Hamburg. Zeuge sollte 2013 mit Angeklagtem die Tote beseitigen. Dabei entdeckte er eine Notiz – und hatte Angst um sein Leben.

Von einer „Leiche im Gebüsch“ ist die Rede. Von einer Frau, die wohl geahnt haben muss, dass ihr Leben in Gefahr ist. Und von einem Mann, der nach einem Mord womöglich nicht davor zurückscheut, auch noch einen zweiten Menschen zu töten.

Wer Georgi R. (alle Namen geändert) bei seiner Zeugenaussage erlebt, hört viel über Verbrechen, über Angst und Gewalt. Man erlebt einen Mann, der den Angeklagten in einem Totschlagsprozess um einen früheren Cold Case erheblich belastet.

Leichenteile in Elbe: Opfer verfasste Zettel mit Botschaft

Man erlebt aber auch, dass eben jener Zeuge bei seiner Schilderung extrem emotional ist, dass er offenbar einen tiefen Groll gegen den Angeklagten hegt. Und dass er von dem Angeklagten behauptet, dieser habe sein Leben zerstört.

Es ist der zweite Verhandlungstag im Prozess um ein Verbrechen, das Polizei und Justiz seit nunmehr rund zehn Jahren beschäftigt. Im März 2013 verschwand Nargis S. spurlos. Lange Zeit blieb das Schicksal der 29-Jährigen ungeklärt, doch es bestand schon früh der Verdacht, dass sie umgebracht worden sein könnte – womöglich von einem Mann, mit dem sie angeblich ein Verhältnis hatte.

Angler findet Leichenteile in Wilhelmsburger Dove Elbe

Doch weil es keine Leiche gab, wurde der Verdächtige Mehmet L. nicht vor Gericht gestellt. Erst nachdem ein Angler im Januar dieses Jahres einen skelettierten Fuß aus der Wilhelmsburger Dove Elbe gefischt hatte und dann von Tauchern eine Tote geborgen wurde, die als Nargis S. identifiziert wurde, kam es zum Prozess gegen den 44-Jährigen.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann Totschlag vor. Die Anklage geht davon aus, dass Mehmet L. die junge Frau erwürgt hat, weil sie gedroht habe, seine Familie über ihr außereheliches Verhältnis zu informieren.

Zeuge sollte mit Angeklagtem Leiche beseitigen

Schon früher war Georgi R. jener Mann, der den heutigen Angeklagten mit seiner Aussage erheblich belastet hat. Und jetzt bei seinem Auftritt als Zeuge im Prozess vor dem Schwurgericht erzählt der 34-Jährige, Mehmet L. habe ihm seinerzeit verraten, Nargis S. erwürgt zu haben.

Der Familienvater habe ihn ins Vertrauen gezogen, weil er Hilfe dabei gebraucht habe, die Leiche der jungen Frau zu beseitigen. Nachdem sie eine Weile mit dem Auto unterwegs gewesen seien, habe Mehmet L. die Tote in einem Gebüsch abgelegt.

Leichenteile in Elbe: Opfer verfasste Zettel mit Botschaft

Bei der Leiche habe er dann, so der Zeuge, einen Zettel entdeckt. Darauf habe Nargis S. notiert: „Wenn etwas mit mir passieren sollte“, sei Mehmet L. schuld. Und auch er selber, schildert Georgi R. weiter, habe sich darum gesorgt, ob er mit heiler Haut davonkomme – oder ob Mehmet L. ihn womöglich als Mitwisser ebenfalls beseitigen würde.

„Ich dachte, dass er eine doppelte Tötung machen will“, sagt der Zeuge mit Blick auf den Angeklagten. Also habe er sich seinerzeit, bevor er mit Mehmet L. wegfuhr, noch einem Kumpel anvertraut. „Wenn ich in einer Stunde nicht zurückkomme“, habe er seinem Bekannten gesagt, solle dieser Mehmet L. fragen, was passiert sei.

Zeuge hatte Angst vor Angeklagtem – und verließ Deutschland

Auch später habe er sich noch vor dem 44-Jährigen gefürchtet und habe deshalb Deutschland verlassen, sei zunächst in sein Heimatland Bulgarien zurückgekehrt, dann aber auf der Flucht noch durch mehrere weitere Länder gereist.

Stets habe er Sorge gehabt, ob Mehmet L. ihn umbringen lassen wolle. „Er hat immer ermittelt, wo ich bin und was ich mache.“ Der Prozess wird fortgesetzt.