Hamburg. Grüne lehnen Messehallen als Tagungsort weiter ab. Amnesty International demonstriert auf Spielbudenplatz. 140 Staatsanwälte im Dienst.

Alternativgipfel auf Kampnagel fordert andere Politik von G20

Kurz vor dem G20-Treffen in Hamburg will ein breites Bündnis aus 75 Initiativen beim Gipfel der globalen Solidarität Alternativen zur Politik der Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Wirtschaftsmächte aufzeigen. In der Kulturfabrik Kampnagel sind am 5. und 6. Juli elf Podien und mehr als 70 Workshops zu Problemen wie Armut, Flucht, Naturzerstörung, Rassismus und Frauenfeindlichkeit geplant.

Es würden Teilnehmer von allen Kontinenten außer Australien erwartet, sagte Achim Heier vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac am Donnerstag in Hamburg. Dem Bündnis gehören zudem die Heinrich-Böll-Stiftung und der Flüchtlingsrat an.

500 Anmeldungen liegen laut Attac bereits vor. Interessierte könnten aber auch spontan vorbeikommen, die Kapazität reiche für 1500 Teilnehmer.

Grüne lehnen Messehallen als Veranstaltungsort weiter ab

Auch zwei Wochen vor dem G20-Gipfel bleiben die Hamburger Grünen bei ihrer Ablehnung des Veranstaltungsortes. „Die Messehallen in der Hamburger Innenstadt bleiben ein schwieriger und herausfordernder Veranstaltungsort für einen solchen Gipfel. Nicht ohne Grund hatten wir Grüne die Messehallen als Veranstaltungsort abgelehnt“, heißt es in einem Antrag des Landesvorstands, der am Sonnabend auf einem Parteitag beschlossen werden soll.

„Es zeigt sich ja, dass sich unsere Befürchtungen hinsichtlich der Einschränkungen realisieren“, sagte am Donnerstag die Landesvorsitzende Anna Gallina, die sich auf dem Parteitag zur Wiederwahl stellt. Auch die „Allgemeinverfügung“, mit der die Polizei ein 38 Quadratkilometer großes Areal zwischen Flughafen und Innenstadt zur Demo-Verbotszone erklären will, halten die Grünen „ nicht für das richtige Mittel“, sagte Vize-Parteichef Michael Gwosdz. Er erkenne zwar an, dass die Polizei für die Sicherheit der Staatsgäste ebenso wie die der Demonstranten sorgen müsse. Aber besser wäre es aus seiner Sicht, auch in diesem Gebiet für jede einzelne Protestaktion eine Genehmigung zu prüfen anstatt alle pauschal zu verbieten.

Im Gegenzug weisen die Grünen die Behauptung zurück, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit werde während des Gipfels in Hamburg außer Kraft gesetzt: „Es wird möglich sein, an zentralen Orten der Stadt sicht- und hörbar zu demonstrieren“, heißt es in dem Antrag. Dafür hätten sich die Grünen innerhalb der rot-grünen Koalition eingesetzt.

Amnesty International kündigt Kundgebung auf dem Kiez an

An beiden Gipfeltagen wird es auf dem Spielbudenplatz eine Kundgebung unter dem Titel "Get Up - Stand Up: Für Toleranz und Menschenrechte" geben, wie Amnesty International mitteilt. Anwohner und Gewerbetreibende haben laut der Menschenrechtsorganisation die Veranstaltung gemeinsam mit Amnesty International organisiert. Dort wird es unter anderem Live-Musik und zahlreiche Redebeiträge zu politischen Themen geben.

G20-Gipfel kurz erklärt

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    Generalstaatsanwalt kündigt "wehrhaften Rechtsstaat" an

    Die Hamburger Staatsanwaltschaften haben sich für den G20-Gipfel massiv verstärkt. In der Gefangenensammelstelle Harburg und am nahe gelegenen Amtsgericht Neuland werden Staatsanwälte Tag und Nacht tätig sein. Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich betont, dass Gewalttäter rund um die Uhr mit konsequenten und folgenschweren Ermittlungen rechnen müssten: "Wer unsere demokratische Grundordnung und das Ansehen Hamburgs als weltoffene, tolerante Stadt mit provokanten Straftaten gefährdet, wird merken, dass der Rechtsstaat wehrhaft ist".

    Insgesamt 140 Staatsanwälte werden die 250 zusätzlichen Dienste während des Gipfels wahrnehmen. Fröhlich kündigte zum Umgang mit Gewalttätern an: "Unter den gesetzlichen Voraussetzungen würden wir stets die Verhängung von Untersuchungshaft beantragen. Aggressives Verhalten von Gipfelgegnern hätte dann ein erhebliches Nachspiel. Niemand sollte im Rahmen seines Protestes die Schwelle zum Unrecht überschreiten".

