Hamburg. Denkmal wird für neun Millionen Euro saniert. Schon bald soll es in neuem Glanz erstrahlen. Doch nicht alle sind davon begeistert.

125 Jahre nach dem Tod von Otto von Bismarck (1815-1898) setzt sich Hamburg intensiv mit dem Erbe des Reichskanzlers auseinander. Das 34 Meter hohe Denkmal soll bis Ende Juli nach dreijähriger Sanierung in neuem Glanz erstrahlen. Damit verschiebt sich der Abschluss der Renovierung um einen Monat. Nach Angaben des Bezirksamts Mitte müssen noch der Bauzaun entfernt und letzte Arbeiten erledigt werden.

Bismarck-Denkmal soll bis Ende Juli fertig saniert sein

Vor allem die Kritiker des Reichsgründers verfolgen mit Interesse einen internationalen Wettbewerb für eine künstlerische Ergänzung („Kontextualisierung“) der denkmalgeschützten Granitstatue von 1906, den die Stiftung Historische Museen Hamburg ausgelobt hat.

Die Jury soll am 5. Juli zusammenkommen. Ob es dann schon ein abschließendes Ergebnis geben wird, sei noch nicht ganz klar, sagt der Sprecher der Kulturbehörde, Enno Isermann. Für den 7. bis 10. September plant die Kulturstiftung des Bundes ein Open-Air-Festival zur kolonialen Geschichte in Hamburg.

Bismarck war am 30. Juli 1898 auf seinem Gut Friedrichsruh bei Aumühle östlich von Hamburg gestorben. Die Otto-von-Bismarck-Stiftung betreibt dort ein Museum und organisiert Veranstaltungen zur Geschichte des 19. Jahrhunderts. Die Stiftung begrüßt die Sanierung des Denkmals oberhalb der Hamburger Landungsbrücken. „Nur so wird es auch in Zukunft möglich sein, sich kritisch mit der gewiss ambivalenten historischen Figur auseinanderzusetzen“, erklärt eine Sprecherin.

Senat behält sich vor, über die Gestaltung des Denkmals zu entscheiden

Mit Blick auf den künstlerischen Wettbewerb, an dem die Stiftung nicht beteiligt ist, fügt sie hinzu: „Ob diese Auseinandersetzung in eine dauerhafte Kommentierung der heute befremdlich wirkenden ikonografischen Heldenaussage oder in zeitweise Einhegungen mittels historisch-kritischer oder künstlerischer Bildungsangebote mündet, sollte den demokratisch gewählten Körperschaften überlassen bleiben.“

Kritiker des Denkmals fordern, „alle Akteurinnen aus ehemals kolonisierten Ländern“ zu beteiligen. Kultursenator Carsten Brosda (SPD) hat einen Beirat zur Dekolonisierung Hamburgs berufen. Dieser ist mit Experten besetzt, „die mehrheitlich einen migrantisch-diasporischen BIPoC-Hintergrund haben“. BIPoC ist die englische Abkürzung für Schwarze, Indigene und People of Color.

Die Beiratsmitglieder dieser Herkunft sollen ihre eigenen Perspektiven aus den ehemals kolonisierten Ländern einbringen. Senat und Bürgerschaft behalten sich vor, über die Gestaltung des Denkmals zu entscheiden.

Uni stellt App zu „kolonialen Orten“ in Hamburg vor

Im Mai stellte die Universität Hamburg eine App zu „kolonialen Orten“ in Hamburg vor. Darin heißt es, das Bismarck-Standbild sei Deutschlands höchstes Kolonialdenkmal und zugleich eines der umstrittensten. „Kontrovers ist es zum einen, weil es von vielen nicht als Kolonialdenkmal erkannt wird, zum anderen, weil es mit der erinnerten Person ins Zentrum des nationalen Kerns der deutschen Geschichte führt.“

Der App-Autor und Professor für Globalgeschichte, Jürgen Zimmerer, erinnert an seine Forderung nach einer „Entheroisierung“ des Denkmals, das Bismarck in Form einer mittelalterlichen Rolandsfigur mit Schwert zeigt.

Der Historiker der Bismarck-Stiftung, Ulf Morgenstern, glaubt dagegen, dass die Statue als historisch kontextualisierter Lernort die Chance biete, die in ihrer martialischen Bildsprache fremd gewordene Verehrung für den Gründer des deutschen Nationalstaats zu verstehen. Die besonders kontrovers debattierte Afrika-Konferenz, zu der Bismarck 1884/85 Vertreter europäischer Mächte, aber auch der USA und des Osmanischen Reiches nach Berlin eingeladen hatte, soll Thema einer wissenschaftlichen Tagung der Stiftung sein.

Bismarck-Denkmal: Sanierung für neun Millionen Euro

Auf der Veranstaltung vom 11. bis 14. Juni im Bonner Haus der Geschichte werde es um das eurozentristische Ordnungsdenken der Kolonialmächte und die Perspektiven der davon betroffenen Afrikaner gehen, sagt Morgenstern.

Nach Abschluss der Renovierung des Denkmals soll die Sanierung des Alten Elbparks vollendet werden. Das könnte nach Angaben des Senats noch ein Jahr dauern. Die Kosten für die Sanierung des Denkmals werden mit rund neun Millionen Euro veranschlagt.

Den größten Teil davon trägt der Bund. Die Auffrischung der Grünanlage soll 6,5 Millionen Euro kosten. Für den künstlerischen Wettbewerb und die damit verbundenen Veranstaltungen gibt Hamburg 250.000 Euro aus.