Hamburg. Antwort auf eine Kleine Anfrage der CDU liegt vor. Politiker bemängeln Argumentation des Senats – „ernüchternd“.
Die Wildschweinfallen im Duvenstedter Brook beschäftigen nun auch die Hamburger Politik. Nachdem Experten die Methode als Tierquälerei bezeichnet und ein Ende dieser Praxis gefordert haben, reagiert jetzt der Senat.
Zum Hintergrund: Wildschweine werden in dem Naturschutzgebiet im Hamburger Nordosten regelmäßig in Fallen gefangen und anschließend erschossen. Die CDU hatte das Thema vor einigen Tagen aufgegriffen und die Vorgehensweise der zuständigen Umweltbehörde hinterfragt. Nun liegen die Antworten auf die Kleine Anfrage der CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Sandro Kappe und Thilo Kleibauer vor.
Tierquälerei mit Wildschweinfallen – Senat gibt Stellungnahme ab
Auf einen Bericht des Abendblatts über die Fallen in dem Naturschutzgebiet hatte bereits auch der Deutsche Jagdverband (DJV) reagiert. Der Verband hatte in einem Artikel auf seiner Website den Einsatz von Saufängen (also Fallen) für die Jagd im Nordosten von Hamburg scharf kritisiert und einen „sofortigen Stopp“ gefordert.
Die Antwort des Senats stellt nun klar, dass ein Ende der Saufänge nicht geplant ist. Als Begründung für die Methode, die etwa Dierk Mühle von der Kreisjägerschaft Stormarn als „tierquälerisch“ bezeichnet, führt die Landesregierung einen Hauptgrund an: Es gebe nach ihren Informationen eine zunehmende Zahl von Wildschweinen. Sowohl bundesweit als auch in Hamburg sei „eine beachtliche Zunahme der Schwarzwildbestände“ zu beobachten.
Zahl der Wildschweine in Hamburg ist laut Senat gestiegen
Die Dichte habe sich stark erhöht. „Schwerpunktvorkommen liegen im Nordwesten (Rissen), im Süden (Harburger Berge und Moorgürtel) sowie im Nordosten Hamburgs (Wittmoor, Duvenstedt, Duvenstedter Brook etc)“, schreibt der Senat.
Zur Ausbreitung der Tiere trügen verschiedene Faktoren bei, wie „veränderte Landnutzungsformen, bessere klimatische Bedingungen und ein größeres ganzjähriges Nahrungsangebot“.
Auch die Afrikanische Schweinepest (ASP) führt die Stadt erneut als Grund für die Wildschweinfallen in dem Naturschutzgebiet auf. Vor fünf Jahren vor allem im Osten Europas sowie in Belgien auftretend, habe sich die Westgrenze ihres Verbreitungsgebietes mittlerweile an Oder und Neiße verschoben. „Seit 2020 tritt die ASP in Brandenburg und Sachsen gehäuft auf“, heißt es.
Duvenstedter Brook: Schäden durch die Tiere hätten zugenommen
Darüber hinaus hätten sich im und am Duvenstedter Brook „die Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen und naturschutzfachlich wertvollen Grün- und Offenlandflächen in den letzten Jahren massiv erhöht“.
Vor diesem Hintergrund habe sich die Oberste Jagdbehörde Hamburg schon 2018 dazu entschlossen, ein „Schwarzwildfallenprojekt im Duvenstedter Brook“ aufzulegen, heißt es weiter. Die Fallen sollten in der Praxis „getestet werden“. Auch als „Ergänzung zur bisherigen Einzeljagd und zu revierübergreifenden Drückjagden, die unter anderem aus Sicherheitsgründen im Duvenstedter Brook“ nicht durchgeführt werden können.
Konkret heißt es von der Stadt zu den Einsätzen der Fallen: „Die Vorbereitungen begannen im Jahr 2018, erste Fänge erfolgten seit 2019.“ Die Projektphase ende, wenn die Erfahrungen mit den Netzfallen abgeschlossen seien. Im Jagdjahr 2022/23 wurden nach Anfrage des Abendblatts laut Umweltbehörde 93 Tiere erlegt, 72 Tiere davon in einer Falle.
CDU Hamburg bemängelt die Argumentation der Stadt
Für den Bürgerschaftsabgeordneten Sandro Kappe sind die Argumente des Senats nicht stichhaltig. „Ernüchternd“, nennt er die Begründung der Vorgehensweise im Duvenstedter Brook. „Es wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen“, beschreibt der CDU-Politiker seinen Eindruck vom Geschehen in dem Wald-und-Wiesengebiet, das viele Hamburger zur Erholung besuchen.
„Gibt es dort wirklich eine Überpopulation?“, fragt sich der Initiator der Kleinen Anfrage. Schließlich gebe der Senat in seiner Antwort zu, dass in dem Areal „Erhebungen zum Schwarzwildbestand nicht durchgeführt“ wurden.
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Kritik vom Landesjagdverband Hamburg am Alleingang der Stadt
Joachim Weinlig-Hagenbeck schließt sich der Kritik an. Der Präsident des Landesjagdverbands Hamburg bemängelt, dass die Stadt den Jagdbeirat nicht über die aktuell verfolgten Saufänge informiert habe. Die Beteuerung des Senats, wonach 2018 angesichts einer großen Sorge vor der ASP über das Thema Fallenjagd geredet worden sei, lässt Weinlig-Hagenbeck gelten, „aber danach war es kein Tagesordnungspunkt mehr, weil sich das Seuchengeschehen nicht so wie befürchtet entwickelt hat“.
Von einer zwischenzeitlichen Ausbreitung der ASP könne nicht die Rede sein, daher schließt sich Weinlig-Hagenbeck der Forderung an, dass die Wildschweinfallen abgebaut werden müssen. Nur bei einer absoluten Notlage sei diese Praxis zu vertreten.
Tierquälerei mit Wildschweinfallen: Kritiker fordern sofortigen Stopp
Der Bürgerverein Duvenstedt/Wohldorf-Ohlstedt, der gemeinsam mit dem Tierschutzverein und Walter Pries von der Kreisjägerschaft Stormarn einen Offenen Brief an die Umweltbehörde und das Bezirksamt Wandsbek geschrieben hatte, wartet noch auf eine Antwort.
Auch in diesem Schreiben hatten sich die Unterzeichner gegen die Praxis der Saufänge im Nordosten Hamburgs gewendet und einen Stopp gefordert.