Hamburg. An der Eimsbütteler Chaussee steht seit Jahren eine Ruine. Dabei gab es durchaus Ideen für die Fläche. Doch daraus wurde nichts.
„Sisha, Cocktails, Café&Bar“ ist an der Fassade noch zu lesen. Doch dass hier ein Drink über den Tresen gegangen ist, ist Jahre her. Wie lange genau das Gebäude an der Eimsbütteler Chaussee Ecke Nagels Allee in Hamburg-Eimsbüttel bereits leer steht, ist unklar.
Klar ist hingegen: Das Gebäude ist nur noch eine Ruine, mit Graffiti vollgesprüht und zum Schutz mit einem Bauzaun gesichert. Zum Teil schlafen Obdachlose in dem verfallenen Gebäude. Anwohner sprechen von einem Schandfleck in bester Lage. Tatsächlich liegt das Gebäude, oder das, was davon übrig geblieben ist, nur wenige Meter vom quirligen Schulterblatt entfernt.
Eimsbüttel: Eingentümer wollten Wohnungen bauen – durften aber nicht
Viele fragen sich, wie an derart prominenter Stelle eine Immobilie so lange leer stehen und verrotten kann. Insbesondere, weil der Wohnraum auch in dieser Gegend begehrt und knapp ist. „Das wäre doch ein idealer Standort für ein Mehrfamilienhaus“, sagt eine Anwohnerin.
Wie das Abendblatt erfuhr, hat es diese Pläne tatsächlich gegeben. Das Bezirksamt Eimsbüttel bestätigt: „2013 hat es eine Bauvoranfrage für die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses gegeben. Diese wurde von uns allerdings abgelehnt“, so Sprecher Kay Becker.
Der Grund: Hier greife der sogenannte Durchführungsplan, der das Gebiet als Geschäftsgebiet ausweist. „Für die Errichtung eines Wohngebäudes fehlen somit die gesetzlichen Grundlagen“, so Becker.
Leerstand in Eimsbüttel: Laut Bezirksamt gibt es heute wohl mehr „Spielraum“
Aber er betont: „Es gibt auch hier die Möglichkeit, einen Befreiungsantrag zu stellen, was der Eigentümer auch getan hat. In diesem Fall gibt es jedoch ein Mitspracherecht der Anwohner, und die haben sich zum Teil dagegen ausgesprochen“, so Becker. Eine Abrissgenehmigung, die wenig später erteilt worden sei, habe der Eigentümer verstreichen lassen.
Inzwischen würde die Lage bei einem erneuten Antrag womöglich anders aussehen, glaubt Becker. „Die Gesetzgebung lässt inzwischen mehr Spielraum. Da würde ein Antrag möglicherweise positiv beschieden werden.“
Eimsbüttel: Eigentümer des Grundstücks hatten bereits Architekten beauftragt
Die Sicherung des Grundstückes mit einem Bauzaun habe das Bezirksamt Eimsbüttel gegenüber dem Eigentümer angeordnet. Das Problem mit den Obdachlosen, die hier schlafen, sei bekannt. Man kontrolliere hier regelmäßig.
Auch der Verwalter L. der Eigentümergemeinschaft, der nicht namentlich genannt werden möchte, bezieht nun Stellung. Er berichtet: „2011 veröffentlichten die Bezirke nach Senatsbeschluss das ‚Wohnungsbauprogramm 2011/2012‘ mit Wohnungsbaupotenzialflächen. Darin war unter anderem das besagte Grundstück aufgeführt.“
Bauruine Eimsbüttel: Nachbarn stellten sich gegen die Neubaupläne
Daraufhin hätten die Grundeigentümer einen Architekten beauftragt, der nach Abstimmung mit den Behörden einen Vorbescheid für einen Bauantrag einreichte. L. bestätigt: „Die wegen der abweichenden Nutzung, also Wohnen statt Gewerbe, erforderliche Zustimmung aus der Nachbarschaft gab es dann aber nicht.“
Die Eigentümer seien wegen der Planungskosten „etwas verstimmt“ gewesen, da man einem „öffentlichen Aufruf“ gefolgt sei.
Eimsbütteler Chaussee: Auch weitere Pläne wurden abgelehnt
Schließlich habe es weitere Pläne gegeben. Im Laufe der folgenden Jahre hätten unabhängig voneinander sowohl eine benachbarte Schule als auch die Architekten der Eigentümer Gespräche mit der Baubehörde geführt.
Dabei sei es darum gegangen, die Fläche für ergänzenden Schulungsbauten zu nutzen. Wieder folgten Ablehnungsbescheide wegen der nicht zulässigen Nutzung. „Weitere Anträge wurden dann nicht mehr eingereicht“, so L.
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Und jetzt? L. berichtet, dass sich die Eigentümergemeinschaft in einem „Umstrukturierungsprozess“ befinde, dessen Ausgang man noch nicht abschätzen könne.
Eimsbüttel: Laut SPD sollte hier der „Bau-Turbo“ greifen
Der Leerstand an der Eimsbütteler Chaussee ist auch politisch immer mal wieder zum Thema geworden. Gabor Gottlieb von der SPD Eimsbüttel kennt den Fall und findet: „Das Gebäude ist für mich ein Paradefall für den geplanten ,Bau-Turbo‘ der Bundesregierung.“
Mit der neuen Ausnahmevorschrift könnten für Wohnungen unkomplizierte Genehmigungen geschaffen werden und so komplizierte bauliche Prozesse abgekürzt werden. „Das wäre hier für das Grundstück eine Möglichkeit und ein echter Glücksfall, um den baulichen Missstand zu beseitigen“, so Gottlieb.