Hamburg. Schlimmer Fall von Baumfrevel: Unbekannte Täter spritzen Gift über Bohrlöcher in Stamm und Wurzeln der 100 Jahre alten Buche.

Im südlichen Teil von Osdorf sorgt ein besonders schlimmer Fall von Baumfrevel für Unruhe: In einer ruhigen Wohnstraße wurde eine alte Rotbuche mit Glyphosat vergiftet. Die genauen Hintergründe sind noch völlig offen, mittlerweile ermittelt die Polizei in dem Fall. Die Eigentümerin des Grundstücks, Marianne H. (Name geändert) fühlt sich durch den Vorfall bedroht. Sie äußert sich zwar dazu, möchte ihren Namen aber nicht in der Zeitung lesen.

Angefangen hatte das Drama im vergangenen Herbst. Der 100 Jahre alte Baum begann plötzlich zu kränkeln, verlor zunehmend an Blättern. Marianne H. wandte sich an den Gartenbau-Ingenieur Uwe Thomsen von der gleichnamigen Firma für Baumpflege. Thomsen wurde schnell misstrauisch. Der Grund: Stirbt ein Baum ab, so dauert das normalerweise viele Jahre, entsprechend verdächtig war ihm der rapide Verfall der alten Buche. Thomsen untersuchte den kranken Baum und entdeckte Bohrlöcher am unteren Teil des Stamms und an Teilen der Wurzeln. Eine Laboranalyse brachte dann Gewissheit: Jemand hatte die Buche zunächst angebohrt und das Gift dann in die Bohrlöcher eingebracht.

Umstrittenes Pflanzenschutzmittel

Glyphosat ist ein umstrittenes Pflanzenschutzmittel, das in der Landwirtschaft zur Unkrautvernichtung eingesetzt wird. Aktuell sorgt es für Schlagzeilen, weil es in Verdacht steht, krebserregend zu sein. In den USA wurde der Chemieriese Bayer erst kürzlich in einem spektakulären Prozess zu Schadenersatz in Milliardenhöhe verurteilt. Auch wenn Glyphosat für die sachgemäße Nutzung offiziell als unbedenklich gilt, ist klar: Wird das Gift in hoher Konzentration in einen Baum injiziert, hat dieser keine Überlebenschance.

Durch die massive Vergiftung hatte sich bei dem Baum zudem eine Folgeerkrankung eingestellt: der Befall mit einem Pilz. Die Buche war nicht mehr zu retten und musste mittlerweile gefällt werden. Prekär: Weil er durch das Gift als Sondermüll eingestuft wurde, musste Marianne H. auch noch eine gesonderte Entsorgung in Höhe von 6000 Euro bezahlen.

Verstoß gegen Hamburgisches Baumschutzgesetz

Uwe Thomsen wandte sich an die Bezirkspolitiker und Bürgerschaftsabgeordnete Anne Krischok, die alle Hebel in Bewegung setzte, um dem oder den Baummördern auf die Spur zu kommen. Inzwischen ermittelt die Polizei, auch, weil die Glyphosat-Attacke als Anschlag auf das Grundwasser gilt. Naben der Sachbeschädigung (der Baum hatte einen materiellen Wert von rund 15.000 Euro) geht es auch um Hausfriedensbruch und einen massiven Verstoß gegen das Hamburgische Baumschutzgesetz. „Baumfrevler müssen konsequent verfolgt werden“, fordert Umweltexpertin Krischok. Und Marianne H. sagt: „Das Ganze macht mich unendlich traurig.“