Am 17. Januar sollen die 76 Wohnungen, die zum Zeitpunkt der Evakuierung noch bewohnt waren, geräumt sein. Etliche Mieter der insgesamt 108 Wohnungen waren schon vor der Zwangsevakuierung ausgezogen.

Hamburg. Es ist wie so oft in letzter Zeit: Sicherheitsleute verwehren ihm und seinen Helfern den Zugang. „Wie soll ich so mein Hotel leer räumen?“, sagt Hans Hermann Vagt sauer, als er gestern Vormittag zwei Stunden vergeblich vor dem Bauzaun steht, der die einsturzgefährdeten Esso-Häuser am Spielbudenplatz umgibt. In dem Gewerberiegel zu ihren Füßen hat er 33 Jahre lang mit Frau, Tochter und einigen Angestellten das Autohotel Am Hafen und die dazugehörende Gaststätte am Sudhaus betrieben. In der Nacht vom 14. auf den 15. Dezember, als sich nach Erschütterungen in den Gebäuden plötzlich Risse zeigten, wurde auch sein Hotel zwangsevakuiert. Seitdem ist das 21-Zimmer-Haus geschlossen.

Bis zum 31. Dezember sollten die Gewerbemieter ihre Läden räumen; dazu hatte die Bayerische Hausbau, Eigentümerin der Esso-Häuser, aufgefordert. Nicht jeder hat das geschafft. Hans Hermann Vagt musste erst einmal Bestandsaufnahme machen, bevor daran gehen konnte, die Möbel zu zertrümmern, damit sie in die bereitgestellten Container passen. „Um eine Entschädigung zu bekommen, muss ich detailliert nachweisen, was ich besessen habe“, so Vagt. Jetzt, nach Fristende, muss mit dem Bezirk abgestimmt werden, wann das Gelände betreten werden darf. Nach zwei Stunden bekommt Vagt das Okay.

Der Grund: Statiker hatten am Montagvormittag erneut den Zustand der Tiefgarage unter den Esso-Häusern überprüft. Sie war nach einem Gutachten im vergangenen Juni wegen ihrer geschädigten Bausubstanz gesperrt und mit zahlreichen Stahlstützen versehen worden. Da sie die beiden Wohngebäude trägt, musste sie vor Beginn der Umzugsmaßnahmen am heutigen Dienstag auf weitere Schäden untersucht werden.

„Gegenüber der Begehung kurz vor Weihnachten wurden keine weiteren Risse oder andere Schäden entdeckt. Wir können als wie geplant mit den Auszügen beginnen“, sagte Bernhard Taubenberger von der Bayerischen Hausbau. Er hatte den Kontrollgang begleitet, der von jeweils einem Statiker aus dem Bezirksamt Hamburg-Mitte und dem eigenen Hause vorgenommen wurde.

Den Umzug führt eine Hamburger Spedition durch. Um Erschütterungen zu vermeiden, sind in der Regel pro Wohnung drei Packer und ein begleitender Mieter zugelassen, außerdem dürfen nur drei Wohnungen gleichzeitig geräumt werden. Taubenberger rechnet mit bis zu zehn geräumten Apartments pro Tag. Am 17. Januar sollen die 76 Wohnungen, die zum Zeitpunkt der Evakuierung noch bewohnt waren, geräumt sein. Etliche Mieter der insgesamt 108 Wohnungen waren schon vor der Zwangsevakuierung ausgezogen.

Die Initiative Esso-Häuser fordert eine transparente Offenlegung der statischen Untersuchungen, ihrer Ergebnisse und eine Ursachenklärung der Erschütterungen Mitte Dezember. Die Öffentlichkeit habe ein Recht darauf, die Untersuchungsergebnisse zu erfahren, auf deren Grundlage der Abriss der Häuser vorgezogen werden soll. Momentan wird der entsprechende Antrag noch im Bezirksamt geprüft. Es heißt aber, dass die Genehmigung noch im Januar, ein Abriss der Häuser im März möglich sei.

Heute Abend werden die Container mit dem zertrümmerten Hotel- und Kneipenmobiliar abgeholt. Doch mit dem Ende der Ära des Hotels Am Hafen beginnt nicht etwa eine ruhige Phase für den ehemaligen Betreiber. „Jetzt beginnt der Schreibkram“, sagt Vagt. „Alles muss aufgelistet werden. Jedes Bett, jede Vase, jede Schnapsflasche – auch, wenn sie angebrochen war.“