Hamburg. Mit einer perfiden Masche soll ein Mann junge Frauen zu sexuellen Handlungen gebracht haben. Der Angeklagte hat eine andere Version.

Es hätte angeblich ihr „Glückstag werden“ sollen. So, wie Anne M. (alle Namen geändert) die Begegnung mit Manuel F. schildert, versprach der 25-Jährige ihr das Blaue vom Himmel: eine Karriere im Musikbusiness und Erfolg.

Doch tatsächlich habe mit dem Treffen dieses Mannes eine quälende Zeit begonnen, die heute noch nicht überwunden scheint. Sie sei „sehr traumatisiert“, erzählt die 22-Jährige. Und: „Ich traue mich nicht mehr rauszugehen.“

Mutmaßlicher Vergewaltiger soll sich als Agent ausgegeben haben

Was nicht nur Anne M., sondern auch weiteren jungen Frauen und Jugendlichen durch Manuel F. angetan worden sein soll, wirkt wie eine besonders perfide Masche, um Opfer zu sexuellen Handlungen zu bringen und sogar Vergewaltigungen verüben zu können. Das ist zumindest der Tenor der Anklage, die den Hamburger jetzt wegen Freiheitsberaubung, Vergewaltigung und Körperverletzung vor das Landgericht gebracht hat.

Den Ermittlungen zufolge hat sich Manuel F. zwischen März 2021 und August vergangenen Jahres gegenüber jungen Frauen wahrheitswidrig als Model- oder Musikagent ausgegeben, der auf der Suche nach Talenten sei. Auf diese Weise habe er sich das Vertrauen der zwischen 15 und 22 Jahre alten Opfer erschleichen wollen, um dann gegen ihren Willen sexuelle Handlungen vorzunehmen zu können – oder an sich vornehmen zu lassen.

Angeklagter bestreitet, Frau gewürgt zu haben

So soll es unter anderem am 28. April vergangenen Jahres mit Anne M. gewesen sein. Laut Anklage sprach Manuel F. die damals 21-Jährige im Nachtbus an und gab sich als Musikproduzent aus. Nachdem sie gemeinsam den Bus verlassen hätten, habe er ihr in einem Gespräch mitgeteilt, sie müsse sich vergewaltigen lassen, um ihre größte Angst zu überwinden. Dann soll er Anne M. unvermittelt am Hals gepackt und gewürgt haben.

Der Angeklagte, ein Mann mit dunklem Haar und leicht fülliger Statur, schildert die Begegnung mit Anne M. eher als Mischung aus Spaß und Missverständnis. Ja, er habe eine falsche Berufsbezeichnung genannt, erzählt der 25-Jährige. „Es war aus Spaß heraus. Ich dachte nicht, dass sie das ernst nimmt.“

Sie hätten ein „gutes Gespräch“ geführt, in dem die junge Frau ihre Ambitionen geschildert habe, Musikerin zu werden und „groß rauszukommen“. Die Vorwürfe aus der Anklage träfen aber nicht zu. „Auch habe ich niemanden gewürgt und am Hals gepackt.“

Frau traf mutmaßlichen Vergewaltiger im Bus

Nach Darstellung von Anne M. war die Begegnung mit Manuel F. zunächst eher holperig. Nachdem der Mann sie nachts im Bus angesprochen und gesagt habe, dass „heute ihr Glückstag“ sei, habe sie ihn gefragt: „Ich hoffe, du bist kein Vergewaltiger!“ Daraufhin habe er gelacht.

Als sie ihm erzählte, dass sie sich eine Karriere in der Musikbranche erhofft, habe er gesagt, sie könne ihren Traum nur unter bestimmten Voraussetzungen verwirklichen. Sie hätten „über Mut gesprochen“ und dass man seine „Komfortzone verlassen“ müsse. „Ich müsse mich vergewaltigen lassen, um meine Ängste zu überwinden.“ Danach habe sie „auf einmal nackt auf der Straße gestanden“.

Sie habe sich „wie hypnotisiert gefühlt. Ich war nicht mehr Herr meiner Sinne.“ Doch sie erinnere sich, dass der Mann sie „gewürgt und geschüttelt“ habe. Später sei sie weggelaufen. Als sie sich am nächsten Tag einer Freundin anvertraute, habe diese ihr geraten, sie solle Anzeige erstatten, um zu verhindern, dass es weitere Opfer gebe.

Junge Frauen wie beispielsweise eine 16-Jährige, die den Ermittlungen zufolge ebenfalls von Manuel F. sexuell missbraucht worden sein soll. An jenem 14. Mai vergangenen Jahres habe sich der Angeklagte in der Bahn als Modelscout Samuel vorgestellt, so die Anklage. Schließlich habe er ihr immer intimere Fragen gestellt. Als sie sich von ihm verabschieden wollte, habe er sie gepackt, sie gegen ihren Willen auf den Mund geküsst und schließlich sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen.

Einer 15-Jährigen soll er vorgespiegelt haben, er sei Psychologiestudent und könne sie von einer Sprachstörung befreien – wenn sie ihm sexuell zu Diensten sei. Der Prozess ist auf zunächst vier Verhandlungstage bis zum 17. April angesetzt.