Hamburg. Während SPD-Fraktionschef Dressel Karstadt für Bretter kritisiert, wirft CDU-Fraktionschef Trepoll den Grünen ein “bigottes Spiel“ vor.

Hamburg und der G20-Gipfel, das ist ja ein wenig wie Österreich und die Fußball-EM: Man darf es mal ausrichten und ein wenig mitmischen, aber wenn es ernst wird, sitzt der Gastgeber auf dem Sofa und schaut den Großen beim Spielen zu. Sich in diese Zuschauerrolle zu fügen fällt der Bürgerschaft aber auch gut eine Woche vor der größten politischen Veranstaltung in der Geschichte der Stadt noch schwer – und so debattierte das Landesparlament am Mittwoch gleich in mehreren Debatten und über mehrere Stunden über die Vor- und Nachteile, die Risiken und Chancen dieses Gipfels, den Klimawandel, den Welthandel und die Armut in Afrika.

SPD-Fraktionschef Dressel kritisiert Karstadt

Bei allen Kontroversen gab es zumindest eine Gemeinsamkeit: Vertreter aller Fraktionen riefen zur Deeskalation und zu friedlichem Verhalten auf. „Wir sollten bei all der Anspannung und Aufregung unsere hanseatische Gelassenheit nicht verlieren“, sagte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel. Ohne das Karstadt-Haus an der Mönckebergstraße zu erwähnen, kritisierte Dressel, dass diejenigen, die „eine Woche vor dem Gipfel Schaufenster mit Brettern verbarrikadieren, obwohl da gar keine Demo vorbeikommt“, diese Gelassenheit vermissen ließen.

Auch die Fraktionschefs Anjes Tjarks (Grüne) und Katja Suding (FDP) richteten Appelle in diesem Sinn an die Bürger: „Ich verstehe alle, die sagen: ‚das nervt‘, aber ich bitte auch um Verständnis und Gelassenheit“, sagte Tjarks. Suding meinte: „Wer wie Hamburg zur Liga der Weltstädte zählen will, der muss auch einmal Einschränkungen ertragen, wie sie in New York, Brüssel oder Berlin häufig vorkommen.“

CDU-Fraktionschef André Trepoll kritisierte in dem Zusammenhang Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), der kürzlich gesagt hatte, Hamburg richte ja auch jährlich den Hafengeburtstag aus, und es werde Leute geben, die sich am 9. Juli wundern würden, dass der Gipfel schon vorbei sei. „Was Sie geritten hat, diesen Gipfel mit dem Hafengeburtstag gleichzusetzen, ist mir ein Rätsel“, so Trepoll. „Die Sorgen und Ängste der Bürger ernst zu nehmen, wäre das Gebot der Stunde gewesen.“

CDU-Fraktionschef wirft Grünen "bigottes Spiel" vor

Den Grünen warf Trepoll „bigottes Spiel“ vor, weil sie einerseits als Koalitionspartner der SPD den Gipfel mittragen, anderseits als Partei aber die Messehallen als Veranstaltungsort ablehnen. Seine Forderung, die Grünen sollten Haltung zeigen, begegnete deren Fraktionschef Tjarks mit dem Hinweis, welche Haltungen die Union im Bund zuletzt gewechselt habe: Atomausstieg, Wehrpflicht, Mindestlohn und neuerdings die Ehe für alle, zählte Tjarks auf und spottete in Richtung CDU: „Ihr inhaltlicher Beitrag zu G20 besteht darin, dass Sie Kekse und Äpfel an die Polizei verteilen wollen.“

Linken-Fraktionschefin Cansu Özdemir übte massive Kritik an dem Gipfel in Hamburg. In der Nähe der Messehallen müssten Kitas schließen, Eltern wüssten nicht, wie sie ihre Kinder unterbringen sollten, Einzelhändler befürchteten Einbußen, das Verkehrschaos sei programmiert und innerhalb der 38 Quadratkilometer großen „Demo-Verbotszone“ werde das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit aufgehoben. Trepolls Hinweis auf die großen „Chancen“ für Hamburg konterte sie daher mit der Gegenfrage: „Welche Chancen?“ Wie alle anderen Fraktionen äußerte auch die Linke die Hoffnung auf einen friedlichen Verlauf des Gipfels: „Unser dringender Wunsch ist, dass im Zusammenhang mit den berechtigten Protesten gegen die G20 kein Mensch zu Schaden kommt, wirklich kein Mensch“, sagte Özdemir.

Scholz: Hamburger sollten stolz auf den Gipfel sein

Dirk Nockemann (AfD) attackierte die Linkspartei wegen deren Nähe zu extremistischen Gruppen und ihrer Kritik an dem von der Polizei verhängten Versammlungsverbot: „Es sind über 30 Demos angemeldet und genehmigt. Da von einem Friedhof der Meinungsfreiheit zu sprechen, darauf kann auch nur eine Linke kommen.“ Nockemann lobte die SPD dafür, dass sie „hinter der Polizei steht“.

Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) verteidigte die Institution G20 und das Treffen in Hamburg. „Wir haben keine Weltregierung und wir werden auch so schnell keine bekommen. Das ändert aber nichts daran, dass etwas zu besprechen und zu regeln ist“, sagte Scholz und nannte als Beispiele Tendenzen zum Protektionismus, den Kampf gegen Steueroasen, den Klimawandel und die Hungersnot in Afrika. Er sei daher froh, dass es die G20 als Forum für solche Gespräche gebe, die Hamburger sollten „stolz“ sein, dass sich die Staatschefs hier treffen.