Tor beim Fußball. Also: Abtreten, wenn es am schönsten ist.“
Golf kann tödlich sein – wie ein Fall nahe Hamburg zeigt
„Ja, das mag verlockend klingen“, meint Mittelacher. „Doch der Sensenmann hält sich nicht an Spielregeln, beim Golf nicht, in anderen Sportaktivitäten nicht und anderswo ebenso wenig. Er greift sich auch die, die sich noch lange nicht bereit fühlen. Er fragt nicht, wann es genehm ist, sondern kommt meist zur Unzeit.“ Die traurige Wahrheit ist tatsächlich, dass das Ende oft völlig unerwartet eintritt“, weiß Püschel. „In der Rechtsmedizin nennt man das ,plötzlicher Tod aus innerer Ursache‘.“
Als Beispiel nennt der Rechtsmediziner einen Fall aus der Hamburger Region, als ein 32-Jähriger nach einer Runde Golf mit Freunden überraschend auf seinem Hotelzimmer verstarb. Die medizinische Vorgeschichte des Mannes ergab: Er war ein starker Raucher und leicht übergewichtig. Darüber hinaus litt er unter Bluthochdruck.
Die Obduzenten diagnostizierten bei dem jungen Mann unter anderem einen akuten Herzinfarkt. Und als Raucher wies er bereits erhebliche Ablagerungen vom Raucherpigment im Lungengewebe auf und hatte darüber hinaus eine chronische Bronchitis.
Tod mit Anfang 30: „Wer denkt denn in dem Alter, dass er todkrank ist?“
„Da kam ja allerhand an Krankheiten zusammen“, sagt Mittelacher. „Aber sehr wahrscheinlich hat der Mann doch nicht geahnt, in welch schlechter körperlicher Verfassung er ist? Anfang 30, außerdem hat er Sport getrieben. Wer denkt denn in dem Alter, dass er todkrank ist?“
„Wahrscheinlich kaum jemand“, meint Püschel. „Aber mit dieser gefährlichen Fehlwahrnehmung ist er sicherlich nicht allein. Noch immer unterschätzen viele Menschen die Gefahren des Rauchens. Die Schadstoffe aus dem Zigarettenrauch verrichten an den inneren Organen Veränderungen, bei denen der Raucher selbst erschaudern würde.
Aus der Wand der Arterien wird durch Verkalkungen ein regelrechtes Kalkrohr und ein Schotterfeld. Die Arterien sind zunehmend unelastisch und verstärken den Bluthochdruck. Und die Lunge verfärbt sich durch Kohlestaubablagerungen zunehmend schwärzlich.“
Golf ist gesund – für den Körper und ebenso für den Kopf
Mittelacher lenkt den Fokus weiter auf das Thema Golf: „Wenn es um Golfsport geht, zitieren einige unverbesserliche Fatalisten beziehungsweise Schwarzmaler gerne Statistiken, aus denen sich ergibt, dass Golf die Sportart mit den – absolut gesehen – häufigsten Todesfällen ist. Aber an dieser Sichtweise stimmt doch was nicht!“, findet die Reporterin.
„Golf ist doch eigentlich ein Sport, der gesund und fit hält, oder?“ „Als ausgebildeter Sportmediziner, der ich neben meinem Beruf des Rechtsmediziners auch bin, kann ich definitiv sagen, dass Sport im Allgemeinen und Golfspielen im Besonderen wirklich sehr gesund ist – für den Körper und übrigens ebenso für den Kopf“, erläutert Püschel.
Rechtsmediziner: Gefahr des „Sekunden-Herztods“ beim Golf vergleichsweise groß
Bei der Frage, ob viele Menschen beim Golf sterben, komme es sehr auf den Blickwinkel an. „Die Gesamtheit der Aktiven und ihre Altersverteilung ist von entscheidender Bedeutung.“ Tatsächlich begäben sich viele auf den Golfplatz, „die altersbedingt und krankheitsbedingt körperliche Einschränkungen“ haben.
