Hamburg. Mann steuerte die Baggerschute bei Sturmflut mit 1,5 Promille unter Freihafenelbbrücke. Bergung war sehr aufwendig. Das Urteil.
Es herrschte Sturmflut. Das Elbwasser war zu hohen Wellen aufgepeitscht. Und in dieser gefährlichen Situation setzte sich ein Schiffsführer mit seiner Baggerschute in Bewegung, der auch unter besten äußeren Bedingungen kein Schiff hätte lenken dürfen.
Jakob N. (Name geändert) hatte 1,5 Promille, als er am Steuer des Schiffs einen Unfall baute. Er war nur einen kurzen Weg gefahren, vier Minuten etwa vom Kirchenpauerkai, als die Baggerschute unter seiner Führung am 29. Januar vergangenen Jahres unter die Freihafenelbbrücke geriet und dort für eine heftige Kollision sorgte.
Prozess Hamburg: Ex-Kapitän bereut Schiffsunglück – „Endpunkt von Sauferei“
Jetzt hat der Unfall sein juristisches Nachspiel. Der 45 Jahre alte Kapitän muss sich wegen gefährlichen Eingriffs in den Schiffsverkehr vor dem Amtsgericht verantworten. Der Unfall wäre bei der nötigen Sorgfalt vermeidbar gewesen, heißt es in der Anklage gegen den Mann. Laut Staatsanwaltschaft war nicht nur der Schiffsführer selber alkoholisiert und deshalb fahruntüchtig, auch der Decksmann soll erheblich getrunken haben.
Die Kollision hatte seinerzeit gravierende Folgen. Das Schiff klemmte unter der Freihafenelbbrücke fest. Es entstand erheblicher Sachschaden – allein an der Brücke in Höhe von 460.000 Euro. Darüber hinaus war die Schute massiv beschädigt, laut damaligen Schätzungen fielen Reparaturkosten von fast 300.000 Euro an, nachdem allein das Führerhaus komplett zerstört wurde. Und die Bergung schlug laut Anklage im Prozess mit weiteren 21.000 Euro zu Buche.
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Weil der Wasserpegel damals wegen der Sturmflut immer weiter anstieg, wurde das Schiff immer stärker gegen die Brücke gedrückt. Um es zu befreien, setzte die Hamburg Port Authority Schlepper ein. Auch Polizei und Feuerwehr beteiligten sich an der Bergung. Der Schiffsführer und der Decksmann mussten über Leitern von der Schute gerettet werden.
Wenn Schiffsführer Jakob N. heute über das Unglück spricht, klingt tiefstes Bedauern mit. „Für mich ist klar, dass ich auf einem Schiff nichts mehr zu suchen habe“, sagt der 45-Jährige und blickt zerknirscht drein.
Der von ihm verschuldete Unfall sei „unglaublich“. Er habe damals regelmäßig Alkohol getrunken, mit der Kollision, die er zu verantworten habe, sei der „Endpunkt von der Sauferei“ erreicht gewesen. „Ich will mein Leben um 180 Grad ändern.“
Angeklagter will Leben „um 180 Grad ändern“
Ein Urteil, das das Gericht mit einem Strafbefehl, also einer schriftlichen Entscheidung aufgrund der Aktenlage und ohne Beweisaufnahme, gefällt hat, will der Vater eines Sohnes im Wesentlichen akzeptieren. 60 Tagessätze zu à 100 Euro hatte die Entscheidung des Amtsrichters gelautet. Allein die Tagessatzhöhe, die sich am Einkommen orientiert, erscheint dem Angeklagten zu hoch.
Die Anzahl der Tagessätze von 60 entspreche umgerechnet zwei Monatsgehältern, erläutert der Richter hierzu. Bei der Schwere der Tat, bei 1,5 Promille am Schiffsruder und dem „erheblichen Schaden würden Sie bei mir weniger als zwei Monatsgehälter auch nicht bekommen“.
Ehemaliger Kapitän machte stationäre Alkohol- und Drogentherapie
Also wird nach dem Einspruch, den der Angeklagte gegen den Strafbefehl eingelegt hat, jetzt vor Gericht nur noch über die wirtschaftlichen Verhältnisse von Jakob N. gesprochen. Seinen Job als Kapitän ist er los, sein Chef hatte ihn nach dem Unfall sofort entlassen. Monatelang begab sich der nun arbeitslose Mann in eine stationäre Alkohol- und Drogentherapie.
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Dann folgte über lange Zeit eine ambulante Therapie an vier Tagen in der Woche. Jetzt geht er weiter stundenweise zur Behandlung. „Das kann unter Umständen so weitergehen bis an mein Lebensende“, sagt Jakob N.
Eine Vorstrafe wegen des Besitzes von Cannabis und Kokain lässt vermuten, dass der 45-Jährige nicht nur ein Problem mit Alkohol hat. Doch er habe sich jetzt im Griff, meint der Angeklagte. Seit mehr als zehn Monaten habe er keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt. Auch sonst arbeite er an sich selbst.
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Am Ende wird das Urteil abgemildert, orientierend an dem Arbeitslosengeld, das Jakob N. im Monat zur Verfügung hat, lautet es nun auf 60 Tagessätze zu à 45 Euro, insgesamt 2700 Euro. Diese Entscheidung nimmt der Angeklagte sofort an. „Mein Eindruck ist, als hätten Sie Ihre Lektion wirklich gelernt“, gibt der Amtsrichter dem 45-Jährigen mit auf den Weg. Er wünsche dem Mann alles Gute.
Das kann Jakob N. offenbar gut gebrauchen. Auf die Frage von Journalisten nach der Verhandlung, wie es mit den Kosten sei, die durch seinen Unfall entstanden seien, winkt er ab. Bei ihm selber dürfte nicht viel zu holen sein. Und sein früherer Arbeitgeber? „Der redet nicht mehr mit mir.“