Hamburg. Die Tabledance-Bars Moulin Rouge und Lido an der Reeperbahn müssen schließen. Sie stehen nicht zum ersten Mal im Visier der Behörden.
„Heute Gruppensex mit Kartoffelsalat!“ Um einen frechen Spruch sind die Koberer vor den Strip-Bars an der Reeperbahn selten verlegen. Doch einige von ihnen werden ihre anzüglichen Zitate wohl bald woanders aufsagen müssen. Nach wiederholten Abzock-Vorwürfen greift das Bezirksamt Hamburg-Mitte durch und macht die beiden Tabledance-Bars Lido und Moulin Rouge gegenüber der berühmten Davidwache an der Reeperbahn dicht.
„Bis spätestens 22. August ist der Betrieb in den beiden Lokalitäten einzustellen“, sagte Sorina Weiland, Sprecherin des Bezirksamts Hamburg-Mitte, auf Abendblatt-Nachfrage. Der Widerruf erfolge aufgrund „mangelnder Zuverlässigkeit“ der Betreiber. Offensichtlich sei eine ordentliche Betriebsführung nicht mehrgewährleistet, heißt es weiter. Demnach häufen sich seit mehreren Monaten die Beschwerden über Nepp- und Betrugsdelikte in beiden Lokalitäten.
308 Euro für eine Flasche Champagner
Immer wieder wurden dort arglose Touristen mit undurchsichtigen Getränkebestellungen zu überteuerten Preisen reingelegt. Ein 22-jähriger Betroffener aus Baden-Württemberg berichtete im Januar dem Abendblatt, wie er in der Bar Lido für eine Flasche Champagner, die sich eine Tänzerin auf seine Kosten bestellt hatte, 308 Euro zahlen sollte. Von einem Mitarbeiter der Bar sei er daraufhin zum Geldautomaten „begleitet“ worden. Seine Freundin habe er unterdessen als „Pfand“ in der Bar zurücklassen müssen.
Derlei dubiose Praktiken sind indes kein neues Phänomen auf St. Pauli. Doch in den vergangenen Jahren wurden die Methoden einzelner Betreiber immer dreister, weshalb viele Gastronome und Gewerbetreibende fürchten, dass der Kiez als Ganzes in Verruf geraten könnte. Allein in der Bar Lido hat die Polizei in den vergangenen drei Jahren 132 derartige Vorfälle dokumentiert. In mehr als 80 Fällen wurde Anzeige gegen Mitarbeiter des Etablissements erstattet, heißt es aus dem Bezirksamt.
Moulin Rouge und Lido bereits 2013 geschlossen
Doch warum reagiert das Bezirksamt erst jetzt? „Die Gewerbefreiheit ist ein hohes Rechtsgut“, so Bezirkssprecherin Sorina Weiland. Ein Entzug der Gewerbeerlaubnis sei daher nicht ohne weiteres möglich. In den vergangenen Monaten habe man vonseiten des Bezirks immer wieder Gespräche mit dem Betreiber der betroffenen Bars geführt. Dabei sei wiederholt versichert worden, es handle sich um das Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter, und man werde das abstellen. Weiland: „Jetzt haben wir einen Punkt erreicht, an dem wir sagen: Schluss.“
Besonders groß ist der Unmut im Bezirksamt, da sowohl das Lido wie auch das Moulin Rouge bereits Ende 2013 auf Anordnung des Bezirks geschlossen wurden und nach einem Betreiberwechsel nur unter strengen Auflagen wieder eröffnen durften. So mussten weiße Getränkekarten mit den jeweiligen Preisen gut sichtbar ausgelegt werden. Selbst die Helligkeit der Beleuchtung wurde vorgeschrieben. Damit die Animierdamen keine Bestellungen auf Kosten des Gastes ordern, durften Bestellungen weiterhin nur von den Gästen direkt angenommen werden. Die Hoffnung des Bezirks, damit zukünftig weitere Betrugsvorfälle auszuschließen, hat sich jedoch nicht erfüllt.
Gebäude könnte bald abgerissen werden
Doch was, wenn nun wieder ein neuer Betreiber die miese Abzock-Masche fortsetzt? Derlei Zustände werde man nicht dulden, versichert Sorina Weiland. „Wir werden sehr genau hinschauen, wer dort wann und was wieder eröffnen möchte.“
Das Gebäude der Bar Lido könnte jedoch ohnehin bald abgerissen werden. Demnach will die Hanseatic Group auf dem Nachbargrundstück, auf dem bis 1991 der Imbiss Heiße Ecke angesiedelt war, ein sechsgeschossiges Gebäude errichten, das als Hotel genutzt werden soll. Derzeit ist jedoch unklar, ob und wann die Pläne tatsächlich umgesetzt werden sollen.