Hamburg. Fassungslosigkeit über Wildschweinfallen im Naturschutzgebiet: Bürgerverein protestiert bei Senator, CDU fordert sofortigen Stopp.
Die Praxis der Stadt Hamburg, Wildschweine mit Fallen fangen zu lassen, ruft nun auch die Politik und Bürgervereine auf den Plan. Denn Experten bewerten die Methode als Tierquälerei.
Auf einen Bericht des Abendblatts über die Fallen im Duvenstedter Brook reagieren jetzt der Bürgerverein Duvenstedt/Wohldorf-Ohlstedt und die CDU-Bezirksfraktion Wandsbek. Sowohl ein offener Brief an die zuständige Umweltbehörde als auch ein Antrag für die Bezirksversammlung Wandsbek beschäftigen sich mit dem Streit.
Duvenstedter Brook: Hamburg lässt Wildschweine in Fallen fangen
Zuvor hatte bereits der Deutsche Jagdverband (DJV) in einem Artikel auf seiner Website den Einsatz von Saufängen (also Fallen) für die Jagd im Nordosten von Hamburg scharf kritisiert und forderte einen „sofortigen Stopp“.
Zum Hintergrund: Wildschweine werden in dem Naturschutzgebiet im Hamburger Nordosten regelmäßig in Fallen gefangen und anschließend erschossen. Das Thema bewegt die Jägerschaft der Hansestadt seit Wochen und war bereits mehrmals Anlass für emotional geführte Debatten in Sitzungen der Verantwortlichen.
CDU Wandsbek fordert „sofortigen Stopp des Einsatzes von Fallen“
Die CDU-Bezirksfraktion Wandsbek fordert in einem Schreiben jetzt ebenfalls „einen sofortigen Stopp des Einsatzes von Fallen bei der Wildschweinjagd im Bezirk“. Denn bisher seien hier keine Fälle der Afrikanischen Schweinepest (ASP) bekannt, kritisiert die Fraktion ein Argument der Umweltbehörde für den Einsatz der Saufänge.
„Auch eine mögliche Prävention und gewünschte Reduzierung der Wildschweinbestände rechtfertigt den Einsatz von Lebendfallen und die anschließende Tötung bei der Wildschweinjagd im Duvenstedter Brook nicht“, ergänzt die CDU-Bezirksfraktion Wandsbek. Vielmehr solle der Fokus auf die übliche Ansitzjagd gelegt werden – bei dieser lauert der Jäger dem Wild auf.
Bürgerverein Duvenstedt/Wohldorf-Ohlstedt: Welle der Entrüstung nach Berichten
Vom Bürgerverein Duvenstedt/Wohldorf-Ohlstedt heißt es, „die Berichte im Hamburger Abendblatt haben hier bei uns eine Welle der Entrüstung ausgelöst. Wir fühlen uns der Natur und den Wildtieren in unseren Waldgebieten, im Besonderen dem Naturschutzgebiet Duvenstedter Brook, verpflichtet.“
Steffen Wichmann, Erster Vorsitzender des Bürgervereins, hat sich des Themas mit großem Engagement angenommen. „Denn uns macht diese Geschichte fassungslos. Wer sich einmal angeschaut hat, was passiert, wenn sich die Falltüren in einem Saufang schließen, muss sich den Rest dieser Tötungsaktion nicht mehr ansehen“, entrüstet sich der Unternehmer.
„Die in höchste Aufregung versetzten Tiere laufen in vollem Tempo gegen den Zaun. Die Wildschweine sind eingepfercht, geraten in Panik, bevor dann ein Förster oder Jäger ein Tier nach dem anderen erschießt“, sagt Wichmann, der selber am benachbarten Wohldorfer Wald lebt.
„Eine solche Fangmethode ist nicht akzeptabel“
„Wir haben in den vergangenen Tagen sehr viele Gespräche mit Jägern, Naturschützern und dem Tierschutzverein geführt. Die Meinung ist einhellig: Eine solche Fangmethode mit anschließender Tötung durch Erschießen ist nicht akzeptabel und muss umgehend eingestellt werden“, sagt der 54-Jährige.
Auch der Deutsche Jagdverband sei der Auffassung, betont Wichmann, „dass diese Art der Reduzierung des Schwarzwildes nur die ,Ultima Ratio’ ist bei einer aktuellen Bedrohungslage durch eine Seuche, wie die Afrikanische Schweinepest“.
Aus diesem Grunde wende sich der Bürgerverein nun in einem offenen Brief an die Verantwortlichen. Zum einen an Senator Jens Kerstan (Grüne) von der Umweltbehörde, sowie an Thomas Ritzenhoff, Leiter des Bezirksamts Wandsbek. Unterzeichner des Schreibens sind zudem Janet Bernhardt, Vorsitzende des Hamburger Tierschutzvereins, und Dierk Mühle, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Stormarn.
Offener Brief an Umweltbehörde und Bezirksamt
In dem offenen Brief, der dem Abendblatt vorliegt, konfrontiert der Bürgerverein die Umweltbehörde mit etlichen Fragen rund um das Geschehen im Naturschutzgebiet:
- Wie sind die Fang- und Tötungsvarianten mit dem Tierschutzgesetz vereinbar?
- Warum wurde der Jagd- und Forstbeirat nicht in die Entscheidung für diese Fangmethode/Tötung im Duvenstedter Brook einbezogen?
- Wurde die schonende Option der Bejagung des Schwarzwildes mit Nachtsichttechnik in Betracht gezogen?
- Wurde das Wildbret, das durch diese Fangmethode/Tötung angefallen ist, verkauft? Falls nein, wie hoch waren die Kosten für die Entsorgung?
Auch zu juristischen Themen befragt der Bürgerverein die Verantwortlichen:
- Mit welcher Rechtsgrundlage wird die Jagd im Duvenstedter Brook ausgeübt?
- Wer hat die Reduzierung/Tötung des Schwarzwildes mittels Saufängen im Naturschutzgebiet beauftragt?
- Welche jagd- und waffenrechtlichen Ausnahmegenehmigungen wurden für die Jagd bisher erteilt?
Für Initiator Wichmann steht fest: „Die bisherigen Vorgänge bedürfen der lückenlosen Aufklärung.“
Wildschweinfallen werden Thema in der Bezirksversammlung Wandsbek
Einen weiteren Schritt zu mehr Transparenz in der Angelegenheit dürfte es Anfang Juni geben: Die CDU-Fraktion wird in der nächsten Sitzung der Bezirksversammlung Wandsbek am 8. Juni einen Antrag einbringen, der eine Strategie gemeinsam mit den Förstern, der Jägerschaft und dem Kreis Stormarn fordert. Zudem setzt sie sich für die übliche Ansitzjagd unter Einhaltung der Schonzeiten ein.
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Derweil macht das Thema auch bundesweit erneut Schlagzeilen. So heißt es im Fachmagazin „Pirsch“, der Blick ins Hamburger Abendblatt vom 9. Mai lasse Jäger den Kopf schütteln.
Duvenstedter Brook: Jäger-Fachmagazin kritisiert Umweltbehörde
Dass die Umweltbehörde Saufänge als Pilotprojekt zur Schwarzwildreduktion einsetze, obgleich die Bestände nachweislich zurückgegangen sind und kein ASP-Ausbruch zu verzeichnen ist, lasse die Argumentation der Behörde „perfide“ erscheinen, so das Fachmagazin.