Rosengarten. Seit die Gemeinde Rosengarten den Schutz gelockert hat, wird häufiger gesägt. Rund 200 zum Teil sehr alte Bäume fielen im Jahr 2017.

Es war im September 2017, als Hans-Hermann Meyer zum ersten Mal Angst um sein Haus und das seiner Nachbarn hatte. Der schwere Herbststurm „Sebastian“ zog über Norddeutschland hinweg und tobte auch vor seiner Haustür in Klecken. Bedrückt schaute Meyer auf die sich biegenden Eichen und musste mit anschauen, wie die orkanartigen Böen schwere Äste aus den Bäumen rausbrachen.

Er hoffte, dass es gut ausgeht. Es ging gut aus. Aber drei seiner Eichen stehen inzwischen nicht mehr. Hans-Hermann Meyer hat die Bäume mit einem Stammumfang von 2,40 Meter bis 2,60 Meter vor wenigen Wochen fällen lassen. Die Genehmigung dafür hatte ihm die Verwaltung der Gemeinde Rosengarten schnell erteilt. „Es war klar, dass die Sicherheitsaspekte überwogen“, sagt Carsten Peters, Erster Gemeinderat von Rosengarten.

Doch auch andernorts in der Gemeinde wollen in jüngster Zeit immer mehr Einwohner ihre Bäume fällen lassen. Das liegt an den heftigen vergangenen Herbststürmen. „Dadurch hat sich der Blick auf die Bäume verändert und die Sensibilität für das Thema verstärkt“, ist Carsten Peters überzeugt.

Hans-Hermann Meyer fiel es nicht leicht, die hoch gewachsenen Bäume zu fällen. „Ich bin im Wald groß geworden“, sagt er. Doch auch er befürchtete, dass die Eichen beim nächsten Sturm umstürzen und womöglich Menschen zu Schaden kommen könnten. „So etwas würde nicht einfach an einem vorbeigehen“, sagt er. „Und ich bin sicher, dass solche heftigen Stürme wie im vergangenen Herbst noch öfter auftreten werden.“

Nicht nur wegen der Herbststürme werden mehr Bäume in der Gemeinde Rosengarten abgeholzt. Ein weiter Grund ist die gelockerte Baumschutzsatzung. Vor gut zwei Jahren hatte der Rat auf Initiative von CDU und FDP den Baumschutz geändert. „Der Schutz war zu groß. Wir mussten den Menschen die Angst nehmen, dass die Bäume ihnen auf die Dächer fallen“, sagt Axel Krones, Pressesprecher der CDU.

Auch die Tatsache, dass 60 Prozent der Gemeindefläche mit Landschaftsschutzgebiet bedeckt sei, sprach aus Sicht der CDU gegen eine strenge Baumschutzsatzung.

Zwar zog der Vorstoß eine langwierige Diskussion nach sich. Schließlich ist die Gemeinde Rosengarten auf ihr grünes Image bedacht. In einer Befragung zur künftigen Entwicklung der Gemeinde bis 2030 hatten sich viele Einwohner für den ländlichen Charakter mit hohem Wohn- und Erholungswert ausgesprochen. Dass das Grün in der Gemeinde für die Bewohner Lebensqualität ist, haben auch die Politiker längst verinnerlicht.

Dennoch: am Ende brachte der Gemeinderat die gelockerte Baumschutzsatzung in einer knappen Entscheidung auf den Weg. Die neue Regelung macht es jetzt einfacher, Bäume zu fällen. Zuvor waren bestimmte Baumarten ab einem Stammumfang von einem Meter geschützt. Das gilt zwar auch heute noch. Stehen aber diese geschützten Bäume in einem Abstand von maximal 15 Metern zum Wohngebäude, können sich die Einwohner das Fällen inzwischen genehmigen lassen.

Davon machen immer mehr Menschen Gebrauch. Im vergangenen Jahr erhöhte sich die Zahl der gestellten Anträge für Baumfällungen um 58 Prozent gegenüber 2016. Bevor der Baumschutz geändert wurde, waren es noch überwiegend die Einwohner wie Hans-Hermann Meyer, die ihre Bäume absägen lassen wollten – eben, weil sie drohten, umzustürzen oder weil die geschützten Bäume aufgrund eines Neubaus weichen sollten.

„Jetzt begründen mehr Menschen die Baumfällungen allein mit der Unterschreitung des 15-Meter-Abstands“, erläuterte die zuständige Fachfrau Franziska Donnerstag von der Gemeindeverwaltung im Ausschuss für Umwelt, Verkehr und Naherholung Anfang des Jahres.

Bei etwa 20 Prozent sei das im Jahr 2017 der Fall gewesen, zum Teil in Kombination mit anderen Paragrafen. Insgesamt waren 40 Bäume davon betroffen. „Das wäre mit der alten Satzung so nicht genehmigungsfähig gewesen“, sagte Donnerstag in der Sitzung. Und: „Die neue Baumschutzsatzung hat sich herumgesprochen.“ Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 200 Bäume in der Gemeinde Rosengarten abgesägt. Dafür sind 83 Anträge bei der Gemeinde eingegangen. Im Jahr 2016 wurden hingegen 166 Bäume gefällt und waren 52 Anträge eingegangen.

Rosengartens Bürgermeister Dirk Seidler macht keinen Hehl daraus, dass ihn die gelockerten Bestimmungen missfallen. „Ohne großen Aufwand ist es heute möglich, Bäume zu fällen“, sagt Seidler. „Es geht nicht mehr nur um die Gesundheit des Baumes oder die Sicherheit der Menschen, sondern hauptsächlich um den Abstand zum Wohnhaus“, so Seidler. „Vorher war die Regelung deutlich rigider. Jetzt können wir das Fällen nur noch in wenigen Fällen ablehnen.“ Aber die neue Baumschutzsatzung sei nun einmal mehrheitlich entschieden worden, so der Bürgermeister.

Geht die gelockerte Regelung also zu weit? Das sieht Axel Krones von der CDU nicht so. „Die Leute schreien ja nicht Hurra mit ihrer Motorsäge in der Hand und legen los“, sagt er. Seine Fraktion habe nicht feststellen können, dass es Baumfrevel gebe. „Es geht den Bürgern nur um die Sicherheit“, betont Krones.

Nicht jede Gemeinde im Landkreis hat eine Baumschutzsatzung

Der Baumschutzist in den Gemeinden des Landkreises Harburg unterschiedlich geregelt.
Es existiert in einigen Gemeinden auch gar keine generelle Baumschutzsatzung, beispielsweise in Seevetal und Neu Wulmstorf. Dort werden einzelne markante und ortsbildprägende Bäume über Bebauungspläne unter Schutz gestellt.
Um solche Bäume dennoch fällen zu können, müssen Grundstückseigentümer Ausnahmen bei der Gemeinde Seevetal beantragen. Darüber wird dann im Einzelfall entschieden.
Ähnlich handhabt es Neu Wulmstorf. Es muss schon eine konkrete Gefahr von den Bäumen, die über Bebauungspläne geschützt sind, ausgehen, damit sie gefällt werden dürfen.
Pro Jahr handelt es sich in Neu Wulmstorf um durchschnittlich zehn Bäume. Im Anschluss müssen die Grundstückseigentümer Ersatz pflanzen.
In Buchholz sind Laubbäume einschließlich Walnuss und Esskastanie mit einem Stammumfang von mehr als 80 Zentimetern sowie Nadelbäume mit mehr als 150 Zentimeter Stammumfang geschützt. Eine Abstandsregelung wie in der Gemeinde Rosengarten gibt es in Buchholz nicht.