Hamburg. In einer Sporthalle werden nun auch Fünf- bis Elfjährige geimpft. Experten sehen in dem Piks das beste Mittel gegen die Pandemie.
- Am Donnerstag hat das Kinder-Impfzentrum in der ehemaligen Betriebssporthalle von Gruner + Jahr geöffnet.
- Kinder im Alter zwischen fünf und elf Jahren sollen hier gegen das Coronavirus geimpft werden. Bis zu 500 Kinder könnten pro Tag einen Piks bekommen.
- Der Interesse an einer Spritze ist groß. So lief der Start des Impfzentrums am Donnerstag.
„Eigentlich war es gar nicht so schlimm“, sagt Frida mit einem schüchternen Lächeln, als sie nach etwa 40 Minuten mit ihrer Mutter Anna aus der ehemaligen Turnhalle in der Nähe des Michel kommt. Ganz im Gegenteil, eigentlich sei es dort drinnen sogar richtig nett gewesen. Nur der Piks, der habe natürlich ein ganz kleines bisschen wehgetan. Aber halb so schlimm, schließlich sei sie jetzt endlich geimpft.
Frida aus Ottensen ist eines der ersten Mädchen, die an diesem Donnerstagmorgen in der ehemaligen Betriebssporthalle von Gruner + Jahr, dem neuen Kinder-Impfzentrum im Bezirk Mitte, geimpft worden sind. Sie und ihre Mutter sind erleichtert. So sehr hatten sie es sich gewünscht, noch vor Weihnachten die erste Corona-Schutzimpfung für Frida zu bekommen. „In meiner Klasse bin ich die Erste, die geimpft ist“, sagt Frida.
Corona Hamburg: Kinder-Impfzentrum in Mitte eröffnet
Die achtjährige Charlotte hatte genau um 10 Uhr einen Impftermin, als das Zentrum seine Türen öffnete. „Wir haben eher durch Zufall erfahren, dass wir damit vermutlich wirklich die Ersten waren“, sagt ihr Vater. Beide Eltern hat Charlotte an diesem Morgen begleitet. Im Arm hält sie einen großen weißen Plüschhasen. „Wir haben parallel von der ersten Minute an versucht, uns in das Buchungssystem einzuwählen – und dann hat es auch recht schnell geklappt“, sagt ihre Mutter. Nun geht es nach Hause nach Kirchwerder, zur Schule muss Charlotte an diesem Tag nicht mehr.
Karlotta aus Rissen war an diesem Morgen bereits für zwei Stunden im Unterricht. Sie ist mit ihrem Vater Jan-Philip zum Impftermin gekommen. Auch die Siebenjährige hat ihr kleines Kuscheltier mitgebracht, aber die Spritze noch vor sich und ist deshalb ein wenig aufgeregt. „Eigentlich kannst du auch noch wieder zurück zur Schule“, sagt ihr Vater lachend. Und schiebt nach einer kurzen Pause hinterher: „Vielleicht gehen wir es aber einfach auch ein wenig entspannter an. Schließlich ist das alles heute hier ja schon recht aufregend.“
2500 Corona-Impfungen für Kinder pro Woche möglich
Insgesamt ist die Stimmung in der Schlange vor dem neuen Kinder-Impfzentrum am ersten Tag entspannt. Geduldig warten alle darauf, dass sie aufgerufen werden. Immer drei bis vier Kinder werden dann gemeinsam mit ihren Eltern in die Halle gelassen. Und kommen zumeist eine gute halbe Stunde später wieder heraus. „Drinnen ist alles extrem gut organisiert“, sagt Anna, die Mama von Frida. „Man verliert keine Zeit, alles ist genau durchgetaktet. Und dazu sind alle noch so nett.“
Die Sozialbehörde hat dieses kleine Impfzentrum gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung geplant. Die Spritzen setzen Kinderärzte, die ihre Hilfe angeboten haben. Aus der gesamten Stadt kommen die Ärzte und Schwestern, um Dienste zu versehen. Bis zu 500 Kinder könnten pro Tag einen Piks bekommen. Bei fünf Öffnungstagen in der Woche (Dienstag, Mittwoch, Donnerstag sowie Sonnabend und Sonntag, jeweils von 10 bis 17 Uhr ) könnten so 2500 Impfungen pro Woche vorgenommen werden.
