Die Treppen müssen sicherer werden. Eine Aufgabe für die Planer, aber auch die Besucher.

Dieses Gebäude fordert alle. Und neu ist das nicht. Es brauchte mehr als zwei Jahre, um die skeptischen Hamburger Pfeffersäcke davon zu überzeugen, dass an der Elbe statt eines weiteren grauen Bürogebäudekomplexes ein einzigartiger Kulturtempel Position beziehen sollte. Die Schweizer Architekten von Herzog & de Meuron trieben anschließend jahrelang mit ihren Plänen, auf einen alten Kaispeicher im Hafen ein gläsernes Jahrhundertbauwerk zu setzen, den Baukonzern Hochtief zur Verzweiflung.

Gefordert waren aber in der Folge vor allem die Hamburger Steuerzahler, weil die Baukosten der Elbphilharmonie von anfangs 114 auf schlussendlich 789 Millionen Euro in die Höhe schnellten. Das muss man erst einmal schlucken.

Und mit dem Tag der Eröffnung, als die Welt nach Hamburg schaute, waren die Musiker gefordert. Thomas Hengelbrock, Chefdirigent des NDR Elbphilharmonie Orchesters, wird nicht müde zu betonen, dass sich seine Instrumentalisten den Saal erst einmal erspielen müssen.

Für Seh- und Gehbehinderte eine große Herausforderung

Nun aber sind die Zuschauer gefordert. Dieser Saal für 2150 Besucher, der steil aufragt und einem Amphitheater gleicht, und dieses Foyer, das einem den Atem raubt, müssen erst erkundet werden. Für seh- und gehbehinderte Besucher ist die moderne Architektur, die wenig Schatten wirft und auf sichtbare Treppen-Markierungen so weit wie möglich verzichtet hat, eine große Herausforderung.

Eine zu große? Auf jeden Fall gab es neben acht schweren Stürzen von Besuchern, die anschließend ärztlich behandelt werden mussten, in den letzten Wochen zahlreiche Gäste, die aufgrund der kaum sichtbaren Markierungen und der unterschiedlichen Stufenhöhen gestolpert oder gestürzt sind. Vieles ist glimpflich abgelaufen. Aufpassen muss man vor allem, wenn man im Großen Saal aus den Sitzreihen auf die steilen Stufen hinaustritt.

Kulturbehörde arbeitet mit Hochdruck an Lösungen

Muss das sein? Diese Frage haben die Verantwortlichen jetzt deutlich mit Nein beantwortet. Die vielen Vorfälle haben nicht nur dazu geführt, dass in dem Konzerthaus nun auch ein ständiger und professioneller Sanitätsdienst die ehrenamtlichen Theaterärzte abgelöst hat. Die Kulturbehörde arbeitet mit Hochdruck an Lösungen, um das Konzerthaus für seine Besucher sicherer zu machen. In Kürze werden die Vorschläge präsentiert. Alles deutet darauf hin, dass jede der mehreren Tausend Stufen jetzt eine sichtbare Markierung erhält.

Sobald die verschiedenen Nachbesserungsvorschläge auf dem Tisch liegen, werden sie mit dem Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg besprochen. „Es ist immer am besten, die Menschen, die betroffen sind, in die Erarbeitung von Lösungen mit einzubeziehen. In diesem Fall den Blinden- und Sehbehindertenverein. Bei den Treppenmarkierungen macht es Sinn, diese Menschen nicht nur zu befragen, sondern ihre Vorschläge auch zu berücksichtigen – denn sie sind die Experten“, sagt Klaus Becker, Geschäftsstellenleiter der Senatskoordinatorin für die Gleichstellung behinderter Menschen in Hamburg.

Auch in der Philharmonie in Paris, die 2015 eröffnet wurde und 2500 Besuchern Platz bietet, ragen die Ränge steil in die Höhe. Auch hier gab es anfangs zahlreiche Stürze. Mehr als in Hamburg, heißt es. Auch hier wurde deshalb jede einzelne Stufe markiert. Nach zwei Jahren haben sich die Besucher an das Haus gewöhnt. Und die architektonische Herausforderung bestanden.