Hamburg. 18 Jahre lang versorgten die Betreiber das Viertel mit Currywurst und Co. Was der FC St. Pauli mit dem unfreiwilligen Aus zu tun hat.
Auf den ersten Blick ist es einfach eine normale Imbissbude: Es gibt Currywurst und Pommes, Schaschlik-Spieße, Frikadellen und deftige Mittagstische. Aber wer Margret und Mathias Wolter von der „Haltestelle zur Wurst“ in Hamburg-Niendorf kennenlernt, der merkt schnell, dass es hier um mehr geht, als nur um schnelle Küche gegen den großen Hunger.
Und das liegt nicht zuletzt an dem illustren Freundeskreis der beiden, der sich durchaus regelmäßig hier hat blicken lassen: Otto Waalkes, Uwe Seeler, Olli Dittrich und viele mehr. Und auch sonst scheinen die beiden einfach Gott und die Welt zu kennen.
Niendorf: Hamburger Promi-Imbiss schließt – wegen Trainingszentrum des FC St. Pauli
„Wir haben hier bei Currywurst und Pommes schon Kontakte vermittelt, OP-Termine eingetütet und manch pragmatische Lösung für komplexe Probleme gefunden“, sagt Margret Wolter und lacht. „Wir sind nicht nur die ‚Haltestelle zur Wurst‘, sondern auch eine Vitamin-B-Tanke.“
Doch nun ist nach 18 Jahren Schluss, am Freitag (21. Juni) schließt der beliebte Imbiss seine Türen. Ein Entschluss, den die Wolters nicht aus freien Stücken gefällt haben. Bereits seit einiger Zeit wissen sie, dass sie den Imbiss aufgeben müssen. Der Grund ist das neue Trainingszentrum des FC St. Pauli, für das die Imbiss-Fläche benötigt wird. Die Stadt habe ihnen zwar alternative Standorte angeboten, aber einem kompletten Neustart fühlen sich der 80-Jährige und seine 71-jährige Frau nicht mehr gewachsen.
Kult-Imbiss in Niendorf: Bushaltestelle war Erfolgsfaktor für die Betreiber
Nun blicken sie mit spürbarer Wehmut auf ihre Haltestelle, die mehr und mehr zu ihrem Lebensmittelpunkt geworden ist. Den Namen und die erfolgreichsten Jahre hat der Imbiss übrigens tatsächlich einer Bushaltestelle zu verdanken. Denn ursprünglich lag direkt vor dem Imbiss eine Haltestelle, die ausschließlich viermal am Tag von dem 391er-Bus bedient wurde – ansonsten war der Platz frei. Ein Umstand, der den Wolters für viele Stunden am Tag mehrere Parkplätze für hungrige Kunden bescherte.
Ihre Kunden, das sind Leute aus der Nachbarschaft, Menschen, deren tägliche Wege immer an der Haltestelle entlangführen und natürlich solche, die einfach gerne schnacken wollen. Am liebsten über Fußball. Denn der Fußball – oder konkret der HSV– ist so etwas wie die DNA der „Haltestelle zur Wurst“.
Und das, obwohl Mathias Wolter betont, dass er gegen den FC St. Pauli, dessen Trainingsgelände direkt nebenan liegt, nichts hat. Er spricht noch heute gerne von seiner Zeit als Tennislehrer beim HSV und davon, wie er einst unter Kuno Klötzer bei den Fußballprofis mitspielen durfte.
Beliebter Imbiss in Niendorf: Betreiber lernten sich in Tennisschule kennen
In der Hamburger Tennisschule lernte sich das spätere Imbiss-Betreiberpaar dann 1975 kennen. Gut möglich, dass es Liebe auf den ersten Blick war. Aber während die beiden davon erzählen, lachen sie so viel, dass es vielleicht auch ganz anders war. Seitdem sind sie zusammen, sowohl als Paar als auch als Unternehmer.
Erst führten sie 15 Jahre die Betriebssportanlage der Vereinsbank in Niendorf, bis diese 2004 schloss. Einige Zeit später erfuhren sie davon, dass der Kiosk an der Kollaustraße, der bereits seit Jahren leer stand, neu verpachtet werden sollte.
Und dann griffen sie zu, sanierten und renovierten – und hofften, dass sie mit ihrer Annahme richtig liegen würden. Sie glaubten: Die Ecke ist perfekt für einen Imbiss. „Es gab und gibt hier ja kein vergleichbares Angebot“, sagt Margret Wolter. Auf die Stammkunden mussten sie nicht lange warten.
Niendorf: Viele Kunden kommen fast täglich in den Imbiss
Einer davon ist Thomas. Es ist ein Gast der ersten Stunde und fast täglich hier. Das ist auch heute so. Was er bestellt? Schaschlik, wie fast immer. Und wie immer hinterlässt er seinen Teller so leer und sauber, als wäre er gerade aus der Spülmaschine gekommen. „Wie soll das denn nur bald ohne gehen?“, fragt er.
Eine Frage, die Margret und Mathias Wolter auch lange umgetrieben hat. Doch nun richtet sich ihr Blick nach vorne. Sie freuen sich darauf, bald mehr Zeit für die vier Enkelkinder zu haben, den Schrebergarten mehr genießen zu können und endlich mal wieder häufiger an ihren Sehnsuchtsort Südspanien zu fahren.
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Imbiss in Niendorf: Die besten Jahre für die „Haltestelle zur Wurst“ waren vorbei
Außerdem sagen sie: „Die besten Jahre wären wohl ohnehin vorbei gewesen.“ Denn: „Erst kam Corona und dann ist unsere Bushaltestelle wegen der neuen Veloroute verlegt worden. Wir hatten keine Parkplätze mehr vor der Tür. Und auch sonst folgte Baustelle auf Baustelle.“
Das hat sich bemerkbar gemacht. „Zwar blieb die Stammkundschaft, aber viele andere kamen nicht mehr“, sagt Margret Wolter. Die Wolters reduzierten schließlich das Angebot und die Öffnungszeiten. Von allein aufgehört hätten sie dennoch nicht, sagen sie.
„Wir hatten uns gewünscht, dass wir das Ende selbst entscheiden können“, sagt Margret Wolter. Aber nun ist es so. Freitag werden sie zum letzten Mal öffnen. Eine Feier organisieren wollen sie nicht – das ist wohl auch nicht nötig. Denn die Partygäste kommen wahrscheinlich so oder so.