Dies bedeutet aus rechtsmedizinischer Sicht, dass die Neigung und damit die Wahrscheinlichkeit eines plötzlichen Todes aus innerer Ursache, also des sogenannten „Sekunden-Herztodes“, vergleichsweise relativ groß ist.
Herzinfarkt: So kann der Laie Warnsignale erkennen
Bei den Risikofaktoren für einen plötzlichen Tod aus innerer Ursache komme es nicht nur auf das Rauchen an, so Püschel. „Fettstoffwechselstörungen, hoher Blutdruck, Diabetes und Bewegungsmangel sind weitere Faktoren.“ So komme es häufiger zu Herzinfarkten. „Was aber auch noch interessant wäre zu erfahren“, fragt Mittelacher: „Gibt es Warnsignale, die ich auch als Laie erkennen kann?“
„Wer aufmerksam in sich hineinhorcht, kann womöglich erste Warnhinweise, die der Körper bei einem drohenden oder bereits bestehenden Herzinfarkt sendet, richtig deuten“, erklärt Püschel. „Und kann dann hoffentlich den Notruf betätigen und im besten Fall gerettet werden.“
Die klinischen Zeichen für einen Herzinfarkt seien vielgestaltig. Typischerweise entstünden Schmerzen links in der Brust, auch ausstrahlend in den linken Arm. Verbunden sei dies mit einem Engegefühl und Atemnot. Es könne aber auch weitere Symptome geben, wenn nämlich der Schmerz Richtung Hals oder Rücken und zum Bauch ausstrahlt.
Tod auf dem Golfplatz ist eine „Gelegenheitsursache“, sagen Rechtsmediziner
„Wie sieht es denn nun aus mit Statistiken über Todesfälle beim Golfspiel im Vergleich zu anderen Sportarten?“, möchte Mittelacher wissen. „Den Statistiken ist allen gemeinsam, dass sie eigentlich niemandem Angst machen sollten“, findet Püschel. „Es ist einfach – wegen eines gewissen fortgeschrittenen Alters der Betroffenen – zu erwarten! Nichts Besonderes!“
Das erkläre sich doch eigentlich von selbst: „Wo besonders viele Menschen eine bestimmte Sportart betreiben, kommt es statistisch gesehen zu mehr gesundheitlichen oder im Extremfall auch tödlichen Zwischenfällen“, meint Püschel.
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„Nach der Nomenklatur der Rechtsmedizin handelt es sich beim plötzlichen Tod auf dem Golfplatz um eine sogenannte Gelegenheitsursache. Der Mensch stirbt also nicht infolge einer speziellen ursächlichen Belastung, sondern rein zufällig zeitlich während dieser Belastung.“
Golf: Hamburger Rechtsmediziner erklärt Phänomen des „versagensbereiten Herzens“
„Die Person hätte genauso zu Hause vor dem Fernseher oder beim Spaziergang versterben können?“, möchte Mittelacher wissen. „Ja“, sagt Püschel. „Die Menschen haben, wie wir Rechtsmediziner das nennen, ein versagensbereites Herz. Meist sind sie auch schon betagt, also beispielsweise über 80 Jahre, und sie sind möglicherweise bereits zuvor in kardiologischer Behandlung gewesen.
Diejenigen Golferinnen und Golfer, die dann irgendwann versterben, hatten, wie Untersuchungen zeigen, eher ein mehrere Jahre längeres Leben in vergleichsweise guter körperlicher und geistiger Verfassung – und ein positiv erfülltes Leben dazu – als eine Vergleichspopulation.“ „Also insgesamt bestätigt sich das, was wir eingangs schon gesagt haben und was jetzt keine überraschende Erkenntnis ist“, fasst Mittelacher zusammen: „Sport im Allgemeinen ist natürlich gesund und Golf sowieso.“
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