Nach Stürzen: Durch breitere Gummistreifen sollen die Stolperfallen in der Elbphilharmonie verschwinden. Neue Podcast-Folge.
Nach zahlreichen Stürzen von Besuchern in der Elbphilharmonie arbeitet die Kulturbehörde zusammen mit den Schweizer Architekten von Herzog & de Meuron mit Hochdruck an Lösungen, um die Sicherheit der Konzertgäste zu gewährleisten. „Wir wollen, dass ein Besuch in der Elbphilharmonie für alle möglichst sicher ist. Deshalb setzen wir alles daran, die hierfür notwendigen Anpassungen so schnell wie möglich umzusetzen“, sagt Kultursenator Carsten Brosda (SPD). Wie berichtet, ist es in den vergangenen Wochen in dem Gebäude vor allem aufgrund von nicht gut sichtbaren Treppenmarkierungen und den Stufenausgängen am Ende der breiten Sitzreihen im Großen Saal sowie im Foyer bereits öfter zu Stürzen und Sanitätseinsätzen gekommen.
Leitartikel: Elbphilharmonie fordert alle
Nun zeichnet sich eine Lösung ab, die derzeit mit den Herstellern auf ihre technische Machbarkeit überprüft wird. „Um die Sichtbarkeit der Stufen zu verbessern, wird derzeit geprüft, ob eine Verbreiterung der bisherigen, in das Holz eingelassenen gefrästen Nut möglich ist, ohne dass die Stufenenden ausbrechen“, heißt es aus der Kulturbehörde. Alternativ werde geprüft, ob der schmale Gummistreifen durch einen breiteren ersetzt werden könne. Oder ob die bisherige Nut verfüllt und überstrichen werden könne, um eine Verbreiterung zu erreichen. „Derzeit sind Anfragen zur Prüfung der technischen Umsetzbarkeit an mehrere Hersteller gerichtet.“
Elbphilharmonie: Podcast Elphidelity
Spätestens in 14 Tagen soll geklärt sein, welche der Lösungen technisch machbar ist. Dann sollen die Nachbesserungen bei einem Ortstermin dem Blinden- und Sehbehindertenverein (BSVH) präsentiert werden. „Bei der Einbindung der Betroffenenverbände ist uns die enge Abstimmung mit der Senatskoordinatorin für die Gleichstellung behinderter Menschen sehr wichtig, mit der wir bereits in der Planungsphase sehr konstruktiv zusammen-gearbeitet haben“, so ein Behör-densprecher. „Wir verfolgen das Ziel, die nun erfolgenden Anpassungen so auszugestalten, dass Menschen mit Behinderung der Besuch der Elbphilharmonie erleichtert wird.“
Mit Unverständnis hatte der BSVH auf die Lösungssuche nach den zahlreichen Stürzen reagiert. „Wir haben bereits am 2. Februar bei einer Begehung mit Ingrid Körner, der Senatskoordinatorin für die Gleichstellung behinderter Menschen, erhebliche Mängel bezüglich der Barrierefreiheit festgestellt“, sagt Melanie Wölwer vom BSVH.
„Treppen verschwimmen zu einer Fläche“
Darüber sei auch ein Protokoll erstellt worden. Darin heißt es: „Die Treppen im Foyer sowie im Großen Saal verschwimmen zu einer einzigen Fläche, sodass selbst sehende Besucher Schwierigkeiten haben, die einzelnen Stufen zu erkennen.“ Das Problem: Die Treppenmarkierungen entsprechen nicht der aktuellen DIN-Norm (DIN 18040-1), wonach sie vier bis fünf Zentimeter breit und kantenumschließend sein müssten.
Diese DIN-Norm ist allerdings erst im Jahr 2009 eingeführt worden. Und es gibt ein Schreiben der zuständigen Bauaufsicht der Stadtentwicklungsbehörde an die Elbphilharmonie-Architekten aus dem März 2013, wonach „die genehmigte Abweichung der DIN-Norm weiterhin Bestand“ habe. „Die für das Bauwerk und den damaligen Genehmigungsstand maßgeblichen Normen halten wir bereits jetzt ein“, heißt es deshalb auch aus der Kulturbehörde. „Aufgrund der bisher eingetretenen Unfälle wollen wir aber in jedem Fall eine deutliche Verbesserung herbeiführen. Inwieweit dies zu einer gänzlichen Anwendung der nun geltenden neuen Normen führt, kann jetzt noch nicht beurteilt werden.“
Gravierende Nachbesserungen
Sicher ist nur, dass die gravierenden Nachbesserungen der mehreren Tausend Stufen im Großen Saal und im Foyer den Spielbetrieb nicht beeinflussen werden. Die Arbeiten würden nachts ausgeführt werden und sollen vor der Sommerpause beendet sein, heißt es.
Auch die weiteren Punkte auf der Mängelliste des BSVH werden angegangen: Die Aufzüge verfügen bisher nicht über tastbare Informationen oder eine Beschriftung in Brailleschrift. Die Stockwerke würden nicht akustisch angesagt. Ein Besucher mit Sehbehinderung sei nicht in der Lage, die Aufzüge selbstständig zu bedienen. Auch die Leitstreifen auf dem Boden wiesen noch Mängel auf. „Es gibt kein Leitsystem, das dem Besucher den Weg zu den Toiletten auf der Plaza weist“, sagt Wölwer. Bei der Beschriftung im Großen Saal seien ebenfalls Nachbesserungen notwendig. „Sie sind für Menschen mit Seheinschränkung nicht wahrnehmbar.“
Unterstützung erfährt der BSVH von Klaus Becker. „Es ist immer am besten, die Menschen, die betroffen sind, in die Erarbeitung von Lösungen mit einzubeziehen“, sagt der Geschäftsstellenleiter der Senatskoordinatorin für die Gleichstellung behinderter Menschen.