Neustadt. Polizei stellt in beiden Richtungen feste Tempomessgeräte auf, um Raser abzuschrecken. Weitere Maßnahmen sind möglich.

Über diese Nachricht dürften sich viele Hamburger freuen: Die Polizei wird am Jungfernstieg künftig stationäre Tempomessgeräte aufbauen, um die nervende und gefährliche Raserei auf der belebten und bei Touristen beliebten Straße im Herzen der Stadt endlich in den Griff zu bekommen. „Wir haben uns nach Lage der Dinge am Jungfernstieg zu stationären Tempokontrollen entschlossen. Es wird dort künftig fest installierte Messanlagen in beiden Fahrtrichtungen geben“, sagte Morten Struve, Leiter des Polizeikommissariats 14 an der Caffamacherreihe dem Abendblatt.

Illegale Straßenrennen, Kavalierstarts und nervöses Gasgeben von Sportwagen und Luxuslimousinen an roten Ampeln sind am Jungfernstieg am Wochenende die Regel. Spätestens, wenn sich in den Abendstunden das Partyvolk am „Alex“ und auf den Terrassen an der Binnenalster versammelt, geben einige Autofahrer in ihren Luxusautos Gas. Am Ballindamm und am Neuen Jungfernstieg sind die lärmenden Kraftprotze ebenfalls ein andauerndes Ärgernis.

Bis die Anlagen einsatzbereit sind, wird es allerdings noch etwas dauern

Dass das Imponiergehabe mit den Fahrzeugen nicht ungefährlich ist, zeigt ein Blick in die Vergangenheit: Im Sommer vorigen Jahres wurden Hunderte Passanten Zeugen eines spektakulären Unfalls infolge eines illegalen Wettrennens am Jungfernstieg, das für einen Smart-Fahrer, 20 Jahre alt, der in Höhe Große Bleichen einen Mercedes abhängen wollte, an einem Ampelmast endete und den jungen Mann ins Koma katapultierte. Es war der traurige Höhepunkt der illegalen Autorennen.

Ein Aufschrei ging durch die Öffentlichkeit. Auf der Lombardsbrücke wurden bei Tempokontrollen seit Sommer vorigen Jahres in der Spitze bis zu 102 Kilometer pro Stunde gemessen, am Ballindamm hatte der Spitzenreiter sogar 110 km/h auf dem Tacho – mehr als doppelt so viel wie erlaubt.

Die Polizei verstärkte daraufhin ihre Präsenz im Bereich Binnenalster: Motorradpolizisten nehmen seitdem verstärkt Raser ins Visier. Und es gibt mehr Kontrollen mit Schwerpunkt auf Alkohol und Drogen.

„Wir sind rund um die Binnenalster präsent. Wir haben dabei vor allem das jugendliche Partyvolk im Blick und gehen gegen überschwänglichen Alkoholgenuss vor, wenn es zu Pöbeleien und zu aggressivem Verhalten kommt“, sagt Polizeisprecher Jörg Schröder.

Im Zuge dessen werde konsequent gegen Raser und Rotlichtsünder durchgegriffen. Dabei sind es nicht immer die Männer, die mit ihren schnellen Autos um Aufmerksamkeit buhlen: Am Wochenende zogen drei junge Frauen in ihrem AMG Mercedes die Blicke auf sich, als Polizisten den Wagen mit Blaulicht verfolgten – und vor dem Alsterhaus überprüften.

Bis die neuen Tempomessanlagen am Jungfernstieg einsatzbereit sind, wird es allerdings noch etwas dauern. „Wir werden die Tempomessgeräte erst einmal anschaffen. Dann müssen Standorte gefunden werden. Und die Blitzanlagen müssen angeschlossen werden. Dazu wird das Pflaster aufgegraben. Das alles kostet Zeit“, sagt Morten Struve. Der Polizist rechnet damit, dass die Blitzanlagen in etwa drei Monaten einsatzbereit sind.

Die Polizei ist bei dem Thema mit der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation im Gespräch. Es werde zudem geprüft, welche Maßnahmen es geben kann, um den Bereich rund um die Binnenalster verkehrstechnisch dahingehend zu verbessern, dass die Raserei aufhört. „Wir prüfen, welche Baumaßnahmen sinnvoll sind“, sagt Struve.

Beispielsweise werde über versenkbare Schwellen auf den Fahrbahnen nach skandinavischem Vorbild nachgedacht, um die Raser auszubremsen. In den Niederlanden habe man damit bereits gute Erfahrungen gemacht, sagt der Fachmann. Ob solche Schwellen allerdings auch eines Tages am Jungfernstieg zum Einsatz kommen, ist fraglich. „Was auf einer skandinavischen Spielstraße gut funktioniert, muss nicht auch am Jungfernstieg klappen“, sagt Struve. „Wir haben in dem Bereich eine Situation mit vielen schweren Bussen in relativ kurzer Taktung. Das sind schon mal ganz andere Voraussetzungen.“ Überdies wird bei der Polizei über eine neue Verkehrsführung im Bereich Jungfernstieg/Ballindamm nachgedacht. „Wir prüfen, welche Auswirkungen es hat, wenn wir am Ballindamm die Fahrtrichtungen verändern. Dabei ist einiges zu berücksichtigen. Etwa, welche Auswirkungen das auf den Wirtschaftsverkehr hat“, sagt Struve.

Grüne wollen Jungfernstieg zeitweise für Autoverkehr sperren

Auf politischer Ebene könnte das Thema Jungfernstieg erneut auf die Tagesordnung rücken: Ein Konzept der Grünen sieht – wie berichtet – vor, den Ballindamm auf der Wasserseite für den Autoverkehr zu schließen und Fußgängern und Radfahrern dort mehr Raum zu geben. Auch die Gastronomie in dem Bereich solle „hochwertiger“ ausgerichtet werden.

„Wir fordern, die Straße Jungfernstieg schmaler zu gestalten und zumindest in den Abend- und Nachtstunden für den individuellen Autoverkehr zu sperren“, hatte Michael Osterburg, Fraktionschef der Grünen im Bezirk Mitte, unlängst gesagt. Nur Anlieger der Großen Bleichen und des Neuen Wall sollten vom Verbot ausgenommen werden.

Bereits beschlossen ist, die Durchfahrt von der Petrikirche über die Bergstraße in Richtung Jungfernstieg zu sperren: Spätestens Ende des Jahres ist diese Zufahrt geschlossen.