Hamburg. Ohne Toilette und Dusche: Seit 12. Juni ist Catharina Streit mit einem Partner auf abenteuerlicher Überfahrt. Die Strapazen sind enorm.

Durchschlafen kann sie nun schon seit knapp einem Monat nicht mehr. Immer wieder wache sie nachts auf, berichtet Julia Fankhauser. Der erste Blick ginge dann auf das Handy und den Tracker, der mitläuft. „Wenn das Boot Fahrt macht, weiß ich, dass alles ok ist.“ Dann lege sie sich wieder hin für die nächsten Stunden Schlaf. Bis sie wieder wach werde und das Handy schnell zur Hand nehme.

Julia Fankhausers Mann Wolfgang rudert derzeit über den Pazifik. Am 12. Juni ist er gemeinsam mit der Hamburgerin Catharina Streit, die bis vor einiger Zeit in der HafenCity gelebt hat, an der Küste von Kalifornien in einem Zwei-Mann-Boot gestartet. Ihr Ziel: die Insel Kauai, die zu Hawaii gehört. Mindestens 40 Tage werden sie für diese harte Überfahrt brauchen. Ende Juli oder Anfang August werden die zwei dann im Ziel erwartet.

Hamburgerin auf Pazifik-Extremtour mit Ruderboot – Gewichtsabnahme

Die beiden Abenteurer fahren im Rahmen der Pacific Challenge, die erstmals veranstaltet wird. 14 Teams sind mit 49 Ruderern in 2er- und 5er-Booten an den Start gegangen. Fankhauser und Catharina Streit sind nur eines von zwei 2er-Teams.

Catharina Streit und Wolfgang Fankhauser in ihrem Ruderboot. In der kleinen Kabine schlafen die beiden abwechselnd.
Catharina Streit und Wolfgang Fankhauser in ihrem Ruderboot. In der kleinen Kabine schlafen die beiden abwechselnd. © Credit World's Toughest Row | Penny Bird

Während der Wochen auf See ernähren sich die beiden von gefriergetrockneter Nahrung, täglich müssen sie rund 5000 Kalorien zu sich nehmen. Julia Fankhauser berichtet nach knapp einem Monat: „Sie haben beide schon abgenommen, das kann ich auf den Bildern sehen. Das berichten sie mir aber auch.“ Allerdings, eine gewisse Gewichtsabnahme sei auch normal bei der täglichen Anstrengung.

Extremruderer bereiten ihr Trinkwasser aus Meerwasser auf

Waschen können sich die Sportler nur mit Hygienetüchern, die Toilette ist ein Eimer. Ihr Trinkwasser bereiten sie aus dem Meerwasser mit Hilfe einer Entsalzungsanlage auf. Strom erzeugen sie mit kleinen Solarpaneelen.

Die beiden rudern im Zwei-Stunden-Takt immer abwechselnd. So steht das Boot nie still, ständig nähern sie sich ihrem Ziel. Ganz wichtig: Sobald sie ihre kleine Kabine in ihrem Ruderboot verlassen, leinen sich die beiden Sportler sofort an. Julia Fankhauser: „Damit bei einer Welle niemand über Bord gespült werden kann.“

Für die beiden Extremsportler sind das die vermutlich härtesten Wochen ihres Lebens. „Es ist unglaublich anstrengend da draußen“, sagt Julia Fankhauser, die versucht, möglichst engen Kontakt zu ihrem Mann und ihrer Schwägerin zu halten. Catharina Streit ist die Freundin von Wolfgang Fankhausers Bruder.

Der Pazifik sei noch fordernder als der Atlantik. Den haben die beiden Ruderer nämlich schon 2019/20 im Rahmen einer Regatta überquert, damals allerdings noch in unterschiedlichen Booten.

Pazifik-Extremtour: Gut die Hälfte der Strecke hat das Duo hinter sich

„Der Wind und die Wellen machen ihnen arg zu schaffen“, so Julia Fankhauser. Zu Beginn hätten sie große Schwierigkeiten gehabt, von der kalifornischen Küste weg zu kommen. Auch deshalb seien bei der Wettfahrt übrigens keine Soloruderer zugelassen. „Es ist schlicht zu gefährlich.“ Zwischenzeitlich hätten sie sogar einen kleinen Anker ausbringen müssen, um nicht zurück an die Küste getrieben zu werden.

