Hamburg . 413 Flüchtlinge wurden im Oktober in ihre Herkunftsländer zurückgeführt – 67 davon mit einer erzwungenen Abschiebung.
Bei der Planung von neuen Unterkünften für Flüchtlinge war die Stadt Hamburg in Bahrenfeld juristisch erfolgreich: Das Verwaltungsgericht hat eine Klage von Anwohnern gegen den Bau einer Unterkunft für 900 Asylsuchende auf dem Parkplatz Grün am Volksparkstadion am Freitag im Eilverfahren abgewiesen.
Parallel hat die Stadt die Ausweisung von abgelehnten Asylbewerben deutlich verstärkt. 413 Flüchtlinge wurden im Oktober in ihre Herkunftsländer zurückgeführt – 67 davon mit einer erzwungenen Abschiebung. Im September waren es noch jeweils halb so viele. Die meisten Flüchtlinge wurden in den Kosovo und nach Serbien ausgewiesen.
Am Hamburger Hauptbahnhof kamen auch am Freitag wieder Hunderte Flüchtlinge an. In den provisorischen Zeltunterkünften auf dem Hachmannplatz herrscht den ganzen Tag über drangvolle Enge. Jetzt befürchten die ehrenamtlichen Helfer, dass sich die Situation noch weiter zuspitzen könnte. Grund: Am Donnerstagabend hatte die schwedische Regierung angekündigt, dass keine Plätze mehr für Flüchtlinge zur Verfügung stehen. Genau dahin wollen aber die meisten Durchreisenden, die am Hachmannplatz stranden.
„Schon jetzt kommen mehr Menschen an, als weiterreisen“, sagte der Sprecher des Freiwilligen-Netzwerks am Hauptbahnhof, Taro, dem Hamburger Abendblatt. Der Rückstau baue sich seit dem vergangenen Wochenende immer weiter auf, nachdem die dänische Regierung verschärfte Grenzkontrollen angekündigt hatte und viele der Geflüchteten, sich nicht mehr trauten über den Landweg weiter Richtung Norden zu reisen „Wir können nicht garantieren, dass alle Menschen Schlafplätze bekommen“, so Sprecher Taro. Schon in der vergangenen Nacht war es zu Engpässen bei der Unterbringung gekommen.
Lage der Flüchtlinge am Hauptbahnhof sorgt für Schlagzeilen
Die Lage am Hauptbahnhof sorgt seit Tagen für Schlagzeilen, nachdem sich eine junge Ehrenamtliche in einem dramatischen Hilferuf per Youtube-Video an die Öffentlichkeit gewandt hatte. Jeden Tag kommen bis zu 1000 Flüchtlinge in Zügen an, die eigentlich weiter nach Skandinavien reisen wollen. Betreut werden die Menschen, darunter viele Familien mit kranken und entkräfteten Kindern, vor allem von Ehrenamtlichen, die durch den Paritätischen Wohlfahrtsverband unterstützt werden. Teilweise arbeiten die Freiwilligen in Schichten von 30 bis 40 Stunden und sind an der Grenze der Belastbarkeit. Sie fordern den Senat dringend zum Handeln auf. "Das ist ein humanitäres Problem und hat nichts mit dem Aufenthaltsstatus zu tun", sagt der Sprecher des Freiwilligen-Netzwerks.
Hamburg fühlt sich für durchreisende Flüchtlinge nicht zuständig
Aus Sicht der Stadt ist Hamburg aber nicht für die durchreisenden Flüchtlinge zuständig, da sie sich nicht in den Erstaufnahmeeinrichtungen registrieren lassen.
Allerdings wächst der Druck. Auch, weil durch den Streik bei der Lufthansa mit deutlich mehr Fahrgästen am Hamburger Hauptbahnhof zu rechnen ist. Erst in der Nacht zum Freitag hatte es zudem einen großen Rettungseinsatz gegeben, nachdem mehrere Flüchtlinge Anzeichen einer Infektionskrankheit gezeigt hatten. Zwölf Menschen wurden in Krankenhäuser gebracht.
Inzwischen hat Lübeck angekündigt, Notquartiere für Flüchtlinge aufzubauen, die auf dem Weg nach Norden in der Hansestadt stranden. In Hamburg bemühen sich gerade mehrere Wohlfahrtsverbände, darunter neben dem Paritätischen auch die Caritas, ein Betreuungsangebot mit medizinischer Versorgung im Bieberhaus am Hachmannplatz zu schaffen. Mit einem Ergebnis sei nächste Woche zu rechnen, hieß es am Freitag.
Markthalle bietet Unterbringung von Flüchtlingen an
Zugleich wächst die Solidarität in der Stadt. Schon jetzt bieten Privatleute, Kirchengemeinden, Moscheen jede Nacht Schlafplätze an. Auch das Schauspielhaus und die Kunsthalle nehmen Flüchtlinge auf. Insgesamt stünden 1000 Plätze zur Verfügung, allerdings variiere das Angebot je nach Wochentag. Am Freitag kündigte auch das Veranstaltungszentrum Markthalle „Unterstützung bei der temporären Unterbringung von Flüchtlingen“ an. Gesucht wird jetzt ein Träger, der die Betreuung übernimmt.
Und auch viele Hamburger wollen helfen. Die Resonanz auf den Appell der jungen Helferin vom Hauptbahnhof war enorm: Bis Freitagvormittag hätten sich mehr als 100 neue Freiwillige gemeldet, sagte Koordinator Taro. Im Moment sei das genug. „Wir müssen die Helfer erstmal einarbeiten, damit das nicht aus dem Ruder läuft.“