Um die 500 Menschen haben in Hamburg angesichts der hohen Versicherungskosten für Hebammen die Politik zum Handeln aufgefordert. Die Geburtshelferinnen sehen sich in ihrer Existenz bedroht.

Altstadt. Sie kamen mit Kindern in Karren und Babys in Tragetüchern: Um die 500 Hebammen und ihre Unterstützer haben am Sonnabendmittag auf dem Hamburger Rathausmarkt gegen den fehlenden Versicherungsschutz von freiberuflichen Geburtshelferinnen vom kommenden Jahr an protestiert. Das käme einem Berufsverbot gleich.

„Keine Hebammensprechstunde“, „Im Wochenbett allein zu Haus“, mit solchen Sprüchen auf ihren Schildern machten die Hebammen auf ihre schlechte Situation aufmerksam. „Bereits jetzt ist die Versorgungslage der Familien in Hamburg durch immer weniger Hebammen unzureichend“, sagte Britta Höpermann, Geschäftsführerin des Geburtshauses Hamburg. Sie hatte zu dem Protest aufgerufen.

Denn die Lage, so Höpermann, spitze sich weiter zu: Ab Juli diesen Jahres müssen freiberuflich in der Geburtshilfe tätige Hebammen bereits mehr als 5000 Euro für ihre Haftpflichtversicherung bezahlen. Jetzt habe zudem die Nürnberger Versicherung verkündet, dass sie ab Juli 2015 aus dem bestehenden Versicherungskonsortium aussteigt.

Ihre Forderung: „Wir brauchen zeitnah eine politische Lösung. Eine Frau, die im Oktober schwanger wird, weiß nicht, ob sie dann überhaupt noch eine Hebammenbetreuung bekommt“, so Höpermann. Auch wenn das ein bundespolitisches Thema sei, müsse sich der Senat für eine Übergangslösung für Hamburger Hebammen einsetzen. Unterstützung erhielten die Hebammen bei der Demo vor dem Rathaus von Kersten Artus, gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion in Hamburg. „Sie machen den wichtigsten Beruf der Welt. Ich versuche, das Thema auf Landesebene voranzutreiben.“

Wie wertvoll die Arbeit von Hebammen für viele ist, darauf machten die vielen Familien aufmerksam, die zu dem Protest gekommen waren. So wie Ruth Moritz und Ehemann Thomas Pusch aus Barmbek. „Vier meiner fünf Kinder sind zu Hause geboren. Das war so großartig und es muss weiterhin möglich sein, dass Frauen die Wahl haben, wo sie ihr Kind zur Welt bringen möchten“, sagte die 42-Jährige. Vier ihrer Kinder waren mit zu der Demonstration gekommen. „Meine Kinder sind heute hier, weil auch sie später eine Hausgeburt mit Hebamme erleben möchten.“ Diese vertrauensvolle Atmosphäre einer Hausgeburt und diese besondere Beziehung zu einer Hebamme, sei etwas ganz Besonderes, findet auch Thomas Pusch, der bei den Geburten dabei war.

Kosten für Geburtsschäden massiv gestiegen

Schon in den vergangenen Jahren hat sich die Situation der Geburtshelferinnen immer weiter verschlechtert. Besonders betroffen sind Hebammen, die Hausgeburten machen, in Geburtshäusern arbeiten oder als sogenannte Beleghebammen gebärende Frauen in Kliniken betreuen. Ihre Versicherungsprämien haben sich seit 2003 nahezu verzehnfacht.

Die Vergütungen für die Geburten sind dagegen kaum gestiegen. Für eine Beleggeburt etwa gibt es 275 Euro, für eine Geburt im Geburtshaus 559 Euro. Für Mitte dieses Jahres haben die Versicherer eine weitere Erhöhung der Versicherungsprämie um 20 Prozent auf 5091 Euro im Jahr angekündigt – trotz abnehmender Schadenszahlen. Begründung: Die Kosten für Geburtsschäden sind massiv gestiegen. Inzwischen seien sie ein extrem schwer zu kalkulierendes Risiko, das in der Vergangenheit zum Teil zu erheblichen Verlusten geführt habe, heißt es beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft.

Unterstützung erhalten die Hebammen auch von den Grünen: Heidrun Schmitt, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Hamburg muss bei der Bundesregierung auf eine dauerhafte Lösung bei der Berufshaftpflicht für Hebammen drängen. Hebammen leisten wertvolle Arbeit für Schwangere, Eltern und Neugeborene. Die Bundesregierung muss jetzt schnell im Einvernehmen mit den Hebammenverbänden eine Lösung finden. Denkbar wäre etwa eine Berufshaftplicht nach den Regelungen der Unfallversicherung oder ein staatlich finanzierter Haftungsfonds.“