Hamburg. Fußgänger sollen die City-Fleete dadurch besser erreichen und die Hauptverkehrsstraße sicher queren können.

Nach dem vielbeachteten Vorschlag der Handelskammer, eine der meistbefahrenen Straßen Hamburgs unter die Erde zu verlegen, ist es ruhig um diese Pläne für die City geworden. Anfangs hatte die Politik Interesse bekundet, auch Verkehrsplaner hegten Sympathien, aber ein Tunnel für die Willy-Brandt-Straße – das klingt noch immer nach einer Utopie. Nun prüft der Bezirk Mitte, ob zumindest eine zusätzliche unterirdische Fußgängerquerung die zerschneidende Wirkung der sechsspurigen Schneise durch die Altstadt aufheben könnte.

Die rot-grüne Bezirkskoalition hat vorgeschlagen, die Hauptverkehrsachse am Nikolaifleet zu untertunneln. Fleet und Innenstadt sollen für Fußgänger besser erreichbar, stellenweise überhaupt zugänglich werden. Das Nikolaifleet eigne sich mit seiner Breite besonders gut, einen Weg am Wasser anzulegen, heißt es in dem von der Bezirksversammlung beschlossenen Antrag.

„Wenn es möglich ist, einen Fußgängerweg unter der Willy-Brandt-Brücke zu errichten, kann damit von Commerzbankareal bis zum Fleet bei St. Katharinen ein durchgängiger Fußweg entstehen“, so SPD und Grüne in ihrer Erklärung. „Mit der Trostbrücke wären damit das Mahnmal St. Nikolai und die Hauptkirche St. Katharinen ohne Querung einer größeren Straße verbunden.“

Ost-West-Straße sei ein „Ärgernis“

Hintergrund des Plans ist nicht nur, die sogenannte Ost-West-Straße zu überwinden und nicht mehr „an ihr zu scheitern“, wie Mittes Grünen-Fraktionschef Michael Osterburg sagt. Auch die Fleete mit ihrer reizvollen Wasserseite sollen wiederbelebt und erschlossen werden. Die Initiative „Altstadt für Alle“ habe dahingehend „gute Vorschläge“ entwickelt. Kulturelle Schätze wie Kirchen und Kontorhäuser würden miteinander verbunden, denn bisher sei die Trennung durch die Willy-Brandt-Straße ein „Ärgernis“ – vor allem für Fußgänger.

Mit der Hamburg Tourismus GmbH und dem Hafenmuseum könne das begehbare Nikolaifleet auch inhaltlich in eine Art Freilichtmuseum verwandelt werden, so die Koalitionspartner. Rechts und links des Wassers würden dafür fünf zusätzliche Auf- und Abgänge benötigt – vier an der Willy-Brandt-Brücke und einer in der Nähe der Katharinenkirche. Zusammenhängende Stege oder Pontons – wie es sie stellenweise schon gibt – könnten einen ganzen Weg ebnen. „Immerhin befindet sich dort der älteste Teil des Hafens“, sagt Mittes SPD-Fraktionschef Tobias Piekatz.

Verkehrsbehörde: Wir sehen uns den Vorschlag an

Rathaus, Katharinenkirche, HafenCity – diese große Linie für Fußgänger schwebt Michael Osterburg vor. „Mit unserem Antrag wollen wir die Planungen vorantreiben.“ Unterschiedliche Varianten könnten schon im Sommer oder Herbst diskutiert werden. Er möchte den Fußgängerweg am Wasser als Teil der ganzheitlichen Überlegungen verstanden wissen, die City autoärmer und attraktiver zu machen. Eines der größten Hindernisse dabei sei die Überwindung der Willy-Brandt-Straße.

Verhalten äußert sich die zuständige Verkehrsbehörde zu den neuen Plänen aus dem Bezirk. Bevor der Vorschlag inhaltlich bewertet wird, wolle man sich den Prüfauftrag mit Ruhe und Sorgfalt ansehen, heißt es von einer Sprecherin. Auch zu einer möglichen kompletten Untertunnelung der Willy-Brand-Straße gebe es noch keine konkreteren Pläne und demnach wenig zu sagen.

FDP will an Tunnelplan festhalten

Diese Pläne hatte die Handelskammer vor zwei Jahren ins Spiel gebracht. Sie sahen vor, die Hauptverkehrsstraße zwischen Deichtorplatz und Rödingsmarkt unter die Erde zu bringen. Den Berechnungen zufolge würden dadurch 23.000 Quadratmeter Baugrundstücke entstehen. Mit dem Verkauf dieser Flächen wäre seinerzeit ein Erlös von 416 Millionen Euro möglich gewesen. Die Kosten für den Bau des Tunnels schätzte die Kammer auf 492 Millionen Euro.

Nicht grundlos fordert Jens Meyer, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der FDP-Bürgerschaftsfraktion, sich nicht im Kleinklein zu verlieren. Angesichts der bescheidenen Bezirkspläne fordert Meyer, die Zusammenführung von Altstadt und HafenCity „groß“ zu denken. Sprich: „Endlich die Machbarkeit einer Tunnellösung für die Willy-Brandt-Straße zu prüfen“, so Meyer. „Damit würde eine nachhaltige Trennung der Innenstadt vermieden.“

Tunnel sei zu teuer

Die CDU unterstützte diese Pläne bereits vor zwei Jahren und verwies auf eigene Ideen aus den 90er-Jahren. Der damalige SPD-Stadtentwicklungsexperte und heutige Fraktionschef Dirk Kienscherf ließ sich zumindest zu der Aussage hinreißen: „Ich finde es interessant.“

Für den Grünen Michael Osterburg sei diese Variante inzwischen „zu teuer“ und wenig ausgegoren. Stattdessen setze die Bezirkspolitik auf kleine Schritte zur Überwindung der Verkehrsachse. Mehrere zusätzlich Übergänge der Ost-West-Straße seien in Planung.