St. Pauli. An der Reeperbahn soll ein Haus mit 117 Zimmern eröffnen. Politiker begrüßen die Entwicklung. Die Fläche liegt seit 1991 brach.
In Anbetracht der Vorgeschichte ist es eine Sensation: Eines der begehrtesten Grundstücke auf dem Kiez wird mit einem Hotel bebaut. Das nur 194-Quadratmeter große Areal an der Ecke Reeperbahn/Hein-Hoyer-Straße liegt schon seit mehr als zwei Jahrzehnten brach. Bis 1991 war dort der Imbiss Heiße Ecke angesiedelt, der sowohl dem Grundstück als auch einem Kiez-Musical im Schmidts Tivoli gegenüber seinen Namen gab.
Immer wieder gab es spektakuläre Pläne, aber keines der Vorhaben wurde umgesetzt. Nach Abendblatt-Informationen hat der Bezirk Mitte nun bereits eine Baugenehmigung für ein Hotel mit 117 Zimmern und eine Gastronomie im Erdgeschoss erteilt. Bauherr ist die Hanseatic Group aus dem niedersächsischen Hildesheim, die auf dem Gelände der Heißen Ecke ein sechsgeschossiges Gebäude errichten wird. Baubeginn soll dem Vernehmen nach im kommenden Jahr sein.
Nachbargebäude sollen abgerissen werden
Nach Abendblatt-Informationen sollen auch Nachbargrundstücke für das Hotelprojekt genutzt werden. Das sieht die Baugenehmigung vor, allerdings sind diese Flächen noch bebaut. Die Gebäude, in denen unter anderem eine Table-Dance-Bar und eine Zimmervermietung untergebracht sind, müssten abgerissen werden.
Einen namhaften Partner hat die Hanseatic Group bereits gefunden: Die Lindner-Gruppe, die in Hamburg bereits zwei Vier-Sterne-Hotels – am Michel und am Tierpark Hagenbeck – hat, wird das Hotel betreiben. Lindner gehört zu den bekanntesten Ketten in Deutschland und ist in vielen Großstädten wie Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und Köln vertreten.
Noch gibt es aber viele offene Fragen zu dem ambitionierten Hotelprojekt. Offensichtlich haben weder die Hanseatic Group noch die Lindner-Gruppe Interesse daran, dass Details des Immobiliendeals an die Öffentlichkeit gelangen. Auf Abendblatt-Anfrage bestätigte die Hanseatic Group lediglich das Bauvorhaben, lehnte aber ein Gespräch ab. Die Lindner-Pressestelle ließ die schriftlichen Abendblatt-Anfragen unbeantwortet und war telefonisch nicht erreichbar.
Der Kiez gehört für Investoren und Hotelketten zu den begehrtesten Lagen
Diese Zurückhaltung könnte an der Geschichte der Heißen Ecke liegen, denn eines hatten alle bisher angekündigten Projekte gemeinsam: Sie scheiterten. Schon seit 1989 beschäftigen sich Immobilienbranche, Verwaltung und Politik mit der Fläche. Damals hatte Immobilienkaufmann Norbert Blohm das Grundstück für fast zwei Millionen Mark gekauft. Zwei Jahre später schloss Imbissbetreiberin Ella Mehrhoff nach 40 Jahren ihre Heiße Ecke. Blohm wollte dort einen Glasturm errichten.
Später erwarb der umstrittene Kiez-Investor Burim Osmani die Fläche und die Nachbargrundstücke und wollte dort einen „Osmani-Tower“ errichten. Auch dieser Plan wurde nicht in die Tat umgesetzt. Stattdessen präsentierte der damalige Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) im Februar 2011 einen neuen Investor: Markus Aluta von dem österreichischen Bauunternehmen Alpine. Bereits damals wurde das Vorhaben verkündet, dort ein Hotel zu bauen. Doch der Verkauf an Alpine scheiterte. Dann kam die Hanseatic Group ins Spiel.
„Brachfläche muss entwickelt werden“
Bereits im Mai 2013 berichtete das Abendblatt, dass die Hildesheimer hier ein Hotel bauen wollen, damals war noch Motel One als Betreiber im Gespräch. Bis heute steht nicht fest, ob die Hanseatic Group tatsächlich als Eigentümer im Grundbuch für die Fläche beziehungsweise die Nachbargrundstücke eingetragen ist oder ob Burim Osmani noch bei diesem Immobilienprojekt mitmischt.
Die Politiker im Bezirk Mitte begrüßen die neuen Planungen, kennen aber auch die Schwierigkeiten: „Es sind sich wohl alle Beteiligten einig, dass diese Brachfläche nach mehr als zwei Jahrzehnten endlich entwickelt werden muss. Ein Hotel passt an diesen Standort, aber wir brauchen hier kein Standardkettenhotel, sondern ein kiezaffines, innovatives Konzept“, sagt Grünen-Fraktionschef Michael Osterburg. Wichtig sei, die Frage zu klären, ob die Hanseatic Group inzwischen tatsächlich Eigentümer des Grundstücks sei, betont Osterburg.
Auch der neue Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD) setzt auf das Hotelprojekt: „Wir begrüßen das Bauvorhaben und sind an einer zeitnahen Realisierung sehr interessiert. Dieser Standort ist attraktiv für ein Hotel.“ Bei Investoren und Hotelketten gehört der Kiez zu einem der begehrtesten Standorte der Hansestadt. Denn bei Touristen ist das Vergnügungsviertel nicht nur zum Feiern, sondern auch zum Übernachten sehr begehrt. Das garantiert den Hoteliers eine hohe Auslastung.