    Zeltlager-Organisatoren erfreut über Gerichtsentscheidung

    Die Organisatoren des umstrittenen Zeltlagers im Stadtpark für bis zu 10.000 Gipfelgegner zeigen sich erfreut über die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg, derzufolge das Camp nicht aufgrund der so genannten Allgemeinverfügung, die ein generelles Demonstrationsverbot in einem großen Teil des Stadtgebiets während der Gipfeltage erlässt, verboten werden darf. Rechtsanwalt Martin Klingner, der die Organisatoren vertritt, warf der Hamburger Polizei vor, sie habe "den Weg des Rechtsstaats" verlassen und forderte den Senat auf, "die gerichtliche Auseinandersetzung zu beenden".

    Polizeipräsident Ralf Martin Meyer hatte bereits kurz nach der Entscheidung angekündigt, die Polizei werde gegen diese Beschwerde einlegen.

    Polizeipräsenz schon jetzt merklich verstärkt

    Auch von der Wasserseite aus wird das Gästehaus des Senats bewacht
    Auch von der Wasserseite aus wird das Gästehaus des Senats bewacht © HA | Michael Arning

    An neuralgischen Punkten wie dem Rathaus und den Messehallen wird bereits heute die Polizeipräsenz merklich verstärkt. Wo sonst zwei Polizisten vor dem Rathaus stehen, sind nun Mannschaftswagen aus drei Bundesländern postiert wurden, an den Messehallen beginnen die Vorbereitungen für die Absperrungen, die aus dem Gelände Anfang Juni einen Hochsicherheitsbereich mitten in der Stadt machen. Dort sowie am Gästehaus des Senats, in dem US-Präsident Donald Trump während des Gipfels wohnen soll, wurde ebenfalls schon jetzt gesichert.

    Führungsstab der Polizei nimmt Arbeit auf

    Am Donnerstag wurde an der Messe mit dem Aufbau der Sicherheitsvorkehrungen begonnen
    Am Donnerstag wurde an der Messe mit dem Aufbau der Sicherheitsvorkehrungen begonnen © HA | Michael Arning

    Zwar beginnt der G20-Gipfel erst in gut zwei Wochen, doch der Führungsstab für die mehr als 15.000 Polizisten nimmt bereits heute seine Arbeit auf. Denn zum einen ist der laut Polizeipräsident Ralf Martin Meyer größte Einsatz der Stadtgeschichte eine - unter anderem - logistische Mammutaufgabe. Zum anderen sind für Sonnabend die ersten von gut 30 Demonstrationen mit Bezug auf den Gipfel angemeldet. Die Kundgebung "We are here" startet um 14 Uhr am Hachmannplatz, geplant ist ein Demonstrationszug durch die Innenstadt mit einer Abschlusskundgebung am Grünen Jäger. Die Veranstalter rechnen mit 2000 Teilnehmern.

    Als problematischer gilt eine Demo mit der Parole "Gesa to Hell" an der Gefangenensammelstelle in Harburg am gleichen Tag, zu der die Veranstalter rund 500 Teilnehmer erwarten.

    G20-Gipfel beim Abendblatt

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      Türkei und Saudi-Arabien wollen in Hamburg über Katar sprechen

      Die Staatschefs der Türkei und Saudi-Arabiens suchen Insidern zufolge vor dem Hintergrund der Katar-Krise auf dem G20-Gipfel in Hamburg das direkte Gespräch. Das Treffen zwischen Präsident Recep Tayyip Erdogan und König Salman Anfang Juli sei am Mittwoch während eines Telefonats vereinbart worden, verlautete am Donnerstag aus dem türkischen Präsidialamt. Erdogan sei dabei mit Salman und dessen neuen Kronprinzen Mohammed bin Salman übereingekommen, die Bemühungen um eine Lösung der Krise zu verstärken. Die Staaten stehen auf verschiedenen Seiten: Saudi-Arabien gehört zu einer Gruppe arabischer Länder, die Katar isoliert hat, während die Türkei das Emirat unterstützt.

      Hier wird rund um den Gipfel demonstriert

      Das Gros der Demonstrationen ist für die eigentlichen Gipfeltage am 7. und 8. Juli geplant, doch auch in den Tagen davor wird in Hamburg demonstriert. Die große Übersicht über die Gipfel-Demos finden Sie hier.

      Der G20-Newsblog vom Mittwoch