Hamburg. Mitglieder berieten auf St. Pauli über die Satzung – das Vereinsziel “Anbaugemeinschaft“ fiel beim Amtsgericht erst mal durch.

Was möchte der kleine Kiffer auf der Straße? Einfach nur sein Kraut anbauen, ernten und sich seine Joints drehen. Zugegeben, dieses Bild ist etwas zu rührend, aber für viele Klein- und Freizeit-Konsumenten trifft es durchaus zu. Nur führt der Weg zum Joint in der Bundesrepublik immer noch in einen Dschungel von Verboten. Das möchte der Cannabis Social Club Hamburg (CSC-HH) ändern und ein eingetragener Verein werden, beschlossen die Mitglieder am Sonntag bei einer öffentlichen Mitgliederversammlung auf St. Pauli.

Damit hat jetzt auch Hamburg seinen eigenen CSC. Der Startschuss fiel schon auf dem Hamburger Hanftag im Mai. Damals fanden sich erste Interessenten zusammen und begannen mit der Vorbereitung. Bis jetzt firmieren bereits mehr als 30 Facebook-Gruppen im ganzen Bundesgebiet als lokale Cannabis Social Clubs, aber erst drei sind als eingetragene Vereine registriert – ausgerechnet in Bayern (Weiden, Ingolstadt, Pfaffenhofen).

Per Definition sind Cannabis Social Clubs Anbaugemeinschaften von Cannabisnutzern, die ihren Anbau zum Eigenbedarf gemeinschaftlich organisieren wollen, erklärt Andreas Gerhold, Vorsitzender des CSC-HH (und bekannt als Organisator des Hanftags in Hamburg). „Ziel des Hamburger Clubs ist die Gründung und der Betrieb einer solchen Anbaugemeinschaft. Wir streben außerdem eine akzeptierende und regulierende Drogenpolitik in Hamburg an, treten für Aufklärung, Prävention, Jugend- und Verbraucherschutz ein.“

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Beim ersten Anlauf jedoch scheiterte die Eintragung in das Vereinsregister an der Formulierung des Vereinsziels in der eingereichten Satzung. Vor drei Tagen teilte das Amtsgericht dem Vorstand mit, dass Hanfanbau als Satzungsziel gegen geltendes Recht verstoße. Die gleichwohl formulierten Ziele der Aufklärung und Änderung der Drogenpolitik fielen da nicht mehr ins Gewicht. Denn der Anbau von TCH-haltigem Hanf (THC: der rauscherzeugende Wirkstoff Tetrahydrocannabinol) ist auch für den Eigenbedarf in Deutschland immer noch verboten und wird aktiv verfolgt. In der Folge lehnte auch die alternative GLS Bank die Eröffnung eines Vereinskontos für den CSC-HH ab.

Die Bildung einer Anbaugemeinschaft sei der Kernpunkt, an dem sich das Amtsgericht stoße, erläuterte Rechtsanwalt Ernst Medecke den Mitgliedern. Deshalb will der Verein jetzt einen zweiten Anlauf mit entsprechend veränderter Satzung starten: „Wir wollen uns als Interessengemeinschaft von Cannabis-Konsumenten für eine Änderung der Drogengesetzgebung in Deutschland einsetzen“, sagt Gerhold. Einig waren sich die Mitglieder, dass man auf dem Weg zum Anbau noch dicke Bretter bohren muss. „Aber wir wollen darauf hinwirken, dass der legale Anbau möglich wird.“

Neben dem Verbot von Hanfanbau gibt es im Betäubungsmittelgesetz noch weitere Hürden. Die Bestimmungen sind jedoch verwirrend. Zwar ist der Eigenkonsum von Cannabis an sich erlaubt, der Besitz aber nicht. Kein Besitz liegt vor, wenn der Konsument das Betäubungsmittel an sich nimmt, um es sofort zu konsumieren. Wenn er aber seinen Joint in einer Kifferrunde weiterreicht, handelt es sich schon wieder um eine strafbare Verbrauchsüberlassung.

Auch die Abgrenzung zwischen Anbau und Herstellung ist kompliziert. Die Aufzucht von Cannabis-Pflanzen ist Anbau. Sobald nun die Cannabis-Pflanze im Laufe ihres Wachstums THC produziert, geht der Anbau in Besitz über. Mit der Ernte der Blätter oder Blüten beginnt die strafbare Herstellung von Cannabis (Marihuana, Haschisch).

Durch die politische Großwetterlage sieht der CSC-HH sich aber im Aufwind: Hamburgs Grüne halten die bisherige Verbotspolitik für gescheitert - siehe Ausweitung des offenen Drogenhandels in der Schanze und auf St. Pauli -, und wollen Möglichkeiten für eine legale Abgabe prüfen. Justizsenator Till Steffen würde Kiffen von einer Straftat zur Ordnungswidrigkeit herabstufen. Der Runde Tisch Sternschanze forderte einen Modellversuch zur kontrollierten Abgabe. Die Bundestagsfraktion der Grünen will, dass Cannabis aus den strafrechtlichen Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes herausgenommen wird; stattdessen soll ein strikt kontrollierter legaler Markt eröffnet werden.

Auch im Frankfurter Bahnhofsviertel wird diskutiert, legale Verkaufsstellen zu schaffen. Im Berliner Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain hat Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) im Juni beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einen Antrag zur regulierten Abgabe von Cannabis im Bezirk gestellt. In Spanien und Belgien gibt es bereits Cannabis Social Clubs, deren Mitglieder gemeinsam Hanf anbauen und konsumieren. Allerdings kam es auch schon zu Schließungen, weil Nichtmitglieder eingeladen wurden.

„Die Regeln für die Clubs müssen klar sein“, sagte Veronique Wichmann, Vizevorsitzende des CSC-HH. Fest steht, dass der Verein transparent arbeiten will, nicht-kommerzielle Ziele verfolgt und keine Minderjährigen zulässt. Der CSC-HH informiert über seine Ziele bereits auf einer Webseite und auf Facebook.

https://www.facebook.com/groups/CSCHH

Webseite: http://hanftag-hamburg.de/?tag=cannabis-social-club