Hamburg. Nach einem Schreiben des Bezirksamts Eimsbüttel sind Anwohner schockiert. Sie kritisieren das Vorhaben massiv – genauso wie die Linke.

Steht die erst 2023 erneut mit Steuermitteln und Lohnverzicht der Mitarbeiter gerettete Karstadt-Filiale an der Osterstraße in Eimsbüttel nun doch vor dem Aus? Nachbarn des mittlerweile zu Galeria gehörenden Kaufhauses befürchten genau das. Sie wurden vom Bezirksamt darüber informiert, dass die Gebäudeeigentümer beantragen, hier einen siebenstöckigen Neubau zu errichten. Gegenüber, am Fanny-Mendelssohn-Platz, gibt es bereits seit Längerem Pläne für ein Hotel.

Die Anwohner sind schockiert und haben Angst, dass die Karstadt-Filiale – dem Vernehmen nach eines der wenigen noch profitablen Häuser der Kette – jetzt doch geschlossen und abgerissen wird. „Wenn Karstadt schließt, wäre das ein sehr schwerer Schlag für die Osterstraße“, sagt ein Nachbar aus der Henriettenstraße, der anonym bleiben möchte. Außerdem würde der Abriss des massiven, im Brutalismus errichteten Gebäudes „viel, viel Lärm“ erzeugen – und der Abriss könnte die Standfestigkeit der Nachbarhäuser bedrohen, so der Anwohner weiter.

Karstadt Eimsbüttel: Neubau wäre deutlich höher als Nachbarhäuser

Die Firmen Otto Wulff, whp und Imwest hätten die Immobilie wohl nicht ohne Grund gekauft, sagt er bitter. Fatal sei, dass der beantragte Neubau deutlich von den Vorgaben des Bebauungsplans abweichen soll. Mit sieben Geschossen werde er zwei Stockwerke höher sein als die Nachbarbebauung. „Da ein geschlossener Block geplant ist, würde das neue Gebäude fast die gesamte Bebauung hier im Umkreis überragen.“

Angesichts der „lausigen Wohnungsbauzahlen“ könne man die Stadt aber sicher „gut unter Druck setzen, sodass hier sehr schnell Befreiungen erteilt werden dürften“, vermutet der Nachbar. Doch dass hier sozialer Wohnungsbau oder familiengerechte Wohnungen entstehen sollen, wofür die Nachbarschaft noch Verständnis hätte, bezweifeln die Anwohner.

Neubau an der Osterstraße: Laut Antrag sind Büros und Gewerbe geplant

„Wir haben schon aus einem kleineren Bauvorhaben bei uns im Hinterhof erfahren müssen, dass heutzutage nur mit Mikro-Appartements, die man sehr teuer vermieten kann, oder mit sehr hochpreisigen Eigentumswohnungen geplant wird, die den jeweils Wohnungssuchenden nicht weiterhelfen“, moniert eine Nachbarin. „Die Folge sind immer mehr Airbnb-Vermietungen und eine weitere Gentrifizierung.“

Ob überhaupt Wohnungen geplant sind, ist aber ungewiss. Auf den Plänen, die dem Schreiben des Bezirksamts anhängen, ist lediglich von Büro und Gewerbe die Rede. „Das schließt einen Wohnungsbau zwar nicht aus“, so die Anwohner. „Für Eimsbüttel wäre es aber noch schlechter, wenn offensichtlich überflüssiger Büroraum bei eklatanter Wohnungsnot gebaut werden soll.“

Karstadt Eimsbüttel: Neubau geplant – Nachbarn empört kurze Einspruchsfrist

Was die Anwohner außerdem sauer macht: Die Einspruchsfrist gegen den Bauvorbescheidsantrag beträgt nur zwei Wochen und endet in wenigen Tagen. „Das Bezirksamt verlangt von uns vermutlich eine mit allen, auch rechtlichen Details belegte Einwendung. Das ist für Laien nicht zu schaffen“, so der Nachbar. Durch die Kürze der Zeit hätten die Anwohner auch keine Gelegenheit, gegen eine bereits verweigerte weitere Akteneinsicht sinnvoll vorzugehen – um nach Erfolg Einwendungen vortragen zu können, die sich möglicherweise aus der Akte ergäben.

Das Bezirksamt Eimsbüttel verweist darauf, dass es sich lediglich um ein Vorbescheidsverfahren handele. „Das Vorbescheidsverfahren klärt erst einmal mögliche Bebaubarkeit oder planungsrechtliche Fragen“, sagt Sprecher Kay Becker. Danach würde das Baugenehmigungsverfahren folgen. Ein Abrissantrag liege nicht vor, betont er. Vielmehr betreffe der Vorbescheidsantrag einen „Neubau ab dem 1. Obergeschoss des Gebäudes“. Der untere Teil des Kaufhauses soll also offenbar erhalten bleiben. Die Firma Otto Wulff äußerte sich auf Nachfrage bislang nicht.

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Alarmiert ist bereits die Linke im Stadtteil. „Bisher waren wir nicht in den Prozess eingebunden. Sollten diese Pläne zutreffen, wäre das eine Riesensauerei. Sollte das Gebäude, wie von den Anwohner:innen befürchtet, in Luxuswohnraum oder Mikroapartments umgewandelt werden, würde dies erneut die Fehlentwicklungen am Wohnungsmarkt aufzeigen“, so Mikey Kleinert, Fraktionschef der Linken in der Bezirksversammlung Eimsbüttel. „Wir wünschen uns eine kreative Lösung zur Nutzung des Bestands-Gebäudes, auch um den Verlust eines weiteren denkmalwürdigen Bauwerks im Stil des Brutalismus zu verhindern.“