Hamburg. Bornhold, Ligne Roset und Pelzhandel verlassen Luxusmeile. Weitere Geschäfte stehen seit Langem leer. Ist die Miete zu hoch?
Die beiden Einrichtungshäuser Ligne Roset und Bornhold sowie die Firma Steinbrück Pelze haben eines gemeinsam. Alle drei Geschäfte sind langjährige Mieter am Neuen Wall. Und alle werden die Luxusmeile verlassen. Damit geht das Ladensterben an der wohl teuersten Straße der Hansestadt weiter.
Auch die Fläche an der Hausnummer 71 steht seit Langem leer. Zuletzt war hier für einige Monate die Firma Deiters aus Frechen bei Köln eingezogen. Die Firma verkaufte Karnevalsartikel direkt neben dem Luxusladen von Chanel. Die Franzosen sollen nicht begeistert gewesen sein. Inzwischen sind die Rheinländer ausgezogen, und der Laden mit zwei Etagen steht leer. Die Eigentümer wollen bis August die Fassade neu gestalten und hoffen, dass dies bei der Suche nach einem Mieter hilft.
Das Möbelgeschäft Habitat hat den Neuen Wall bereits vor fast zwei Jahren verlassen, seitdem steht der Laden leer. Nebenan im Gebäude der HypoVereinsbank konnte für das Ladengeschäft auch noch kein neuer Mieter gefunden werden, nun zieht hier der hochpreisige Autohersteller Rolls-Royce interimsmäßig bis zum September ein. Danach wird die Bank die Fläche nach Abendblatt-Informationen selber nutzen. Die HypoVereinsbank wird allerdings bald noch mehr Platz haben, denn Ligne Roset zieht schon in der kommenden Woche an die Steinstraße um. Damit stehen weitere rund 500 Quadratmeter an der Luxuseinkaufsstraße zur Verfügung.
Normalerweise gilt eine Immobilie am Neuen Wall als sichere Einnahmequelle für die Eigentümer. Schließlich ist es eine der feinsten Adressen der Stadt. Hier haben sich auch internationale Luxusmarken wie Gucci, Cartier und Louis Vuitton angesiedelt. Mit Mietern wie ihnen lassen sich Spitzenmieten erzielen. Dem Vernehmen nach bezahlt ein Juwelier 330 Euro Miete am Neuen Wall – pro Quadratmeter.
Doch der Abschnitt zwischen Stadthausbrücke und Bleichenbrücke entwickelt sich zum Ladenhüter. Das beobachtet auch die Immobilienbranche: „Es ist schwieriger geworden, am Neuen Wall Läden zu vermieten, die größer als 300 Quadratmeter sind, weil es dafür zurzeit einfach deutlich weniger Nachfrage gibt“, sagte Philipp Hass, Vermietungschef für Einzelhandel beim weltweit größten Immobilienspezialisten CBRE, dem Abendblatt. Zudem würden am Alten Wall und in den Stadthöfen gerade weitere attraktive Einzelhandelsflächen geschaffen. Das heißt, die Auswahl werde für die potenziellen Mieter immer größer.
Das dürfte sich auch auf Preisverhandlungen mit den Vermietern auswirken. Dem Vernehmen nach wurden bislang im südwestlichen Teil des Neuen Walls um die 200 Euro kalt pro Quadratmeter verlangt. Inzwischen soll nur noch etwa die Hälfte erzielbar sein. Dazu sagt Immobilienexperte Hass: „Natürlich wirken sich Angebot und Nachfrage auch auf den Preis aus.“
Eine Herausforderung ist die Vermietung der rund 1800 Quadratmeter großen Fläche von Bornhold – 800 davon im Souterrain. Ein Makler, der den Laden angeboten hatte, ist bereits wieder abgesprungen. Das Einrichtungshaus wird nach fast 100 Jahren im Oktober den Neuen Wall verlassen. Einen Nachmieter gibt es noch nicht. Das Abendblatt hatte im vergangenen Jahr erstmals über Umzugspläne berichtet.
Bornhold-Inhaber Wilko Schwitters bereut seine Entscheidung nicht: „Die Mieten am Neuen Wall sind mit den Jahren immer weiter gestiegen. Wenn man Möbel verkauft, dann braucht man eine große Fläche, und natürlich spielen dann auch die Kosten eine Rolle.“ Deshalb hat sich Schwitters entschieden, in einen neuen Gebäudekomplex am Alsterufer (Ecke Warburgstraße) zu ziehen. Die Eröffnung der rund 1300 Quadratmeter großen Fläche ist für November geplant: „Wir können unser Sortiment dort in modernen Räumlichkeiten präsentieren, und zudem haben wir auch Parkplätze für unsere Kunden“, sagte Schwitters.
Auch Steinbrück Pelze, seit 1947 am Neuen Wall ansässig, verlässt die Einkaufsmeile. Auch hier lautet die Begründung: Die Mieten seien immer höher geworden, und es gebe eigentlich nur noch Ketten am Neuen Wall, sagte Eigentümer Peter Streinbrück dem Abendblatt. Aber das Traditionsgeschäft wird den Hamburgern erhalten bleiben. Es laufen bereits Verhandlungen für eine neue Fläche.
Im nächsten Jahr wird mit Fahnen Fleck ein weiterer langjähriger Mieter den Neuen Wall verlassen: „Unser Mietvertrag läuft zum 31.3.2017 aus. Das Gebäude soll abgerissen werden, deshalb suchen wir nun nach einer neuen Fläche“, sagt Inhaber Andreas Fleck. Der Unternehmer: „Wir werden in der Innenstadt bleiben, allerdings aufgrund der hohen Mieten nicht mehr am Neuen Wall, sondern eher in einer 1-b-Lage.“ Das Geschäft mit der Hausnummer 57 hatte das Traditionsunternehmen im September 2001 bezogen.