Hamburg. Der Hamburger manipulierte, dominierte und packte seine Opfer. Sein Ziel: Sex. Das jüngste Opfer war erst 15 Jahre alt.

Sie leiden unter Schlafstörungen. Sie trauen sich kaum noch aus dem Haus. Für vier der jungen Frauen, die Manuel F. (alle Namen geändert) begegnet sind, hat sich das Leben zum Schlechten gewendet. Dabei hatte der 25-Jährige sich als Glücksbringer ausgegeben. Als jemand, der ihnen als Modelagent oder Musikagent zu einer Karriere verhelfen kann, der ihnen guttut.

Doch der Hamburger hatte nur eins im Sinn: sein eigenes Wohlbefinden. Er wollte Sex.Und dafür manipulierte, dominierte, packte er seine Opfer. Das jüngste von ihnen war erst 15 Jahre alt. Jetzt verurteilte das Landgericht Manuel F. zu insgesamt fünf Jahren Freiheitsstrafe unter anderem wegen Vergewaltigung, sexueller Nötigung und Körperverletzung.

Prozess Hamburg: Angeklagter gab sich als Model- und Musikagent aus

Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Hamburger sich in der Zeit zwischen April 2021 und August vergangenen Jahres an vier Opfern verging. Der Angeklagte habe in seinem letzten Wort ausgedrückt, dass ihm seine Handlungen leidtäten, weil er dadurch unter anderem die Beziehung zu seiner Freundin verloren habe, sagte der Vorsitzende.

Er habe vermisst, so der Richter an die Adresse des 25-Jährigen, dass Manuel F. auch Mitgefühl mit den Opfern bekunde. „Es geht immer nur um Sie!“ Die Opfer waren junge Frauen wie beispielsweise Anne M. Laut Anklage sprach Manuel F. die damals 21-Jährige im Nachtbus an und gab sich als Musikproduzent aus. Es könne ihr „Glückstag werden“, erinnerte sich die junge Frau als Zeugin im Prozess an die Begegnung mit dem Mann. Er habe ihr vorgegaukelt, er sei auf der Suche nach Talenten und könne ihre Karriere fördern.

Opfer des falschen Modelagenten: „Ich traue mich nicht mehr rauszugehen“

Nachdem sie gemeinsam den Bus verlassen hätten, habe er ihr in einem Gespräch mitgeteilt, sie müsse sich vergewaltigen lassen, um ihre größte Angst zu überwinden. Sie solle ihre „Komfortzone verlassen“. Danach habe sie „auf einmal nackt auf der Straße gestanden“.

Sie habe sich „wie hypnotisiert gefühlt. Ich war nicht mehr Herr meiner Sinne.“ Dann habe er sie unvermittelt am Hals gepackt und gewürgt, sodass ihr das Atmen schwergefallen sei. Schließlich habe sie entkommen können. Bis heute sei sie „sehr traumatisiert“, hatte die junge Frau erzählt. Und: „Ich traue mich nicht mehr rauszugehen.“

Prozess Hamburg: 15-Jährige musste sexuelle Praktiken an ihm ausüben

Junge Frauen nach ihren beruflichen Träumen aushorchen und sich dann quasi als Heilsbringer gerieren: Das war die perfide Masche von Manuel F., der die Opfer zunächst auf den Leim gingen. Eine hatte er als Erstes nach ihrer bevorzugten Musikrichtung befragt, dann das Gespräch darauf gebracht, dass sie in der Branche Karriere machen wolle. Zwei anderen gaukelte er jeweils vor, er sei Modelagent und könne sie in der Szene unterbringen. Doch zuvor müssten sie sexuelle Handlungen an ihm vornehmen beziehungsweise sich von ihm sexuelle Handlungen gefallen lassen.

Dabei hatte eine Zeugin unter anderem erzählt, wie Manuel F. sie teils manipuliert, zugleich aber auch extrem eingeschüchtert habe. Gegenüber der 15-Jährigen, einer Jugendlichen mit einer Sprachstörung, hatte sich Manuel F. als Psychologiestudent ausgegeben, der sie „heilen“ könne. Dazu müsse sie allerdings Grenzen überwinden, die darin bestehen sollten, dass sie bestimmte sexuelle Praktiken an ihm ausübe – volle zehn Minuten lang.

Falscher Modelagent verurteilt – Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert

Zunächst ließ sich die Jugendliche darauf ein, bekundete dann aber laut ihrer Aussage sehr deutlich, dass sie nicht mehr wolle. Doch dies habe der Angeklagte ignoriert und sie zum Weitermachen genötigt. Zu diesem Fall hatte Manuel F. im Prozess behauptet, er habe geglaubt, die Jugendliche wolle die sexuellen Handlungen.

„Wie Sie auf diese Idee kommen, ist mir ein Rätsel“, sagte der Vorsitzende Richter dazu. Auch die Einlassung des Angeklagten, er habe die Jugendliche für 18 oder 19 gehalten, nahm das Gericht ihm nicht ab. „Wir halten das für eine Schutzbehauptung.“

Mit dem Urteil folgte die Kammer im Wesentlichen dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die für die vier Fälle eine Freiheitsstrafe von insgesamt fünfeinhalb Jahren beantragt hatte. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Ganz im Sinne von Manuel F., der sich im Wesentlichen darauf berufen hatte, die Frauen seien ihm freiwillig sexuell zu Diensten gewesen.

Prozess Hamburg: Gericht geht von dissozialer Persönlichkeitsstörung aus

Wie er es missverstanden haben könne, wenn ein Opfer ihm klipp und klar gesagt habe: „Ich will das nicht“, das sei für die Kammer nicht nachvollziehbar, betonte der Vorsitzende Richter. Wenn sich eine Frau versucht habe, sich ihm zu entziehen, „dann waren das eindeutige Signale, die auch Sie erkannt haben“.

Zwar geht das Gericht davon aus, dass bei dem Angeklagten eine dissoziale Persönlichkeitsstörung vorliegt, aber seine Steuerungsfähigkeit sei bei den Taten nicht eingeschränkt gewesen. Manuel F. sei stets „planvoll vorgegangen“, habe die Opfer teilweise über Stunden in Gespräche verwickeln, ihr Vertrauen gewinnen und sie manipulieren können. Sein Ziel sei stets gewesen: „Sie wollten intime Handlungen.“