Hamburg. Lissi Westphal hat in Harvestehude am Straßenrand einen Stadtgarten angelegt. Was der Bezirk dazu sagt und mit wem es Ärger gibt.

Es fing mit einigen Rosen vom Discounter an, heute erstreckt sich an der Bogenstraße in Hamburg-Harvestehude von der Gustav-Falke-Straße, die bald umgebaut werden soll, bis zum Kleinen Kielort eine grüneOase. Lissi Westphal pflanzt und pflegt hier das Grün seit mehr als sieben Jahren – und schafft damit ein Stück Natur in der Großstadt.

Es war ihr einfach zu trostlos. Deshalb hat Westphal damals drei Rosen am Straßenrand eingepflanzt. Mittlerweile ist daraus ein richtiger kleiner Stadtgarten geworden – mit vier Bänken zum Verweilen plus einer Bierzeltgarnitur. „Abends trinke ich dort auch mal ein Likörchen“, sagt die 72-Jährige. Aber dazu kommt sie viel zu selten. Denn so ein Garten bedeutet vor allem eines: richtig viel Arbeit.

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„Gestern habe ich 13 Gießkannen Wasser verteilt“, sagt Lissi Westphal. Diese zieht sie in einem Bollerwagen den Gehweg entlang, um die Pflanzen zu wässern. Es sind vor allem insektenfreundliche Blumen, die sie gepflanzt hat – Mohn, Bellis, Tränenherzen, Bauernrosen, Kornblumen und Kamelien. „Die Hummeln schmeißen sich regelrecht in den Mohn“, sagt sie und lacht. In diesem Frühjahr allerdings seien es deutlich weniger Insekten als sonst.

Vor rund sieben Jahren hat Lissi Westphal aus Harvestehude damit begonnen, entlang der Bogenstraße Blumen zu pflanzen. Auch Tische und Bänke hat sie aufgestellt, die jeder nutzen kann.
Vor rund sieben Jahren hat Lissi Westphal aus Harvestehude damit begonnen, entlang der Bogenstraße Blumen zu pflanzen. Auch Tische und Bänke hat sie aufgestellt, die jeder nutzen kann. © FUNKE Foto Services | Thorsten Ahlf

Lissi Westphal wohnt an der Bogenstraße und hat weder einen Balkon noch einen Garten, aber durchaus einen grünen Daumen. Die Gartenarbeit – im Sommer muss sie drei- bis viermal in der Woche die Pflanzen wässern und Unkraut jäten – tut der studierten Soziologin gut. Es erinnert sie an ihre Kindheit in Ostholstein bei Scharbeutz an der Ostsee. Dort hat sie viel Zeit auf dem Bauernhof verbracht.

Grünes Paradies an Bogenstraße – nur mit einigen Hundehaltern gibt es Ärger

Nun ist die Bogenstraße kein Bauernhof – aber das Wühlen in der Erde und die wohltuende Müdigkeit nach der körperlichen Arbeit bringen die Gefühle von damals zurück. Davon profitieren dann auch andere. Denn: „Ich mache das für mich und für alle anderen“, betont Westphal.

Lissi Westphal hat an der Bogenstraße in Harvestehude eine kleine, grüne Oase geschaffen. Sogar Tische und Bänke hat sie aufgestellt, die vor allem Schüler und ältere Menschen gern nutzen.
Lissi Westphal hat an der Bogenstraße in Harvestehude eine kleine, grüne Oase geschaffen. Sogar Tische und Bänke hat sie aufgestellt, die vor allem Schüler und ältere Menschen gern nutzen. © FUNKE Foto Services | Thorsten Ahlf

Schüler sitzen gern auf den Bänken, ältere Menschen ruhen sich dort aus, Und überraschenderweise entsteht sehr wenig Müll. „Die Menschen gehen sehr respektvoll damit um, das rührt mich sehr“, sagt Westphal. Ärger gibt es manchmal mit Hundehaltern, die ihre Tiere ausgerechnet in dem gepflegten Beet pinkeln lassen. Sitzt man dann auf der Bank, kann es unangenehm nach Urin riechen.

Lissi Westphal ist ohnehin eine Frau, die Beschäftigung braucht und trotz ihres Alters außerdem noch einen Nebenjob in einer Hausverwaltung hat. Und sie ist eine Frau, die einfach macht. Neben den mehr als 300 registrierten Grünpaten in Eimsbüttel gibt es eben auch Menschen wie Lissi Westphal, die loslegen und einfach ein paar Blumen am Straßenrand anpflanzen.

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Überraschung: Der Bezirk Eimsbüttel duldet dieses forsche Vorgehen. „Es gibt Hunderte unbekannte Engagements durch Bürger und Bürgerinnen, die pflanzen einfach etwas auf Flächen an Straßenbäumen, und wir dulden das“, sagt Kay Becker vom Bezirksamt Eimsbüttel.

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Für ihr Engagement bekommt Lissi Westphal kein Geld vom Bezirksamt. Die Bezirksversammlung aber hat eine Zuwendung für die Beschaffung von Pflanzen für ihre sechs Straßenbeete an der Bogenstraße in Höhe von 700 Euro beschlossen.