Untreue, Betrug und Urkundenfälschung in 121 Fällen? Heute beginnt der Prozess gegen den Ex-Partner von Justizsenatorin Anna Gallina.
- Michael Osterburg steht ab dem 19. April 2023 vor dem Landgericht Hamburg
- Der ehemalige Chef der Grünen-Fraktion in Mitte muss sich in 121 Fällen verantworten
- Es geht um Untreue, teilweise in Tateinheit mit Betrug und Urkundenfälschung
- Auch Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina stand in der Causa lange im Fokus
- Mit der Parteifreundin war Osterburg lange liiert, sie haben ein gemeinsames Kind
Hamburg. Jetzt wird es ernst für den früheren Hamburger Grünen-Politiker Michael Osterburg. Vom heutigen Mittwoch an muss sich der 55-Jährige vor einer Großen Strafkammer des Landgerichts wegen gewerbsmäßiger Untreue, teilweise in Tateinheit mit Betrug und Urkundenfälschung, verantworten. Angeklagt sind 121 Fälle. Als damaliger Vorsitzender der Grünen-Fraktion im Bezirk Hamburg-Mitte soll er zwischen 2015 und 2019 in erheblichem Umfang Geldmittel der Fraktion für private Zwecke verwendet haben. Die Anklage geht von vereinnahmten Beträgen in Höhe von knapp 33.000 Euro aus. Angesetzt sind zunächst neun Verhandlungstage.
Der frühere Lebensgefährte von Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) soll sich private Ausgaben wie Bewirtungs- und Kinderbetreuungskosten zu Unrecht aus der Fraktionskasse erstattet haben lassen. Unter anderem soll er auch Kontoabbuchungen zu seinen Gunsten vorgenommen und grundlos Reise- und Mietwagenkosten über die Fraktion abgerechnet haben, so die Staatsanwaltschaft. Osterburg hatte sich nach ihren Angaben während der Ermittlungen nicht zu den Vorwürfen geäußert.
Auch Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) wurde befragt
Gallina sei in der Hauptverhandlung vorerst nicht als Zeugin geladen, teilte das Gericht mit. Die Senatorin war von der Staatsanwaltschaft während der Ermittlungen befragt worden. Dabei habe sich „kein zureichend tatsächlicher Anhaltspunkt“ für eine strafrelevante Beteiligung ergeben, hieß es später.
Seitens der Grünen war in der Vergangenheit der Vorwurf zurückgewiesen worden, dass Gallina von der mutmaßlichen Veruntreuung von Geldern gewusst habe. Sie selbst hatte nach Bekanntwerden der Ermittlungen betont, dass es wichtig sei, „dass die erheblichen strafrechtlichen Vorwürfe gegen Herrn Osterburg aufgeklärt werden“. Gallina und Osterburg, die ein gemeinsames Kind haben, sind seit Herbst 2019 getrennt.
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Neben Gallina hatte die Staatsanwaltschaft in der Anklage 161 weitere Zeugen benannt. Im Laufe der Ermittlungen waren Tausende Quittungen und Belege vom Landeskriminalamt überprüft worden. Die Aktenordner füllten laut Staatsanwaltschaft sieben Kartons. Einige Details wurden bekannt: etwa ein offensichtlich privates, aber von Osterburg über die Fraktion abgerechnetes „Hummer-Essen“ für 250 Euro auf Malta, bei dem auch Gallina anwesend war, oder der Kauf von 40 roten Rosen.
Anklage Untreue – Grüne im Bezirk Mitte zeigten früheren Chef an
Ins Rollen gebracht worden waren die Ermittlungen von der 2019 neu gewählten Bezirksfraktion der Grünen in Mitte. Nach ihrer Amtsübernahme im Juni 2019 waren Unregelmäßigkeiten bei den Finanzen der Fraktion aufgefallen. Im April 2020 erstattete die Bezirksfraktion selbst Anzeige gegen ihren früheren Vorsitzenden Osterburg. Dieser war bei den Wahlen 2019 nicht erneut angetreten, nachdem er eine Niederlage im Kampf um einen Listenplatz erlitten hatte. Sein Nachfolger als Fraktionschef wurde Manuel Muja, einst ein enger Vertrauter Osterburgs. Letzterer zog sich anschließend aus der Politik zurück. Mittlerweile ist er auch aus der Grünen-Partei ausgetreten.
Die vereinnahmten Beträge in Höhe von knapp 33.000 Euro betrafen unter anderem Bewirtungen, denen der Angeschuldigte wahrheitswidrig fraktionsbezogene Anlässe beimaß, tatsächlich nicht entstandene Kinderbetreuungskosten und privat angeschaffte Gebrauchsgegenstände, heißt es nun. Laut Anklage nahm Osterburg darüber hinaus verschiedene Kontoabbuchungen zu seinen Gunsten vor und ließ sich grundlos Reise- und Mietwagenkosten von der Fraktion erstatten.