Das klingt erst einmal nach nicht so viel, wenn man die Zahl mit denen des großen Impfzentrums in den Messehallen vergleicht. Aber die Gruppe der Fünf- bis Elfjährigen, für die jetzt der Impfstoff zugelassen wurde, umfasst in Hamburg nur 110.000 Kinder, wie Sozialsenatorin Melanie Leonhard bei einer Begehung des Zentrums Anfang der Woche berichtete.
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In manchen Stadtteilen gibt es einen „regelrechten Run auf Impftermine“
Den Start bezeichnete die Behörde am Donnerstag als gelungen. „Heute hatten wir einen guten Tag im Kinder-Impfzentrum. Es ging schwungvoll los, alle Beteiligten waren guter Stimmung, und wir haben viele Kinder impfen können“, sagte der Behördensprecher Martin Helfrich. Die weiteren Planungen hängen von den Impfstoff-Lieferungen ab: „Termine über die derzeit eingestellten hinaus werden wir erst anbieten können, wenn neue Lieferungen des speziellen Kinder-Impfstoffs eingetroffen sind“, so Helfrich. „Bislang sind dafür noch keine Lieferungen konkret angekündigt.“
Das Interesse an den Spritzen für die Fünf- bis Elfjährigen ist groß. Und das auch ohne eine entsprechende eindeutige Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko). Die hatte in der vergangenen Woche die Impfung vorerst nur für vorerkrankte Kinder und solche mit bestimmten Behinderungen empfohlen. Allen anderen stehen die Impfungen auf Wunsch und nach kinderärztlicher Beratung aber auch offen. „Ich bekomme die Rückmeldung, dass in bestimmten Stadtteilen ein regelrechter Run auf Impftermine herrscht“, sagt Claudia Haupt, Landesvorsitzende des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte in Hamburg. Sie freue das große Interesse.
Kinder-Impfstoff: Gute Verträglichkeit und Sicherheit
Genauso wie Philippe Stock, ärztlicher Leiter der Pädiatrie im Kinderkrankenhaus Altona. „Ich halte die Impfung für das beste und sicherste Mittel, die Pandemie zu bekämpfen. Wir haben noch nie in so kurzer Zeit so viele Menschen geimpft, daher sind die Erfahrungswerte in Bezug auf die Sars-CoV2-Impfung weitreichender als bei anderen Impfstoffen bisher“, sagt er.
Auch Kinder seien von dem Virus betroffen. „Wenn in absehbarer Zeit immer mehr Kinder erkranken, wird auch die Zahl der Kinder mit schweren Verläufen – wenn auch prozentual niedrig – relevante Zahlen annehmen. Außerdem machen wir uns vor den Folgeerkrankungen deutliche Sorgen.“ Daten aus den USA und aus Israel sowie aus den Zulassungsstudien würden eine sehr gute Verträglichkeit und Sicherheit des Impfstoffes zeigen. Auch in Stocks Klinik werden vom 27. Dezember an Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren geimpft werden können. Genauso wie in den anderen Kinderkliniken der Stadt. Und natürlich bei den niedergelassenen Kinderärzten Hamburgs.
„Ich wollte so gern noch vor Weihnachten die erste Spritze bekommen“
Aber bei denen gibt es lange Wartelisten, wie Kinderärztin Haupt berichtet. Viele werden bis Januar, manche sogar bis in den März mit Terminen vertröstet. Auch Gerrit ist deshalb mit seiner Mutter an diesem Morgen schon früh aus Bergedorf an die Landungsbrücken gekommen. „Ich wollte so gern noch vor Weihnachten die erste Spritze bekommen“, sagt er. Sein großer Bruder sei bereits seit dem Sommer durchgeimpft.
Er habe deshalb sehnsüchtig auf die Gelegenheit gewartet, endlich dranzukommen. Die recht weite Anreise war es beiden wert. „Da habe ich mir doch gern einen halben Tag freigenommen“, sagt seine Mutter. „Uns gibt diese Spritze eine enorme Sicherheit.“