Hamburg. Bürgerschaft lädt Suchtexperten ein, Justizsenator will Kiffen zur Ordnungswidrigkeit herabstufen und die CDU ist generell dagegen.

Die rot-grüne Koalition in Hamburg macht ernst: Sie informiert sich am Donnerstagnachmittag über die Möglichkeiten der kontrollierten Abgabe von Cannabis. Demnach trifft sich der Gesundheitsausschuss der Bürgerschaft um 17.00 Uhr mit mehreren Experten zu dem Thema.

Als Sachverständige ins Rathaus geladen sind nach Angaben der Bürgerschaftskanzlei Sozialarbeiter, Juristen und Mediziner. Sie sollen die Abgeordneten über Chancen und Risiken einer Abgabe der bislang verbotenen Droge an Erwachsene informieren. SPD und Grüne hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, ein entsprechendes Modellprojekt zu prüfen.

Justizsenator will Kiffen zur Ordnungswidrigkeit herabstufen

Während die SPD eher skeptisch ist, würden die Grünen in der Drogenpolitik gerne noch etwas forscher vorgehen. So möchte Justizsenator Till Steffen (Grüne) das Kiffen generell zu einer Ordnungswidrigkeit herabstufen. Das bisherige System, wonach auch auf den Besitz kleiner Mengen Cannabis eine Strafanzeige folgen muss, ist aus seiner Sicht gescheitert. Denn faktisch stelle die Staatsanwaltschaft danach alle Verfahren ein. „Das bringt nichts und macht viel Arbeit“, sagte Steffen in Interviews.

Im Vorfeld der Expertenanhörung hat die CDU klar Stellung bezogen. „Die Anhörung wird zu keinem Ergebnis führen, man sollte das Thema Freigabe von Cannabis in Hamburg ad acta legen“, sagt André Trepoll, Vorsitzender der Hamburger CDU-Bürgerschaftsfraktion, dem Abendblatt. Hintergrund ist, dass die Unions-Fraktionen in Bundestag und Bürgerschaft das vor allem von den Hamburger Grünen und der SPD Altona geforderte Modellprojekt zur kontrollierten Cannabis-Abgabe kategorisch ablehnen. Das geht aus einer gemeinsamen Erklärung des Hamburger CDU-Fraktionschefs mit der Vorsitzenden der Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU-Bundestagsfraktion, Michaela Michalk, hervor.

Grüne: „Es gibt Menschen, die Cannabis brauchen“

Demnach wird es in Hamburg kein Cannabis-Modellprojekt geben, heißt es in der Erklärung, die dem Abendblatt vorliegt. „Es gibt in Deutschland kein Recht auf Rausch. Das hat das Bundesverfassungsgericht in seinem wegweisenden Cannabis-Urteil von 1994 klipp und klar entschieden,“ sagt die Bundestagsabgeordnete Michalk.

Dennoch forderten die Grünen im Bund wie in Hamburg eine Legalisierung begrenzter Mengen. Dabei werde vergessen, an die Menschen zu denken, die Cannabis wirklich brauchen. „Damit meine ich ganz klar Menschen mit starken Schmerzen, chronischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Krebspatienten oder Sterbende. Wir haben als Union dafür gesorgt, das Cannabis in Fertigarzneimitteln zugelassen werden kann und es wird auch eine Regelung für die Anwendung von Cannabis als Medizin kommen“, heißt es von den Grünen.

Junge Liberale rufen zur Demo auf und fordern Umdenken in der Drogenpolitik

Die neuesten Zahlen hätten gezeigt, dass „grüne Kifferromantik und Bagatellisierung“ dazu führe, dass immer mehr Jugendliche in Hamburg Cannabis konsumierten, ergänzt Trepoll. „Ein totaler Irrweg. Ich bin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ausdrücklich dankbar, dass sie einem Cannabis-Modellprojekt in Hamburg bereits im Vorwege eine deutliche Absage erteilt. Damit hat sich dieses grüne Hirngespenst erledigt.“

Gleichwohl fordern die Jungen Liberalen Hamburg ein Umdenken in der Drogenpolitik und eine Legalisierung der kontrollierten Abgabe von Cannabis. Die Erfahrungen anderer Staaten und die Beurteilung von Strafrechtswissenschaftlern untermauerten ihre Position. Die Jungen Liberalen rufen für Donnerstag um 16 Uhr zu einer Demo an der Reesendammbrücke auf.

Drogenforscher, Suchtmediziner, und Anwälte geladen

Zur Anhörung werden unter anderem die Drogenforscherin Gundula Barsch von der Hochschule Merseburg, Theo Baumgärtner von der Hamburgischen Landesstelle für Suchtfragen sowie Jens Kalke vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung erwartet. Aus dem Rechtsbereich wiederum sind der drogenpolitisch aktive Hamburger Anwalt Heiko Mohrdiek sowie Oberstaatsanwalt Jörn Patzak geladen.

Medizinisch fundierte Auskünfte erhoffen sich die Abgeordneten vom Göttinger Psychiater Prof. Wolfgang Poser, vom Vizevorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin, Ulrich W. Preuss, sowie von vom Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters am UKE Hamburg.