Justizbehörde nennt Details des spektakulären Ausbruchs aus der U-Haft. Verbrecher flüchtete über Baupalette. Die Vorbereitungen hatte er geschickt verdeckt.
Neustadt. Die Justizbehörde hat neue Erkenntnisse über den spektakulären Ausbruch aus dem B-Flügel des Untersuchungsgefängnisses Holstenglacis. Dort war am 20. Juli der 25 Jahre alte Thomas Jonny S. aus seiner Zelle entkommen. Der Mann saß in Untersuchungshaft, weil er in Jenfeld in eine Wohnung eingebrochen sein und die 60Jahre alte Mieterin missbraucht haben soll. Jetzt steht fest: Er hatte deutlich mehr Zeit, seine Flucht vorzubereiten als zunächst angenommen. Tim Angerer von der Justizbehörde: „Zunächst waren wir davon ausgegangen, dass er fünf Stunden Zeit hatte, die Flucht vorzubereiten. Jetzt wissen wir, dass er mehr Zeit hatte.“ Offenbar hatte sich der Mann sogar über Tage auf die Flucht vorbereitet.
Das bedeutet aber auch, dass am Tag vor dem Ausbruch bei der Zellenkontrolle diese Vorbereitungen nicht aufgefallen waren. Der 25-Jährige hatte da den Fensterrahmen bereits so manipuliert, dass er in der Nacht zum 20. Juli das Holz leicht abreißen und sich sofort am Mauerwerk zu schaffen machen konnte.
Die Vorbereitungen hatte er geschickt verdeckt. Bei der Kontrolle hatte er einen Fensterflügel so geöffnet, dass die Justizbeamten die von dem Untersuchungshäftling bearbeitete Stelle nicht sehen konnten. Für die Vorbereitungen hatte er zudem den Fensterflügel ausgehängt. „Er musste am Freitagabend nach dem Zelleneinschluss nur die Fensterlaibung wegreißen“, sagt Angerer. So hatte er in der Nacht zum Sonnabend Zeit, mit einem Tischbein Teile des Mauerwerks rauszubrechen und den Rahmen aufzuhebeln. Anschließend seilte er sich mit einem Bettlaken ab und sprang dann 3,5 Meter in die Tiefe.
Auch die weitere Flucht verlief anders als gedacht. Der Mann hangelte sich nicht an einem Kabel die nächste Mauer hoch, sondern er benutzte eine Palette als Leiter. Sie war im Rahmen der Arbeiten zur Verbesserung der Außensicherung dort abgestellt worden. „Die Palette hätte dort nicht liegen dürfen“, sagt Angerer.
Die neuen Erkenntnisse haben Konsequenzen. Die Zellenrevision wurde angepasst. Fensterrahmen werden jetzt speziell auf Manipulationen kontrolliert. Außerdem werden Sicherungen eingebaut, damit Fensterflügel nicht mehr ausgehängt werden können. Es wird auch geprüft, wer die Palette im Innenbereich der Untersuchungshaftanstalt stehen ließ.
Thomas Jonny S. sitzt nach seiner Flucht wieder in Untersuchungshaft. Er war am Dienstag nach seiner Flucht von der Polizei am Ludwig-Rosenberg-Ring in Lohbrügge aufgespürt und festgenommen worden.
Im Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis wurden nach dem Ausbruch im B-Flügel alle Insassen aus den der Straße zugewandten Zellen verlegt. Wer jetzt versucht, durch eines der Fenster zu fliehen, landet im Innenhof. Andere Bereiche der Untersuchungshaftanstalt sind laut Justizbehörde nicht mit dem älteren Fenstertyp ausgestattet, dessen Bauweise die Flucht erst möglich machte.