Hamburg. Dreimal so viele Kräfte wie sonst sollen Hamburgern und G20-Gästen im Notfall helfen. Auch für neue Bedrohungslagen gewappnet.

Für ihren Spezialauftrag sind sie in Europas Metropolen gereist – dorthin, wo die Terroristen ihre blutigen Spuren hinterlassen haben. Hamburger Feuerwehrleute, Mitarbeiter der zwei G20-Vorbereitungsstäbe, flogen nach Nizza, wo ein Lkw vor einem Jahr 86 Menschen getötet hatte. Und sie waren in Paris, wo sie mit Sanitätern über den Rettungseinsatz nach dem Anschlag auf den Nachtclub Ba­ta­clan sprachen. Die Experten interessierte vor allem: Was lief gut, was schlecht?

Eine Lehre von Paris war, dass für die Versorgung großkalibriger Schusswunden sofort eine passende medizinische Ausrüstung in großer Stückzahl an Ort und Stelle sein muss. In Paris mangelte es an Spezialmanschetten („Tourniquets“). Mit ihnen lassen sich stark blutende Wunden rasch abbinden. Vor dem G20-Gipfel hat die Feuerwehr ihre Einsatzwagen daher mit Tausenden Tourniquets bestückt, ihren Bestand an Bergungstüchern aus- und zusätzliche Fahrzeuge so umgebaut, dass bereits im sogenannten ersten Angriff die benötigte Ausrüstung bereitsteht.

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Die Feuerwehr sei auch für die neuen Bedrohungslagen gewappnet, sagt Jan Peters. Er und seine Kollege Lennart Siemer gehören den zwei G20-Vorbereitungsstäben der Feuerwehr an. In leitender Funktion haben sie sich in den vergangenen Jahren mit der „nicht polizeilichen Gefahrenabwehr“ rund um das (inzwischen fiktive) Großereignis Olympia, den OSZE-Gipfel im Dezember 2017 und G20 am 7./8. Juli befasst.

Natürlich ging es dabei auch um Katastrophen-Szenarien wie einen Terroranschlag. Vor allem aber sollten sie sicherstellen, dass die Hamburger während des Gipfels nicht auf der Strecke bleiben. Kein Wunder, dass die Feuerwehr für den G20-Einsatz – den größten ihrer Geschichte – aus dem Vollen schöpfen darf. Insgesamt werden der Berufsfeuerwehr (2400 Beamte) rund 7000 Einsatzkräfte zur Verfügung stehen (rund dreimal so viele wie sonst) – Angehörige von Hilfsorganisationen wie THW, DLRG und DRK sowie der freiwilligen Feuerwehren eingeschlossen. Schon jetzt hat die Feuerwehr begonnen, in der Tagesschicht zusätzliche Funktionen zu besetzen und jede Dienststelle in der Stadt aufzustocken.

In der am Freitag beginnenden „Phase 2“ vor G20 werden 400 Kräfte mehr als gewöhnlich im Einsatz sein. In der Spitze, in „Phase 3“ (vom 6. Juli an), sollen 1000 Funktionen zusätzlich besetzt werden – doppelt so viele wie sonst. An den Gipfeltagen selbst wird dann überall mehr Personal eingesetzt: in der Rettungsleitstelle, der Pressestelle, beim Kampfmittelräumdienst und in den Kfz-Werkstätten.

Damit genug Personal zur Verfügung steht, arbeiten alle Feuerwehrleute im verstärkten 24-Stunden-Schichtdienst, und seit Sonnabend gilt eine Urlaubssperre für sämtliche Bereiche. Unterstützt wird die Berufsfeuerwehr von freiwilligen Feuerwehrleuten, die zu Dutzenden nicht wie üblich auf Abruf, sondern rund um die Uhr im Einsatz sein werden. Hinzu kommen viele Feuerwehrleute von außerhalb. Als „Reserve“ stehen beispielsweise in Hittfeld Kräfte aus Nordrhein-Westfalen zur Verfügung.

Feste Posten vor den Hotels

Feuerwehrleute aus Hannover und Berlin sollen vor den Hotels der Staatsgäste feste Posten beziehen, um im Notfall schnell eingreifen zu können. In der Messe selbst, dem G20-Tagungsort, wird die Feuerwehr eine „Brand­sicherheitswache“ installieren. Ein Augenmerk liegt auch auf der Analytischen Task Force (ATF) – sie kann chemische, biologische und radiologische Gefahren zuverlässig erkennen.

Nachdem verdächtige Briefe mit weißem Pulver bei Behörden und Medienhäusern eingegangen waren, wurde die ATF in Hamburg zuletzt mehrmals angefordert. Zum Gipfel wird das Hamburger Team von Spezialisten aus Dortmund, Mannheim, München, Berlin und Leipzig verstärkt. Eingesetzt wird es zudem bei der „Fernerkundung“: Auf einem Gebäude unweit der Messe wird ein Infrarotspektrometer (SIGIS) installiert, das gefährliche Gase aus weiter Entfernung sichtbar machen kann.

Ständiger Austausch mit der Polizei

Nördlich des Messegeländes, in der Sicherheitszone 2, wird eine Vielzahl von Rettungs- und Feuerwehrwagen in Bereitschaft stehen. Zu Verzögerungen im Einsatz soll es aber nicht kommen – auch nicht während der fast 90, von Straßensperrungen begleiteten Kolonnenfahrten der Staatsgäste. So könne man Kräfte gleichzeitig von mehreren Wachen zum Einsatzort entsenden, so Peters. „Wir stehen mit der Polizei im ständigen Austausch und werden über die Routen zeitnah informiert.“ Eins sei gewiss, sagen Peters und Siemer: „Auch während des Gipfels sind wir so aufgestellt, dass wir genau den Schutz gewährleisten können wie sonst auch .“

G20-Gipfel kurz erklärt:

G20-Gipfel kurz erklärt

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