Hamburg . 32-Jährige soll ihren Ex aus verschmähter Liebe fast umgebracht haben. Doch vor Gericht schildert sich die Angeklagte selbst als Opfer.

Aus verschmähter Liebe soll Ayla E. (Name geändert) ihren Ex-Freund beinahe umgebracht haben. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft ging die 32-Jährige am 12. Mai mit ihrem Klappmesser im Karoviertel auf den gleichaltrigen Müslüm C. los und fügte ihm lebensgefährliche Verletzungen zu. Seit Dienstag steht sie wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht.

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Genau andersherum schilderte Ayla E. die Tat dem Gericht, Tenor: Sie sei hier das Opfer. Die sichtlich aufgewühlte Angeklagte erzählte, dass sie am Abend des 12. Mai mit ihrer Freundin Begüm U. zur Wohnadresse ihres Ex-Partners an der Markstraße gefahren sei, um ihn „wegen seiner Lügen“ zur Rede zu stellen. Damit gemeint war offenbar, dass der 32-Jährige Begüm U. schöne Augen machte, während er gleichzeitig die Angeklagte umwarb und sogar Hochzeitspläne schmiedete.

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  • Als sie ein lautes Poltern aus dem Treppenhaus gehört habe, das für sie geklungen habe wie ein „wütendes Stampfen“, habe sie sich in einer Einfahrt versteckt, sei dort aber schnell von Müslüm C. entdeckt worden. „Er kam sofort auf mich zu, schlug mir mit der flachen Hand ins Gesicht“, sagt die Angeklagte. Sie sei zusammengesackt. Als Müslüm sie an den Haaren zog und weiter auf den Kopf schlug, habe sie ihn mit Pfefferspray besprüht. Losgelassen habe er sie nicht.

    Die Frau soll im Mai ihren Ex-Lebensgefährten auf der Marktstraße mit einem Messer verletzt haben.
    Die Frau soll im Mai ihren Ex-Lebensgefährten auf der Marktstraße mit einem Messer verletzt haben. © Michael Arning

    Prozess Hamburg: Frau soll Ex aus verschmähter Liebe fast getötet haben

    Im weiteren Verlauf sei vor ihr ein „Messer auf den Gehweg gefallen“, so die Angeklagte. „Es war nicht meins, es muss Müslüms gewesen sein.“ Sie habe nach dem Messer mit der linken Hand gegriffen, in der rechten das Pfefferspray. Müslüm habe sie am Arm gepackt, während sie weiter gesprüht habe. Sie habe „keinen Stich bewusst geführt“, so Ayla E. Als sich sein Griff gelockert habe, habe sie das Messer nicht mehr in der Hand gehabt.

    In diesem Moment sei auch Müslüms Mutter – beide leben in der Wohnung an der Markstraße – auf die Straße gelaufen. „Sie beschimpfte mich, kam mit erhobener Hand auf mich zu“, sagt Ayla E. Da habe sie auch die Mutter mit Pfefferspray besprüht.

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    Müslüm C. und seine Mutter Elif B. sind Nebenkläger in dem Verfahren. Dem Abendblatt hatte Müslüm C., der damals nur dank einer Notoperation überlebte, erzählt, dass Ayla E. ihm über Monate nachgestellt habe. Dass er den Kontakt abgebrochen habe, sie das aber nicht habe akzeptieren wollen. Und dass er geplant habe, sie wegen Stalkings bei der Polizei anzuzeigen. Bereits vor drei Jahren hatte ein anderer Mann die 32 Jahre alte Angeklagte deshalb gemeldet.

    Müslüm C.  verlor nach dem Messerangriff am Abend des  12. Mai sehr viel Blut. Polizisten sicherten Spuren im Karoviertel.
    Müslüm C. verlor nach dem Messerangriff am Abend des 12. Mai sehr viel Blut. Polizisten sicherten Spuren im Karoviertel. © HA | Michael Arning

    Ein Fingerzeig auf diesen sehr speziellen Aspekt des Falls lieferte am Donnerstag die Verteidigung der 32-Jährigen: In der Kommunikation mit Müslüm C. sei Ayla E. wegen dessen vorheriger Kränkungen vielleicht „übers Ziel hinausgeschossen“. Der Prozess wird fortgesetzt. Am 11. November soll das Opfer aussagen.