Hamburg. Zum Start der Modellbautage kritisiert Peter Tamm junior Pläne für ein neues Hafenmuseum. Agieren der Stadt sei eine „Sauerei“.

Eine steife Brise weht von der Elbe und treibt dunkle Wolken über die omnipräsenten Backsteinfassaden. Peter Tamm und Jan Tersteegen stehen ohne Mäntel auf einer Fußgängerbrücke und sehen vergnügt und überhaupt nicht zerzaust aus. Die beiden Vorstände des Internationalen Maritimen Museum Hamburg sind kräftigen Wind gewöhnt – auch wenn er mal direkt von vorn kommt.

Wenn an diesem Freitag die Schiffsmodellbautage in dem im Jahr 2008 eröffneten Museum starten, werden wieder Tausende in das Haus an der Koreastraße strömen und eine weitere Sonderausstellung bestaunen. Mehr als 70 Aussteller aus sieben Ländern, Einzelpersonen und ganze Clubs, präsentieren dann Miniaturen ihrer maritimen Leidenschaft. Zu sehen sein werden unter anderem Schiffsmodelle aus Griechenland Österreich, den Niederlanden und Großbritannien. Rund 1200 Werke aller möglichen Sparten und Formate sind vertreten – von winzig klein bis zu mehr als drei Metern Länge.

Wie Peter Tamms um das Maritime Museum Hamburg kämpft

Ausstellungen wie diese zeigen, dass das Museum im Orchester der Hamburger Sehenswürdigkeiten nach wie vor eine wichtige Größe ist. Die internationalen Verbindungen, die ja in seinem Namen manifestiert sind, bestehen nicht nur, sondern sie werden laufend vertieft und erweitert. Das Haus ist fit für die Zukunft, wenngleich der Weg dorthin sich nicht immer leicht gestaltet.

Das Internationale Maritime Museum im ehemaligen Kaispeicher in der HafenCity.
Das Internationale Maritime Museum im ehemaligen Kaispeicher in der HafenCity. © picture alliance / Global Travel Images

Peter Tamm und Jan Tersteegen sitzen genau in dem Büro, das zuvor der Museumsgründer genutzt hatte, dessen umfangreiche private Sammlung in dem Museum aufgegangen ist: Peter Tamm Senior. Im Raum ist noch schwach ein Hauch vom Zigarrenduft des passionierten Havanna-Rauchers zu bemerken, auf einem Sideboard liegt der alte Aktenkoffer des „Admirals“.

150.000 Besucher kommen jährlich ins Maritime Museum

„Als das Museum damals in Public-Privat-Partnership errichtet wurde, waren alle begeistert“, sagt Peter Tamm Junior. „Die Stadt hatte im Handumdrehen eine neue Attraktion, die Einheimische wie Touristen gleichermaßen begeistert und Hamburgs internationalen Renommee gut tut.“

Jan Tersteegen rechnet vor, dass von den rund 150.000 jährlichen Besuchern ein Drittel aus dem deutschsprachigen Raum außerhalb Hamburgs und eines aus dem internationalen Ausland kommt – inklusive China und Australien. Rathaus-Politiker schmückten und schmücken sich gerne mit dem Museum – zumindest, wenn sie es berühmten Gästen wie dem britischen Kronprinzen William und seiner Frau Kate zeigen können.

Hegen und pflegen und nach Kräften unterstützen müsste die Stadt das Museum – so wie sie es mit ihren aufwändig finanzierten und vor allem subventionierten vergleichbaren öffentlichen Einrichtungen auch tut, finden die beiden Museumsvorstände. Doch pfleglich behandelt fühlen sich Tamm und Tersteegen von der Stadt schon länger nicht mehr.

Anlass für ihren Unmut ist deren Einsatz für das geplante Hafenmuseum. Peter Tamm wird deutlich: „Wir empfinden es als Sauerei, was da bislang gelaufen ist“, sagt der sonst so jovial auftretende Unternehmer. Eine „Riesenkonkurrenz“ für ein gut etabliertes und durchfinanziertes Museum werde „quasi in Sichtweite“ geplant, eine Konkurrenz, „die niemand braucht“.

Es müsse die Frage gestellt und öffentlich diskutiert werden, inwieweit ein solches Museum überhaupt noch sinnvoll ist“, befindet Tamm, der demonstrativ von einem zusätzlichen Hafenmuseum spricht. Da seien zum einen die zwangsläufigen inhaltlichen Überschneidungen, die Besucherinnen und Besucher auf Dauer langweilen und so letztlich beiden Häusern schaden würden.

Tamm befürchtet einen "Overkill an Maritimen" in Hamburg

Tamm befürchtet einen „Overkill an Maritimem“, der langfristig nur schaden werde. Zum anderen müsse sich zeigen, ob die Finanzierung des neuen Hafenmuseums angesichts explodierender Energiepreise und der sich beschleunigenden Inflation überhaupt möglich gemacht werden könne. Angepeilt wird eine Eröffnung, wie berichtet, für das Jahr 2029, doch der Zeitplan ist wackelig und die kalkulierten Kosten unklar. „Wer weiß, was bis dahin sein wird“, sagt Tamm „und man muss ja in der heutigen Zeit leider mit allem rechnen.“

Das Internationale Maritime Museum sei dagegen quasi ein Fels in der Brandung der Elbe. Immer wieder betonen Tamm und Tersteegen in diesem Zusammenhang, wie schnell ihr privates Haus auf die Anforderungen reagieren kann, die Krisen und die damit verbundenen wirtschaftspolitischen Vorgaben mit sich bringen. Auch aufgrund dieser Flexibilität sei das Maritime Museum vergleichsweise gut durch die Lockdowns der Coronazeit gekommen.

