Hamburg. Behörde gibt 85.622 Euro für Kunstprojekt aus. Der Macher ist gleichzeitig Mitglied der Kommission. Politiker im Bezirk sind empört.
Die Veddel gehört zu Hamburgs ärmsten Stadtteilen. Doch nun soll hier eine 300 Quadratmeter große Fassade eines Hauses vergoldet werden – im Namen der Kunst, auf Rechnung der Steuerzahler. Die Kunstkommission der Kulturbehörde hat dem Künstler Boran Burchhardt dafür 85.621.90 Euro bewilligt – mit acht Jastimmen und zwei Enthaltungen.
Kunst soll Kommunikation in Gang setzen
Burchhardts Ziel ist es, mit dem „künstlerischen Akt“ im März 2017 „eine Kommunikation in Gang zu setzen“. Als Material soll „23,5 Karat Doppelrollen-Gold“ verwendet werden. Als Standort ausgewählt wurde ein Mehrfamilienhaus an der Veddeler Brückenstraße, das der städtischen Saga gehört. Burchhardt ist noch bis Ende 2017 Quartierskünstler auf der Veddel, gefördert von der „Saga GWG Stiftung Nachbarschaft“.
Kommentar: Ratlos vor der goldenen Wand
Das Vorhaben sorgt für scharfe Kritik. Moniert wird vor allem, dass Burchhardt selber Mitglied der Kommission ist – er hat aber nicht mit abgestimmt. Trotzdem fordert Mittes CDU-Fraktionschef Gunter Böttcher: „Das ist für mich eine unzulässige Selbstbegünstigung. Die Entscheidung muss auf jeden Fall kritisch geprüft werden.“ Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD) nennt die Vergoldung „grotesk“: „Ich möchte mich weder über das Zustandekommen noch den künstlerischen Wert äußern. Aber ich hätte das Geld lieber für Not leidende soziale Projekte verwendet statt für eine 23,5-karätige Goldwand.“
Kein Verständnis für diese Form der Kunst
Kein Verständnis hat auch Mittes SPD-Vizefraktionschef Klaus Lübke, der auf der Veddel lebt: „Ich bin sauer, denn dieses Projekt wurde im Stadtteil überhaupt nicht zur Diskussion gestellt. Wir haben für die gesamten Stadtteilkultur-Projekte im Bezirk Mitte nur 75.000 Euro pro Jahr zur Verfügung, da sind mehr als 85.600 Euro für die Vergoldung einer Wand sehr viel Geld.“ Ähnlich sieht es Sabine Glawe, Haushaltsexpertin vom Bund der Steuerzahler: Es sei kaum zu glauben, „wofür in unserer hoch verschuldeten Stadt plötzlich Geld da ist“.
Aus der Kulturbehörde heißt es zu den Vorwürfen: „Die mit unabhängigen Experten besetzte Kunstkommission handelt nach dem Gebot der Kunstfreiheit und unter Berücksichtigung der künstlerischen Qualität.“