Tauchgang mitten auf dem Pazifik. Wolfgang Fankhauser muss das Boot von Muscheln befreien. Für den jungen Mann ist es eine willkommene Abwechslung, berichtet seine Frau.
Tauchgang mitten auf dem Pazifik. Wolfgang Fankhauser muss das Boot von Muscheln befreien. Für den jungen Mann ist es eine willkommene Abwechslung, berichtet seine Frau. © Fankhauser | Fankhauser

Mittlerweile aber seien sie ordentlich vorangekommen, hätten gut die Hälfte der rund 2800 Seemeilen langen Strecke bezwungen. Es gehe ihnen körperlich gut, berichtet Catharina Streit von hoher See. Sie leide hin und wieder an Schmerzen in den Gelenken von Händen und Knien.

Hamburgerin: Tage auf dem Pazifik häufig trist

Viel schwieriger sei aber eher das Auf und Ab der Gefühle, so die Hamburgerin, die seit kurzem mit ihrem Lebensgefährten in Salzburg lebt. „Wir versuchen, in allem das Positive zu sehen.“ Aber gerade die diesige Stimmung auf dem Meer bedrücke beide.

„Wenn die Sonne draußen ist, geht es einem gleich viel besser“, so die Sportlerin. Allerdings passiere das gerade sehr selten. „Aber wir können es nicht ändern, also versuchen wir das Beste draus zu machen.“

Immer wieder schicken die beiden Ruderer Bilder von Bord. Sie sehen nur selten die Sonne, sagen sie. Das schlage sehr aufs Gemüt.
Immer wieder schicken die beiden Ruderer Bilder von Bord. Sie sehen nur selten die Sonne, sagen sie. Das schlage sehr aufs Gemüt. © Fankhauser | Fankhauser

Als Team hätten sie sich mittlerweile gut eingespielt. „Wir achten gut aufeinander – dass es dem anderen gut geht, dass er genug isst“, sagt Catharina Streit. „Für uns beide passt das perfekt.“ Fehlen würde ihnen vor allem ein leckeres Essen. „Der Hunger treibt hier auf See die gefriergetrocknete Nahrung rein“, sagt sie trocken. Mehr aber auch nicht.

Nur 82 Menschen sind bisher über den Pazifik gerudert

Aufgeben ist trotz all der Widrigkeiten übrigens keine Option für die beiden. Schließlich wussten sie bereits in etwa, was da draußen auf sie zukommt. Und außerdem haben diese strapaziöse Überfahrt nur wenige Menschen vor ihnen geschafft.

Bisher haben erst 82 Menschen den Pazifik mit einem Ruderboot bezwungen, die Freunde wollen sich in diese Reihe einreihen. Zumal Catharina Streit die erste deutsche Frau wäre, die den Pazifik bezwingen konnte, Fankhauser der erste Österreicher.

Das Geld, das nach der langen Reise von ihrer Kampagne übrig bleibt, wollen die beiden an eine wohltätige Organisation spenden. 120.000 Euro hatten sie mit Hilfe von privaten Spenden und von Unternehmen zusammengetragen, um Schiff und Reise zu finanzieren.

Noch haben die Angehörigen keinen Flug nach Hawaii gebucht

Viel wichtiger als alles ist es den beiden aber, Menschen dazu zu motivieren, ihre Träume zu verwirklichen. „Sie wollen zeigen, dass es sich lohnt, an Träumen und Zielen festzuhalten“, sagt Julia Fankhauser. „Dass man nicht aufgeben soll, auch wenn es mal schwierig ist.“ Dinge, die sie gerade jeden Tag auf dem Pazifik durchleben.

Noch hat Julia Fankhauser nicht entschieden, wann sie genau in das Flugzeug Richtung Hawaii steigen wird. Noch sei es einfach zu schwer abzuschätzen, wann die beiden Extremsportler auf der Inselgruppe ankommen.

Familie lauert auf das Finale in Kauai

Aber klar ist: Sie und ihr Schwager werden einmal um die halbe Welt fliegen, um Catharina Streit und Wolfgang Fankhauser auf Kauai zu begrüßen. Damit sie sie endlich in den Arm nehmen kann – nach den langen Wochen des Hoffens und Bangens.

Dann wird sie nicht mehr voller Aufregung auf ihr Handy starren und auf Nachrichten vom Pazifik warten. Oder mit nervösen Händen den Tracker aufrufen, um zu sehen, ob alles ok ist. „Die Vorfreude auf das Wiedersehen lässt mich hier die Tage alleine durchhalten.“

Weitere Informationen über das Rennen und die beiden Abenteurer gibt es unter: www.pacificfloaters.com und www.worldstoughestrow.com.