Hamburg. Die Uni Hamburg ist im Aufwind: Präsident Lenzen zieht positive Bilanz seiner ersten Amtszeit – und tritt die zweite an.
Was denn nun? Ist der Zustand der Hochschulen so mittelmäßig, dass Hamburg eine Aktion „Feuer und Flamme für die Wissenschaft“ braucht, wie es die Handelskammer angeregt hat – oder dass man gar „In Sorge um Hamburg“ sein muss, wie es Ex-Bürgermeister Klaus von Dohnanyi und die früheren Senatoren Willfried Maier und Wolfgang Peiner vor zwei in einem Brandbrief darlegten? Oder ist alles doch nicht so dramatisch?
Wenn man Dieter Lenzen glaubt, dann stehen die Hochschulen in Wahrheit gar nicht so schlecht da. Der Präsident der Universität Hamburg hat zum Start seiner zweiten, bis 2022 dauernden Amtszeit eine Bilanz seiner ersten sechs Jahre vorgelegt – und die fällt nach den von Lenzen präsentierten Kennzahlen fast durchweg positiv aus.
Das Angebot von Master-Studiengängen ist seit 2010 von 64 auf jetzt 85 erweitert worden, statt 8590 gab es zuletzt 9117 Studienanfänger – und auch die Zahl der Studierenden insgesamt hat sich von 39.400 im Jahr auf jetzt 42.000 deutlich erhöht. Offenbar ist es auch gelungen, den Anteil der Studienabbrecher zu senken, denn zuletzt verließen 7329 Studenten die Uni mit einem Abschluss – 2010 waren es noch 5756. Zugleich wurde auch die Zahl der Professoren (leicht) und die der wissenschaftlichen Mitarbeiter (deutlich) gesteigert. Auch bei den Spitzenleistungen habe man deutlich zugelegt, so Lenzen. So gebe es mittlerweile zwei vom Bund prämierte und geförderte Alexander von Humboldt-Professuren und drei Leibniz-Preisträger, dazu deutlich mehr Spitzenförderung durch die EU. Auch die Zahl der Publikationen und der Promotionen sei gestiegen – ebenso wie die Häufigkeit, mit der Arbeiten der Uni weltweit zitiert würden. Gleichzeitig sei es gelungen, die Finanzierung durch private Drittmittel von 139 Millionen auf zuletzt 184 Millionen Euro deutlich zu steigern.
Uni Hamburg steigt von Platz 16 auf Platz 9
Besonders stolz ist Lenzen darauf, dass die Uni sich im „Meta-Ranking“, bei dem die Bewertungen unterschiedlicher Leistungsstudien zusammengefasst werden, von Platz 16 im Jahr 2010 auf zuletzt Platz 9 verbessert habe.„Das macht es unmöglich, von der Universität Hamburg als einer mittelmäßigen Universität zu sprechen“, so der 68-Jährige. „Denn jetzt gehören wir unter den über 100 deutschen Universitäten zur Spitzengruppe der zehn besten.“
Die guten Ergebnisse seien „Produkt eines konsequenten strategischen Managements“, bei dem die Universitätsleitung von einem klaren Leitbild der Nachhaltigkeit ausgegangen sei. Weitere Bausteine des Erfolgs seien zahlreiche Neugründungen wie etwa die des Kompetenzzentrums Nachhaltige, des Universitätskollegs oder des Zentrums für Weiterbildung. Hinzu komme die Steigerung des Frauenanteils bei den Berufungen von 30 auf 46 Prozent. Eine wichtige Rolle spiele auch der Auf- und Ausbau eines internationalen Netzwerks zur Kooperation mit anderen Hochschulen. Die Partnerschaft mit Theatern und Staatsoper soll die Verankerung der Universität in der Stadt ebenso verstärkt haben wie eigene TV-Formate bei Hamburg1 oder Tide, etwa dem launigen „Wahnsinn trifft Methode“, bei dem der Uni-Präsident schon mal im Bademantel auftritt und mit Experten über Achselschweiß oder Ekel beim Beischlaf diskutiert.
Lenzen bleibt, um weiter zu modernisieren
Angesichts der guten Entwicklung geht Lenzen guter Dinge in die neue Bewerbung für die Exzellenzinitiative, an der die Uni mit fünf Schwerpunkten teilnehmen will: Folgen des Klimawandels, Sichtbarmachung von Molekularbewegungen, Urknallforschung, Geschichte der Manuskriptkultur und dem Thema „Lernen und Entscheidungsprozesse in komplexen Systemen“, bei dem es um die Reaktion von Körperorganen auf Störungen, geht. Bis Oktober müssen die ersten Unterlagen beim Bund eingereicht werden.
Auf die Frage, warum er bei all den Widrigkeiten der Hochschulpolitik noch einmal für sechs Jahr die Uni führen wolle, sagte Lenzen, die Modernisierung dauere länger, als er gedacht habe – und länger als in Berlin, wo Lenzen im vergangenen Jahrzehnt die FU geleitet hatten. Das liege auch daran, dass in Hamburg der Konkurrenzdruck nicht so hoch sei wie in der Hauptstadt.
Philosophenturm soll saniert werden
Die Vorhaben für seine neue Amtszeit bis 2022 hat Lenzen in einer „Reformtapete“ für einzelne Bereiche wie Lehre, Forschung, Berufungen, Internationalität oder Kommunikation aufgelistet. Ein wesentliches Ziel sei die Teilnahme an der Exzellenzinitiative mit vier Forschungsschwerpunkten, die Fertigstellung eines Naturkundemuseums – und der Abschluss eines Hochschulvertrags mit dem Senat, der jährliche Mittelsteigerungen von drei bis fünf Prozent garantiere, so Lenzen. Zudem sollen der Philosophenturm saniert, der Geocampus eingeweiht, Big Data-Projekte angestoßen und das internationale Netzwerk ausgebaut werden. Nicht zuletzt steht ein großes Jubiläum an: 2019 jährt sich die Uni-Gründung zum 100. Mal. Dann müsse die Universität, die Lenzen aufgrund ihrer Bausubstanz schon als „Ruine“ bezeichnet hat, auch endlich „schnuckelig aussehen“, so der Präsident.
Auch Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) sieht die Uni „auf Erfolgskurs“. Die Wissenschaft in Hamburg nehme insgesamt Fahrt auf. „Ob es Erfolgsmeldungen unserer Institute beim HIV oder ZIKA-Virus sind, das Top-Zeugnis, das wir von den wichtigsten Gutachtern Deutschlands, dem Wissenschaftsrat, für unsere Naturwissenschaften und Technikfächer gekriegt haben oder die deutliche Verbesserung der Uni im Ranking der deutschen Hochschulen“, so Fegebank. „All das bringt uns unserem Ziel näher, dass Hamburg nicht nur für Hafen und Handel, sondern auch für seine Hochschulen und seine Top-Forschung steht.“