Internationales Maritimes Museum: Eine Million Dokumente digitalisiert

Die aktuellen Auflagen zum Energiesparen seien innerhalb eines Tages ohne Probleme umgesetzt worden, auf sich abzeichnende weitere Auflagen vom Beginn der Heizperiode an sei das Museum vorbereitet. Renovierungsarbeiten gelängen mithilfe der Haustechniker „in Rekordzeit“, und die Digitalisierung von mehr als einer Million Dokumente, darunter 50.000 Fotos sei genau im vorgegebenen Zeitrahmen abgeschlossen worden.

Das Museum sei im Übrigen auch eine Forschungsstätte und stehe als solche mit vielen internationalen Häusern im „partnerschaftlichen Kontakt“. „So etwas entwickelt sich im Laufe von Jahrzehnten durch harte Arbeit und ständig wachsendes Vertrauen “, sagt Peter Tamm, „das fällt einer musealen Einrichtung nicht mal eben so zu.“ Das Internationale Maritime Museum will sich künftig noch stärker europaweit vernetzen, und nicht nur symbolisch stehe das Schiff dabei Pate.

„Ohne Schiffe hätte es nie Verbindungen zu anderen Kontinenten geben können“, sinniert Peter Tamm und deutet in Richtung Elbe. „Das wird auf der ganzen Welt so gesehen und da müssen wir weiter anknüpfen.“ Demnächst wird es im Maritimen Museum als Neuerung auch einen Simulator für Kinder geben, in dem die kleinen Besucher nachempfinden können, wie es ist, ein Schiff zu steuern und auf Kurs zu halten.

Idee für Modelltage wurde spontan entwickelt

Einen weiteren Beitrag zur Attraktivitätssteigerung werden nun also die Modellbautage leisten. Die Idee dazu entwickelte sich aus einem Gespräch zwischen Peter Tamm und dem langjährigen Journalisten Frank Ilse, der seit Jahren passionierter Modellbauer ist. Ilse fasste sich während der Unterredung ein Herz: Wann es denn endlich die erste Ausstellung für Schiffsmodelle im Museum geben werde, wollte er vom Museumsvorstand wissen. Die Idee kam an. „Man kann mit mir offen über solche Vorschläge sprechen“, sagt Peter Tamm, „ich bin da ganz unkompliziert. Nur nicht drumherum reden. Das habe ich von meinem Vater.“

Die Zusage folgte prompt. Über die neue Ausstellung solle die ganze Vielfalt dieses weit verbreiteten Hobbys der Öffentlichkeit präsentiert werden, so Tamm. Auch das sei im Sinne seines Vater gewesen „denn es war immer seine Intention, mit dem Museum einen Ort zu schaffen, an dem sich Menschen für das Thema Seefahrt begeistern und das Leben auf dem Meer in all seinen Facetten erfassen können. Ob es dabei nun um kleine oder große Schiffe geht, ist doch ziemlich gleich.“

Und warum auch nicht? Immerhin wurde der Grundstock zu Peter Tamms legendärer Sammlung ja auch mit einem Miniatur-Modellschiff gelegt – auch wenn es kein selbst gebautes war: Das Mini-Küstenmotorschiff aus dem Alten Land schenkte Mutter Margarethe Tamm ihrem Sohn Peter 1934 als dieser krank im Bett lag.

Ein kleiner Anfang, aus dem sich eine weltbekannte Sammlung entwickelte. Zu sehen gibt es an diesem Wochenende historische Schiffe aus Holz und Kunststoff sowie Kartonmodelle, deren Grundlage Papier und Karton sind.

Hinzu kommen Exponate aus Gießharz und 3-D-gedruckte Unikate. Die Ausstellung erstreckt sich über sieben Etagen im Haus – Decks genannt. Und wer sich sattgesehen hat, kann im Museum viel Vergleichbares finden: Alleine auf Deck neun sind 55.000 Miniaturen zu bestaunen.

Infos zum Internationalen Maritimen Museum Hamburg

Die Internationalen Schiffsmodellbautage sind an diesem Wochenende (Fr, Sa, So), täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Kaispeicher B, Koreastraße 1.

Ein Tagesticket kostet 15 Euro, für alle drei Tage 28 Euro. 3-Tages-Ticket ermäßigt (Rentner, Schüler, Studenten): 20,00 Euro, für Familien (2 Erwachsene + max. 4 Kinder 6-17 Jahre): 59 Euro. 3-Tages-Ticket für Kleinfamilien (1 Erwachsener + max. 4 Kinder 6-17 Jahre): 32,00 Euro.