Hamburg. Kulturbehörde will Sicherheit für alle Besucher erhöhen. Es geht vor allem um die Stufen und Glastüren. Kosten: rund 300.000 Euro.
Immer wieder stolpern und stürzen Besucher auf den steilen Treppen der Elbphilharmonie. Manche haben sich schon verletzt. Jetzt will die Hamburger Kulturbehörde in Absprache mit dem Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg (BSVH) die Markierungen der Stufen verbessern und die Sicherheit für alle Besucher erhöhen.
Die Nachbesserungen kosten rund 300.000 Euro und sollen noch in der Sommerpause bis Anfang August vorgenommen werden. Im Foyer und im Großen Saal erhält jede Stufe eine 15 Millimeter breite Gummileiste, die am Rand in die Stufen eingefräst wird und zwei Millimeter hoch ist. Am Beginn der Treppenabsätze werden zusätzlich zwei breitere Gummileisten hintereinander angebracht. Bisher gibt es im Foyer nur am Anfang der Treppenabsätze fünf Millimeter breite Gummistreifen. Die folgenden Stufen sind nicht markiert, sodass die riesige Fläche selbst für nicht sehbehinderte Besucher zu einem einzigen großen Parkettfußboden verschwimmt.
Insgesamt drei Kilometer Markierungen werden verlegt
„Wie so oft ging dabei Design vor Funktionalität“, sagt Karsten Warnke vom BSVH. Insgesamt werden die Stufen im Foyer und im Großen Saal auf einer Länge von rund drei Kilometern mit breiteren Markierungen versehen. „Die meisten Stürze ereignen sich im Großen Saal“, sagt Jochen Margedant, der behördeninterne Projektleiter.
Durch die breiten Sitzreihen und die steilen Treppenränge dazwischen müssen die Zuschauer genau schauen, wohin sie treten. Auch an diesen Stellen wird jetzt nachgebessert: Am Ende jeder Sitzreihe werden sechs runde, schwarze Punkte aus Gummi sowie eine zusätzliche rund 20 Zentimeter lange Gummileiste auf den Boden geklebt. Auch an den Aufzügen werden Verbesserungen vorgenommen. Hier hatte der Blindenverein fehlende tastbare Informationen und Beschriftungen in Brailleschrift moniert. „Wir werden Sprachmitteilungen und Sichtbarkeit optimieren“, sagt Margedant.
Besucher sind schon gegen Glasscheiben gelaufen
Einige Besucher sind auch schon gegen Glasscheiben gerannt, weshalb diese Türen jetzt eine Punktemarkierung erhalten und als Sofortmaßnahme mit schwarzem und weißem Klebeband markiert werden. Außerdem wünscht sich der BSVH auf der Plaza Verbesserungen bei den Treppenmarkierungen.
„Wir haben nach mehreren Gesprächen und Begehungen vor Ort mit allen Beteiligten zusammen einen Kompromiss gefunden, um die Elbphilharmonie für Menschen mit Behinderung in ihrer visuellen Wahrnehmbarkeit noch weiter zu optimieren“, sagt Jochen Margedant, der behördeninterne Projektleiter. „Wir hätten es zwar gerne gesehen, wenn wir als Verein beim Bau der Elbphilharmonie von Anfang an in die Planungen einbezogen worden wären“, sagt Karsten Warnke, BSVH-Experte zur Barrierefreiheit. „Aber die nun gemeinsam erarbeiteten Lösungen sind ein gangbarer Kompromiss.“
Treppenstufen als Stolperfallen
Rückblick: Nachdem es kurz nach der Eröffnung der Elbphilharmonie im Januar zu zahlreichen Stürzen und vielen Beschwerden von Besuchern gekommen war, stellte der BSVH bei einer Begehung im Februar erhebliche Mängel hinsichtlich der Barrierefreiheit in dem Jahrhundertbauwerk fest. Durch fehlende Markierungen, so der Verein, würden die Treppenstufen im Gebäude zu „gefährlichen Stolperfallen“ für die Besucher.
„Die 3000 blinden und rund 40.000 sehbehinderten Hamburger sowie Touristen mit einer Seheinschränkung haben keine Möglichkeit, sich ohne fremde Hilfe in der Elbphilharmonie zurechtzufinden“, stellte Angelika Antefuhr fest. „Dies können wir nicht akzeptieren.“ Zumal man bereits 2007 auf viele der heute beanstandeten Punkte hingewiesen habe.
„Eine entsprechende DIN-Verordnung verlangt heute gut sichtbare Stufenmarkierungen, die kantenumschließend und vier bis fünf Zentimeter breit sind“, sagt Karsten Warnke. Durch die erheblichen Verzögerungen beim zehnjährigen Bau der Elbphilharmonie wurde zwar gegen keine DIN-Norm verstoßen, aber die spärlichen Markierungen entsprachen eben auch nicht den modernen Standards eines barrierefreien Gebäudes.
Kosten sind durch Rücklagen gedeckt
„Die Elbphilharmonie sollte als neues Wahrzeichen der Stadt ein Zeichen in die Welt setzen“, sagt Angelika Antefuhr. „Dies muss dann auch ein deutliches Zeichen für Barrierefreiheit sein.“ Mit dem jetzt gefundenen Kompromiss können aber alle Beteiligten gut leben.
„Sämtliche Arbeiten sind für die spielfreie Zeit vom 13. Juli bis zum 5. August geplant“, sagt Margedant. Die Kosten sind durch Projektrücklagen gedeckt.
„Es wäre wichtig, dass bei zukünftigen Projekten der Dialog mit Betroffenen bereits in der Planungsphase stattfindet“, sagt Angelika Antefuhr. „Deshalb setzt sich unser Verein seit Jahren für die Einrichtung eines dafür zuständigen Kompetenznetzwerks für Barrierefreiheit in Hamburg ein.“