Nur wenige Wochen nach der Schließung öffnen die ersten Tabledance-Bars auf dem Kiez wieder ihre Türen. Das Bezirksamt Mitte hat einen strengen, verpflichtenden Vorschriftenkatalog herausgegeben.

Hamburg. Überhöhte Getränkepreise, undurchsichtige Bestellvorgänge und rüde Inkassomethoden in den Striplokalen - all das soll nun der Vergangenheit angehören. Der Kiez soll endlich ehrlich werden. Zumindest, wenn es nach dem Willen des Bezirksamts geht. Erst vor wenigen Wochen wurden fünf Strip-Lokale auf Anordnung des Bezirksamts geschlossen.

Zwei dieser Bars wollen nun mit neuem Betreiber und Personal wieder eröffnen. Für das Lido und das Moulin Rouge wurden die neu vergebenen Konzessionen jedoch an scharfe Vorschriften gekoppelt. Wer den Anordnungen der Behörde nicht Folge leistet, dem droht in Zukunft im schlimmsten Fall der umgehende Konzessionsentzug.

Die Auflagen nach § 5 des Gaststättengesetzes haben es in sich. Demnach muss beispielsweise im Eingangsbereich des Lokals jeweils links und rechts in zwei Metern Höhe eine vollständige mindestens Din A 4 große Getränkekarte sichtbar angebracht werden. Die Preise sind dabei in absteigender Reihenfolge aufzuführen.

Auf jedem Tisch sind „in einem Ständer stehende weiße Getränkekarten“ zu platzieren, die nicht durch Tischdekoration verdeckt werden dürfen. Selbst Größe und Farbe der Buchstaben sind ins Detail vorgeschrieben. Ebenso die Helligkeit der Beleuchtung. „An jeder Stelle der Oberfläche eines jeden Tisches muss eine Lichtstärke von mindestens 1,3 Lux vorhanden und andauernd messbar sein“, heißt es in dem Vorschriftenkatalog.

Auch die sogenannten Koberer, offiziell Portiers genannt, dürfen keine von der Getränkekarte abweichenden Preise versprechen. Damit die Animierdamen keine Bestellungen auf Kosten des Gastes ordern, dürfen Bestellungen nur von den Gästen direkt angenommen werden. Nach jeder Runde ist dem Gast eine entsprechende Rechnung in Form eines Kassenausdrucks mit allen Details zu übergeben.

Zudem müssen alle Mitarbeiter in einem Anwesenheitsbuch erfasst werden. In der Vergangenheit mussten wiederholt Verfahren eingestellt werden, weil betroffene Mitarbeiter bestritten, zum Tatzeitpunkt in der Bar gewesen zu sein.

„Auf den ersten Blick wirken die Regeln vielleicht kleinlich, aber wir wollen solche Vorfälle, die sich in der Vergangenheit ereignet haben, von vorne herein ausschließen“, sagt Bezirksamtssprecherin Sorina Weiland. Überprüft wird die Umsetzung der Vorschriften durch sogenannte Spätkontrollen des Verbraucherschutzamts.

Nepp mit jahrzehntelanger Tradition

Jahrzehntelang gehörten die dubiosen Praktiken einiger Strip-Lokale zum Alltag auf der Reeperbahn. Nepp, wie man Abzocke verharmlosend nannte, war ein bekanntes, wenn auch verschwiegenes Problem. Doch mit Wandel des Viertels und dem damit verbundenen Niedergang des Rotlichtmilieus, wurden die Methoden einzelner Betreiber immer dreister.

Im Sommer dieses Jahres griff der Bezirk hart durch. Nach einer Reihe von Betrugsfällen und tätlichen Angriffen auf Gäste wurden inzwischen fünf der elf verbliebenen Tabledance-Bars auf der Reeperbahn geschlossen. Eine weitere Bar hat nach Auskunft des Bezirksamts Mitte ihr Konzept inzwischen geändert. Die übrigen Lokale seien bislang unauffällig, heißt es.

Neben dem Lido und dem Moulin Rouge, hat inzwischen auch das Paradiso, ehemals Barracuda Bar, einen Antrag auf Neueröffnung gestellt. Der Antrag werde von Seiten des Bezirksamts derzeit „sehr intensiv geprüft“, heißt es. Häufige Namensänderungen haben bei den entsprechenden Bars eine lange Tradition. Auch die ehemalige Strip-Bar Lady Marmelade soll unter dem neuen Namen Seute Deern (Süßes Mädchen) wieder eröffnen. Die Außenfassade wurde bereits ausgetauscht. Die Betreiberin habe gegenüber dem Bezirksamt jedoch glaubhaft versichert, dass unseriöse Geschäftspraktiken der Vergangenheit angehören.

Ob auf dem Kiez nun tatsächlich eine neue Ära beginnt, wird sich zeigen. Selbstkontrolle und Eigenverantwortung wurden zwar immer wieder versprochen, aber selten eingehalten. Bereits im Februar 1961 schlossen sich die Besitzer von 19 Striptease-Bars zu einer Interessengemeinschaft mit einem Ehrengericht zusammen, das fortan eine „faire Behandlung der Gäste“ gewährleisten sollte.