Hamburg. Hamburger Unternehmen Hanseaticsoft rüstet Reedereien technisch auf. Beschäftigte werden untereinander vernetzt.

Von einem Wölkchen in der Mitte des Bildschirms führen Striche zu Bildern von Schiffen, Reedereiabteilungen und Partnerunternehmen. Wenn Alexander Buchmann 2009 von dieser Cloud redete, über die Reedereien ihre Kommunikation vereinfachen könnten, gab es als Antwort meist fragende Gesichter. Wenn es gut lief. Sonst gab es sogar Kopfschütteln. Die Krise hatte gerade erst angefangen. Die meisten der konservativen Familienunternehmen erinnerten sich noch sehr gut an die Zeit, als großer Umsatz nicht von moderner Technik abhing. Wann ist welches Schiff wo? Ein alltägliches Thema in einer Reederei, die Lösung dafür unverhältnismäßig aufwendig: Jeder Mitarbeiter, der das oder ähnliches wissen wollte, versendete unabhängig von seinen Kollegen E-Mails, auf die reagiert werden musste. Jedes Mal, wenn sich etwas änderte, und das ist nicht selten, wurden mehr E-Mails geschickt und Excel-Tabellen durch die Abteilungen gereicht.

Dann kam Alexander Buchmann in die Reedereien. Erst redete der Lübecker Software-Experte bei seinen Terminen nur von der Cloud, die alles einfacher machen soll. Dann tastete er sich mit Präsentationen und Testversionen heran. „Hätte man mich noch vor zwei Jahren gefragt, ob deutsche Reedereien offen für neue Technologie sind, hätte ich gesagt, überhaupt nicht. Das ändert sich inzwischen.“

Die Software, die Buchmann mit seinem vor sechs Jahren gegründeten Unternehmen Hanseaticsoft (21 Mitarbeiter) entwickelt, bezeichnet er als „krassen Unterschied“ zu den Systemen, die die meisten Reedereien bisher nutzen. „Das Problem ist häufig, dass nicht alle Mitarbeiter Zugriff auf alle Daten haben. Diese müssen stattdessen manuell an sämtliche Abteilungen, die unabhängig voneinander danach fragen, weitergegeben werden, was viel Zeit und Aufwand bedeutet.“ Buchmann hat deshalb eine Cloud-basierte Software entwickelt, die allen Mitarbeitern und auch Partnern – wie Logistikern – weltweit per Online-Login Zugriff auf relevante Daten gewährt.

Ein zweites Produkt des in Hammerbrook ansässigen Unternehmens ist der Inspection Report, mit dem die Inspektion eines Schiffes per vorgefertigtem Fragenkatalog auf dem Tablet-Computer an Bord abgearbeitet wird. Sobald ein Internetzugang besteht, kann der Report sofort hochgeladen werden. „Klassischerweise läuft eine Inspektion so ab, dass ein Mitarbeiter mit einem Klemmbrett und einer Kamera um den Hals über das Schiff läuft und sich Notizen macht, aus denen er später einen Bericht anfertigt. Bis dieser fertig ist, können vier bis sechs Wochen vergehen“, sagt Buchmann. Zehn Reedereien nutzen bisher Buchmanns Software, darunter die Hamburger Atlantic Lloyd, NSC und Peter Döhle. Derzeit seien fünf weitere „in der Pipeline“, die bis Ende des Jahres anfangen wollen, damit zu arbeiten.

„Die deutsche Handelsflotte wird durch die Krise der Branche kleiner, das ist schade“, sagt Buchmann, der sich deshalb besonders freut, wenn er mit kleinen Reedereien zusammenarbeitet, die sich neu gegründet haben. „Für kleine Reedereien ist eine einfach zu handhabende Software besonders wichtig, weil sie so ihre Kosten niedrig halten und ihre Schiffe wettbewerbsfähig managen können.“

Der Generationenwechsel, der sich in den vergangenen Jahren in vielen Familienunternehmen vollzogen hat, ist Buchmanns Meinung nach dafür verantwortlich, dass die Reedereien zuletzt aufgeschlossener geworden sind für seine Software. „Es sind eindeutig die im Schnitt 30-Jährigen, die den Wandel vorantreiben. Sie sind einfache Anwendungen wie von Apple gewöhnt und können mit den alten, komplizierten Systemen teils gar nicht mehr umgehen.“ Die Umstellung scheint den Traditionsfirmen dennoch schwerzufallen: Obwohl die Software theoretisch innerhalb eines Tages zur Verfügung gestellt werden kann, dauert es nach den ersten Gesprächen meist sechs bis zehn Monate, bis sich die Reedereien entschließen, sie zu nutzen. In Asien seien Reedereien schneller bereit, neue Technik auszuprobieren, sagt Buchmann, der seit Kurzem auch Firmen in Singapur und Dubai beliefert.