Hamburg. Ausgebaggerter Schlick wird andernorts wieder in die Elbe gekippt. Wassertiefe beträgt teils nur 13,20 statt 15,20 Meter.

Der Hamburger Hafen bekommt seine Probleme mit dem Schlick nicht in den Griff. Nachdem die Hamburg Port Authority in den vergangenen Wochen und Monaten massiv Sedimente aus der Fahrrinne und den Hafenbecken gebaggert hat, um der Schifffahrt den Weg wieder frei zu machen, gibt es nun wieder an mehreren Stellen Zufahrtsbeschränkungen für Schiffe mit großem Tiefgang.

Anders als im vergangenen Sommer sind nun nicht nur einzelne Hafenbecken von der Verschlickung betroffen, sondern auch die Hauptfahrrinne. So gibt es eine sogenannte Schifffahrtspolizeiliche Beschränkung zum Befahren des Köhlbrands. Dort gibt es zwischen der Zufahrt und Altenwerder nur noch eine Wassertiefe von 13,20 Metern. Vorgesehen ist dort eine Wassertiefe von 15,20 Metern, wie die Hamburg Port Authority (HPA) auf Nachfrage erklärte. Damit liegt die einzige seewärtige Zufahrt zum Containerterminal Altenwerder zwei Meter unter der Solltiefe. In der Süderelbe, direkt vor dem Altenwerder Hafen liegt die momentane Tiefe nur noch bei 12,40 Metern. Der Schlick ist zurückgekehrt – und zwar mit aller Macht.

Ausgebaggerter Schlick wieder in Elbe gekippt

Das schädigt den Wirtschaftsstandort Hamburg. Aus Hafenkreisen heißt es, dass sich die Branche inzwischen auf das Problem mit den Mindertiefen eingestellt hat und ihre Schiffe mit geringerem Ladevolumen nach Hamburg schickt. Das mindere den Umschlag und damit die Wachstumschancen für den Hafen. Die Hamburger CDU schlägt Alarm und hat das Thema zur Bürgerschaftsdebatte in der nächsten Woche angemeldet. „Die Lage im Hamburger Hafen ist dramatisch. Der Hafen droht nicht mehr nur im Schlick zu versinken, er versinkt bereits im Schlick“, sagt der hafenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Ralf Niedmers.

Grund für die massive Rückkehr des Problems ist, dass die HPA nur einen Teil der ausgebaggerten Sedimente in der Nordsee bei der Tonne E3 rund 25 Kilometer nordwestlich von Scharhörn verklappen darf, maximal 6,5 Millionen Kubikmeter. Einen Großteil des Baggerguts lässt die HPA bei Neßsand wieder in die Elbe kippen. Von dort wird der Schlick aber mit dem Tidenhub in den Hamburger Hafen zurückgespült. Zudem darf die HPA einer Vereinbarung mit dem Land Schleswig-Holstein zufolge nur solchen Schlick in der Nordsee verklappen, der in der Hauptfahrrinne anfällt, nicht aber den Schlick aus den Hafenbecken.

Da der Köhlbrand zur Hauptfahrrinne zählt, könnte die HPA dort jetzt baggern und das Baggergut in die Nordsee bringen. Das tut sie aber nicht. Den Einsatz zweier großer Bagger hat sie beendet. Begründung: Das Kontingent sei erschöpft.

CDU-Fraktion fordert Scholz' Eingreifen

Stattdessen wird mit Schleswig-Holstein verhandelt. „Wir haben eine Rahmenvereinbarung mit Schleswig-Holstein geschlossen, die uns die Verbringung von einer Million Kubikmeter Baggergut pro Jahr in die Nordsee ermöglicht. Aufgrund der starken Sedimentation hat Schleswig Holstein für das vergangene Jahr einer Verdoppelung dieser Menge zugestimmt. Im Zuge der Verhandlungen mit Schleswig-Holstein muss nun geprüft werden, ob die Restmenge aus der ursprünglichen Vereinbarung noch ausgeschöpft werden kann. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen“, sagt HPA-Sprecher Martin Boneß.

Dieser Darstellung widerspricht das Umweltministerium in Schleswig-Holstein, das ebenfalls auf die Vereinbarung mit Hamburg verweist: „Es gibt die Obergrenze von 6,5 Millionen Kubikmeter, aber keine Begrenzung im zeitlichen Sinne“, sagt Ministeriumssprecherin Nicola Kabel. „Hamburg darf noch immer Schlick zur Tonne E 3 bringen, bis zur zugelassenen Obergrenze“.

Die CDU-Fraktion spricht jetzt der HPA indirekt die Befähigung ab, das Problem zu lösen. Sie verlangt ein Eingreifen des Bürgermeisters: „Olaf Scholz ist jetzt gefordert, unverzüglich das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen und geeignete Maßnahmen einzuleiten, um den Wirtschaftsstandort Hamburg nicht weiter zu beschädigen“, sagt Hafenexperte Niedmers.

Beeinträchtigungen bei der Fahrrinne müssen sofort beseitigt werden

Auch die Linksfraktion in der Bürgerschaft ist über das Schlick-Management der Hafenbehörde entsetzt: „Die HPA kommt anscheinend nicht mit den einfachsten Aufgaben zurecht: Messen, buddeln und abtransportieren“, kritisiert der Wirtschaftssprecher der Fraktion Norbert Hackbusch. Und der Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg, Gunther Bonz, fordert von der Stadt: „Die seewärtige Zufahrt ist die Lebensader des Hamburger Hafens. Jegliche Beeinträchtigungen bei der Fahrrinne müssen deshalb unverzüglich beseitigt werden.“

Die zuständige Wirtschaftsbehörde nimmt die HPA in Schutz. „Durch die Baggerarbeiten konnte die kritische Situation im Hafen im Sommer 2015 bereits deutlich verbessert werden“, sagt Behördensprecherin Susanne Meinecke. „Die HPA ist überzeugt, zum Ende der Umlagersaison Ende März wieder flächendeckend einen guten Zustand hergestellt zu haben.“