Kaum ein anderes Haus versprüht so viel Grandhotel-Atmosphäre. Wenn das Maritim Hotel Reichshof Ende Mai geschlossen wird, verschwindet ein gutes Stück Hamburger Hotelgeschichte. Ein Ortstermin.
St. Georg. Die funkelnden Kronleuchter und die imposanten Marmorsäulen empfangen den Gast in der Halle des Maritim Hotel Reichshof. Wer sich in den Sesseln an den Stempeltischen mit den goldenen Messingfüßen und den massiven Marmortischplatten niederlässt, der fühlt sich in die gute alte Zeit der Grandhotels zurückversetzt. Davon gibt es heute nur noch wenige, aber der Reichshof war mal eines davon. Es wurde 1910 eröffnet und war einst eines der größten Luxushotels Europas. Heute ist der Lack ein wenig ab, und Ende Mai wird das Haus an der Kirchenallee nach mehr als 100 Jahren geschlossen. Danach folgt eine Frischzellenkur, die Neueröffnung ist für 2015 geplant. Das goldene „Maritim“ Schriftzeichen wird verschwinden, als neuer Betreiber ist „Pullmann“ im Gespräch, eine Premium-Marke der „Accor“-Kette. Schon jetzt ist klar: Die 99 Angestellten werden nicht übernommen.
Viele Stammgäste halten dem Reichshof seit Jahrzehnten die Treue. Es war der Ort für pompöse Feste, geheime Besprechungen in den Séparées mit den aufwendigen Seidentapeten auf der Empore des Restaurants. Das ist dem Speisesaal des Luxusliners „Cap Polonio“ nachempfunden. Auch hier fallen die Marmorsäulen und die edle Holzverkleidung ins Auge. Die M&M- Bar ist auch ein Relikt der guten alten Zeit – hier darf noch geraucht werden. Einst führte sie das größte Single-Malt-Whiskey-Sortiment in Hamburg, wurde so zum Rückzugsort für Genießer edler Raritäten.
Haus wird saniert
Wenn das Maritim Hotel Reichshof Ende Mai geschlossen wird, verschwindet ein gutes Stück Hamburger Hotelgeschichte. Aber zum Glück wird das Traditionshaus umfassend saniert. Die gute Nachricht: Im Empfangsbereich, in der Bar und dem Restaurant werden viele der Original- Einrichtungsgegenstände erhalten bleiben. Das Haus und damit auch viele Gegenstände stehen unter Denkmalschutz: „Die Gespräche mit den Eigentümern des Hauses verlaufen sehr positiv. Denn in den uns bisher vorgelegten Umbauplänen wird sehr auf die Einhaltung der Denkmalschutzbestimmungen geachtet“, versichert Enno Isermann, Sprecher der Kulturbehörde auf Anfrage.
Die Eigentümer der Immobilie, die von der Event-Hotelgruppe mit Sitz in Köln vertreten werden, werden hier wohl um die 25 Millionen Euro investieren. Den Auftrag für die Neugestaltung haben die bekannten Hamburger auf Hotels spezialisierten Innenarchitekten von JOI-Design erhalten und auch schon erste Planungen vorgelegt. Das will Geschäftsführer Peter Joehnk aber noch nicht offiziell bestätigen. Die Event-Hotelgruppe verweigert, wie schon in den vergangenen Monaten, jegliche Auskunft.
Nach Abendblatt-Informationen sehen die bisherigen Planungen so aus: Die Rezeption innerhalb der Hotelhalle soll verlegt werden, die Empore mit dem Bistro Schampus verschwinden. Eine neue Gastronomie soll es dann mit Blick auf die pulsierende Kirchenallee geben. Die Zimmer werden den Plänen zufolge umfassend modernisiert. Die teilweise kleinen Einzelzimmer, sollen künftig zu Doppelzimmern zusammengelegt werden.
Schwimmbad-Erhalt noch unsicher
Noch nicht endgültig entschieden ist, ob das Schwimmbad erhalten bleibt. Viele City-Hotels halten zwar noch einen Wellness-Bereich vor, verzichten aber auf den kostenintensiven Pool, der häufig kaum genutzt wird.
Eine Bestätigung, dass hier künftig ein „Pullmann“-Hotel die Gäste empfängt, konnte Accor-Sprecher Eike Kraft noch nicht geben. Aber vieles würde dafür sprechen. Accor unterhält bereits in anderen deutschen Städten enge Geschäftsbeziehungen mit der Event-Hotelgruppe und sucht immer nach neuen Standorten in Hamburg. Bislang hat Accor 16 Häuser (unter anderen Sofitel, Mercur, Ibis) in Hamburg, aber es gibt noch kein „Pullmann“.
Doch die Frage nach dem neuen Betreiber dürfte für die 99 Angestellten der Maritim Hotelgruppe zweitrangig sein. Sie verlieren ihren Job, und nun haben für sie die letzen Monate im Reichshof begonnen. Die meisten wollen in Hamburg bleiben, sie werden nicht an anderen Standorten der Hotelgruppe unterkommen. Direktor Ralf Adamczyk bleibt seinem Arbeitgeber treu. Sein Ziel, die „Maritim"-Gruppe hat 49 Häuser im In- und Ausland, kennt er noch nicht. Für den Hotelier ist wichtig: „Der Reichshof ist ein Hotel mit Charme und Geschichte. Die Sanierung nun eine große Chance für das Haus.“ Adamczyk wünscht sich: „Den alten Reichshof in neuem Glanz.“