Hamburg. Gebäude seien wichtiger Teil von Umgebung des Weltkulturerbes. Behörde: Titel nicht in Gefahr. Denkmalverein fordert Planungsstopp.
Sie grenzen unmittelbar an das Hamburger Unesco-Weltkulturerbe aus Speicherstadt und Kontorhausviertel und sind seit 2013 selbst denkmalgeschützt: die vier Gebäude des City-Hofs am Klosterwall. Doch bald soll es sie nicht mehr geben. Der Investor Aug. Prien will hier einen Neubau mit Wohnungen, Büros, Hotel und Einzelhandel errichten. Doch Unesco-Berater warnen jetzt nachdrücklich vor dem Abriss, den der Senat Anfang März 2018 beschlossen hatte.
„Die Gebäude sind ein wichtiger Teil der Umgebung des Weltkulturerbes“, heißt es in einem mehrseitigen Schreiben, das dem Abendblatt vorliegt. „Ein Abriss würde diese Pufferzone nachteilig beeinflussen“. Verfasserin des Schreibens ist die Organisation Icomos (International Council on Monuments and Sites), die die Unesco berät.
Sie erstellt Fachgutachten, wenn sich Städte oder Regionen um die Aufnahme in die Liste des Weltkulturerbes bewerben und überprüft den Zustand von Stätten, die schon auf der Liste sind. Wer auf die Liste kommt, entscheidet die Unesco. Deutschland ist insgesamt 42-mal darin vertreten.
Cityhof als ideales Gegenstück zum Welterbe
Die Organisation antwortet mit ihrem Schreiben auf ein Gutachten des Hamburger Denkmalschutzamtes vom März. Darin heißt es, ein Abriss habe „keine Auswirkungen auf den Wert der Welterbestätte“ – denn in Materialität, Architektursprache, Baumasse und Form setze sich der in den 1950er-Jahren gebaute Cityhof von dem angrenzenden Kontorhausviertel ab, das aus den 1920ern stammt.
Genau das sieht Icomos als Argument gegen den Abriss: Die unterschiedlichen Bauweisen ergäben ein wertvolles architektonisches Miteinander; der Cityhof bilde ein ideales Gegenstück und einen Eingang zur engen Bebauung des Welterbe-Geländes.
Das Icomos-Schreiben kam nach Abendblatt-Informationen erst durch eine kleine Anfrage an den Senat von Heike Sudmann (Die Linke) ans Licht. Sie ist empört: „Trotz des großen öffentlichen Interesses am City-Hof und der umstrittenen Abrissgenehmigung hat es der Senat nicht für nötig gehalten, Bürgerschaft und Öffentlichkeit über das Schreiben zu informieren.“
Denkmalverein fordert Planungsstopp
Jetzt will ihre Bürgerschaftsfraktion den Senat auffordern, alle Schreiben zu dem Thema umgehend zu veröffentlichen. Außerdem sollen alle Abriss- und Baumaßnahmen sofort eingestellt und eine neue Diskussion über die Bedeutung des City-Hofs begonnen werden.
Das unterstützt auch Kristina Sassenscheidt vom Hamburger Denkmalverein. Sie appelliert an den Senat, „alle weiteren Schritte Richtung Abriss zu stoppen, bis Icomos und Unesco zu einem abschließenden Urteil gekommen sind“.
Frank Peter Hesse findet den geplanten Abriss bedauerlich. Er überprüft heute für Icomos den Zustand von Welterbestätten, von 2006 bis 2013 leitete er das Hamburger Denkmalschutzamt. „Wenn mit dem Cityhof eine zeitliche Schicht fehlt, schwächt das das gesamte Ensemble“, sagt Hesse.
Dass die Kritik der Unesco-Berater Auswirkungen auf den Status des Hamburger Weltkulturerbes haben könnte, glaubt Hesse allerdings nicht. Der Cityhof sei in der Welterbe-Begründung von 2015 mit keinem Wort erwähnt. Dennoch appellierte Icomos schon 2015 zusammen mit dem Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU) in zwei öffentlichen Briefen an den damaligen Bürgermeister Olaf Scholz. Denn schon kurz nach der offiziellen Aufnahme der Speicherstadt und des angrenzenden Kontorhausviertels in die Liste des Weltkulturerbes im Juli 2015 hatte es Pläne gegeben, das Gebäude abreißen zu lassen.
Abriss soll im Herbst beginnen
Um ein Gebäude wie den City-Hof abreißen zu können, hatte der Senat stets auf ein dem Denkmalschutz übergeordnetes Interesse verwiesen: den Wohnungsbau. Dabei ist er jetzt in Teilen zurückgerudert. Hieß es in einer Senatsdrucksache vom 23. Februar noch, bei einem Erhalt des City-Hofs könnten Wohnungen wegen immissionsschutzrechtlicher Bestimmungen nicht genehmigt werden, wurde diese Aussage wenige Tage später korrigiert. „In welchem Umfang Wohnnutzung bei Erhalt des City-Hofs möglich wäre, könnte nur bei genauer technischer Durchplanung geklärt werden“, hieß es nun. Ganz gestrichen wurde die Aussage, dass „Wohnungen erst durch den Neubauentwurf genehmigungsfähig“ wären.
Des Weiteren wurde die Drucksache um den Satz ergänzt: „Sollten entgegen allen Erwartungen gleichwohl doch Monita (Anm. der Red: laut Duden bildungssprachlich für Tadel, Vorwurf) vorgetragen werden, wird sich der Senat erneut damit befassen.“ Doch die Stadt ist zuversichtlich, dass es nicht so weit kommt. „Aufgrund der bisherigen Äußerungen der Unesco und ersten aktuellen Hinweisen sind wir optimistisch, dass sich die Stellungnahme von Icomos nicht negativ auf die Planungen auswirken wird“, sagt Enno Isermann, Sprecher der Kulturbehörde. Diese berate sich mit der Unesco und dem Auswärtigen Amt über die nächsten Schritte.
„Es ist Aufgabe des Senats und der Verwaltung, die Bedenken aus dem Weg zu räumen“, sagt Jan Petersen, Geschäftsführer von Aug. Prien. An den Planungen ändere sich nichts. „Wir gehen davon aus, im dritten Quartal mit dem Abriss beginnen zu können.“