Wedel . Stadt Wedel erstattet Anzeige: Unbekannte sägen großen Ahorn am Wedeler Strand ab. Es ist nicht der erste Fall am Elbhang.

Die Sonne bricht sich glitzernd auf den Wellen. Wer die Augen anstrengt, erkennt die Möwen, die träge auf dem Wasser treiben und sich von dem Segelschiff nicht irritieren lassen, das flott an ihnen vorbei in Richtung Wedeler Fährhaus schippert. Von diesem Elbblick träumen viele. Einige können es sich sogar leisten und greifen tief in die Tasche, um in begehrter Lage am Elbhang zu wohnen und ihn tagtäglich zu genießen. Ob jemand dafür soweit ging, auch zur Säge zu greifen und einen etwa 60 Jahre alten Ahorn in einer Nacht-und-Nebel-Aktion umzulegen: Das müssen jetzt die Ermittlungen der Polizei zeigen. Denn die Stadt Wedel wird Strafanzeige stellen.

„Manche glauben wohl, dass es ein Recht auf Elbblick gibt“, sagt Gartenbauingenieurin Bettina Parszyk kopfschüttelnd. Die Mitarbeiterin der Stadt Wedel steht vor dem zerstörten Baum am Wedeler Elbstrand. Der städtische Bergahorn wurde auf Bauchhöhe gekappt, die riesigen Stämme des mehrgliedrigen Baumes sind in verschiedene Richtungen gefallen und haben weitere Sträucher und kleine Bäume dabei zerstört. Den Spuren nach zu urteilen, muss hier jemand mit einer Motorsäge am Werk gewesen sein – und zwar akribisch. Der umfangreiche Baum verfügt über zahlreiche Nebenarme. Keiner ist verschont geblieben.

So sieht die Schneise aus, die durch den gefällten Baum entstanden und vom Wanderweg aus zu sehen ist
So sieht die Schneise aus, die durch den gefällten Baum entstanden und vom Wanderweg aus zu sehen ist © krk | Katy Krause

Dank eines Zeugen, der sich im Rathaus gemeldet hat, geht die Verwaltung mittlerweile davon aus, dass der Baum bereits in der vergangenen Woche wahrscheinlich in der Nacht zu Mittwoch oder am frühen Morgen so zugerichtet wurde. „Leider hat der Zeuge keine Bilder gemacht und sich erst spät im Rathaus gemeldet“, berichtet Parszyk, die Passanten bittet, in solch einem Fall sofort die Polizei zu rufen. „Wir können ohnehin keine Personalien aufnehmen oder jemanden festhalten“, erklärt die städtische Mitarbeiterin. Sie hofft nun auf weitere Zeugen und setzt auf die Arbeit der Polizei, damit der Baumfrevler bestraft werden kann. Dem droht eine Strafe – und das gleich mehrfach.

Als Schadensersatz für den etwa 60 Jahre alten Ahorn müsste er mehrere Tausend Euro bezahlen. Zudem droht ihm ein Bußgeld vom Kreis Pinneberg, weil er auch noch zur geschützten Brutzeit den Baum niederlegte. „Leider ist es sehr schwer, jemanden in solchen Fällen zu überführen“, sagt Parszyk aus Erfahrung. In der Vergangenheit wurden schon öfter Bäume am Elbhang angesägt oder gekappt – immer mit dem Wunsch verbunden, den Elbblick zu sichern. Ein Anwohner beauftragte sogar eine Firma, die zur Tat schritt. Der Stadt zog vor Gericht.

Auch in diesem Fall könnte der durch den Baum verwehrte Elbblick ein Motiv für die Fällaktion gewesen sein. Denn der Ahorn reckte sich augenscheinlich sehr weit in den Himmel empor. Wer vom Wanderweg aus parallel zur Johann-Dietrich-Möller-Straße
hinunterblickt, erkennt auch die deutliche Schneise, die durch den gefällten Baum im Grün entstanden ist.

„Wir haben viele Anfragen von Anwohnern, die möchten, dass wir hier die Bäume beschneiden“, berichtet Parszyk. Immer geht es um den Elbblick. Der eine fürchtet um den Wert des Grundstückes. Der andere möchte die Schiffe fotografieren können. Der nächste verweist darauf, dass er ein Haus mit Elbblick gekauft habe. „Bisher konnte mir aber noch keiner ein Gesetz zeigen, nach dem es ein Anrecht darauf gibt“, sagt Parszyk. Die Stadt beschneide nur die Bäume, die auf dem Hang wachsen, damit dieser nicht ins Rutschen gerät. Dafür gebe es ein Budget und einen Turnus. Die Natur am Elbstrand überlasse man sich selbst. „Wir müssen verschiedene Interessen abwägen“, so Parszyk. Und an dieser Stelle ging Klima- und Naturschutz dem Elbblick vor.